Mehr Extremwetterlagen in Europa durch Treibhausgase?

6. Juni 2020

In den letzten Jahren wurde in der Wissenschaft, aber auch in den Medien, die Theorie ausgiebiger diskutiert, dass es durch den CO2 bedingten Klimawandel zu einer Veränderung der atmosphärischen Zirkulationsmuster über Europa käme, die zu einer höheren Persistenz bestimmter Zirkulationsanomalien führen könnte, die zu extremen Witterungsereignissen, wie länger andauernde Hitze und Dürre, aber auch zu Überschwemmungen und Kältewellen, Anlass geben könnte.

Eine der Theorien besagt, dass sich durch die CO2 bedingte Erwärmung die polaren Regionen stärker erwärmen, als die unteren und mittleren Breiten, weswegen sich der Temperaturgradient zwischen Nord und Süd abschwächen und somit auch die Stärke des Westwindbandes in den mittleren Breiten abschwächen würde.

Im Ergebnis würde dies dazu führen, dass Luftdruckgebilde in den mittleren Breiten längere Zeit an einem Ort verharren und dort extreme Witterungserscheinungen auslösen würden.

Diese Theorie, wie auch die verwandte Theorie, dass es zu bestimmten Resonanzmustern von Wellen in der atmosphärischen Zirkulation kommen kann, wodurch Druckgebilde (Hoch oder Tiefdruckgebiete) längere Zeit auf bestimmten geographischen Positionen verharren und dort zu extremen Witterungsverhältnissen führen können, könnte zumindest teilweise erklären, wieso es in Europa in den vergangenen Jahren (2017 – 2019) im Sommerhalbjahr zu extremer Hitze und Dürre, zumindest nördlich der Alpen kam (s. dazu auch die Diskussion hier).

Allerdings konnten wir hier seit 1970 im Sommer keine Abschwächung der Westdrift über Europa feststellen, mithin auch keine langfristige Tendenz zu gehäuften Blockierungswetterlagen, und deswegen auch keine Hinweise für die Richtigkeit obiger Theorien.

Als Ursache für die ausbleibende Abschwächung der Westdrift haben wir die Beobachtung identifiziert, dass sich Südeuropa, besonders der nördliche Mittelmeerraum, in den vergangenen Jahrzehnten stärker erwärmt hat, als Nordeuropa und dass es deswegen langfristig eher eine Tendenz zu einer verstärkten Westdrift über Europa gibt, trotz der extremen Blockierungswetterlagen in den Sommermonaten der Jahre 2018 und 2019.

In den vergangen Monaten hat es einige Veröffentlichungen in der Klima- Fachliteratur gegeben, die sich diesen Fragen widmen. Sie gehen der Frage nach, ob man in den Klima- und Wetterbeobachtungsdaten bzw. in Klimamodellrechnungen Hinweise dafür finden kann, ob sich die atmosphärische Zirkulation in den vergangenen Jahrzehnten abgeschwächt hat, bzw. ob die Amplitude der Wellen in der atmosphärischen Westströmung zugenommen hat aund welche Ursachen man dafür identifizieren könne.

In der ersten hier betrachteten Arbeit analysieren Wang et al 2020, ob durch extreme Wellenaufsteilungen (und durch abgeschwächte Zonalströmung) ausgelöste Witterungsextreme in Eurasien im Winter in den letzten Jahrzehnten zugenommen haben.

Dies ist nach Wang et al 2020 aber nicht der Fall. Im Gegenteil finden sie heraus, dass die Westdrift über Nordeuropa in den vergangenen Jahrzehnten deutlich stärker geworden ist.

In Klimamodellexperimenten fanden sie heraus, dass die zurückgegangenen Schwefelaerosol Konzentrationen über Mittel- und Osteuropa (verursacht durch die Luftreinhaltepolitik der vergangenen Jahrzehnte) zu einem zusätzlichen solaren Strahlungsfluss und mithin zu einer Erwärmung über Mittel- und Osteuropa und nördlich davon zu einer zonalisierten und verstärkten Westdrift geführt hat, durch die eine Bildung von extremen Wellenformationen, die zu extremen Witterungserscheinungen geführt hätte, vermindert wurde.

In wieweit der verringerte Abkühlungseffekt durch gesunkene Aerosolkonzentrationen im Winter ausreichend groß genug war, um zu der beobachteten Erwärmung über Europa zu führen, sei dahin gestellt, da dieser Effekt vor allem in den Sommermonaten ( z. B. Dong et al, 2017 ) signifikant ist, oder ob natürliche Schwankungen, wie die NAO oder die AO, nicht ausschlaggebender waren für die beobachteten Änderungen. Wang et al 2020 wollen diese Effekte aber berücksichtigt haben.

In der zweiten Arbeit, die wir hier betrachten wollen, analysieren Dai und Song 2020 die Frage, inwieweit sich die sogenannte Arctic Amplification, also die stärkere Erwärmung der polaren Regionen im Vergleich zu den mittleren Breiten, auf die Witterung der mittleren Breiten auswirkt. Eine Reihe von früheren Veröffentlichungen hatte Hinweise darauf gegeben, dass die Erwärmung der Arktis, insbesondere durch das Abschmelzen des Nordpolaren Meereises, zu verstärkten Hochdruckgebieten in der Arktis und nachfolgend zu häufigeren und stärkeren Kaltluftausbrüchen in die mitteren Breiten führen könnte, ein Phänomen, dass in Nordamerika als “polarer Vortex” bezeichnet wird.

Dai und Song 2020 finden nun in Klimamodellstudien heraus, dass der Einfluss der Arctic Amplification auf Zirkulationsanomalien in den mittleren Breiten statistisch nicht signifikant ist und dass Klimaanomalien dort im Wesentlichen auf die allgemeine Hintergrunderwärmung durch Treibhausgase zurückzuführen sind.

Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangen Blackwood und Screen 2020, die sich ebenfalls der Frage widmen, ob die Steilheit der Wellen in der Westströmung in den vergangenen Jahrzehnten wegen der Arctic Amplification zugenommen hat, was zu einer Zunahme von Witterungsextremen in den mittleren Breiten geführt haben könnte.

Die Autoren finden heraus, dass die Steilheit der Wellen im Winterhalbjahr zwischen 1990 und etwa 2010 zugenommen hat, dieser Trend aber verschwindet, wenn man den Analysezeitraum auf 1979 – 2018 ausweitet.

Auch im Sommerhalbjahr hat die Wellenamplitude (Steilheit der Wellen) nicht zu- sondern eher leicht abgenommen (s. Abb. S4 hier ).

Dadurch wird es schwierig, die Blockierungsereignisse über Europa in den Jahren 2018 und 2019, die hier zu extremer Hitze und Dürre geführt haben, durch einen allgemeinen Trend in Richtung häufigerer Blockierungsereignisse zu erklären, der durch die Arctic Amplification verursacht wurde.

In der nächsten Arbeit, die wir hier vorstellen wollen, wird in Klimamodelluntersuchungen der Frage nachgegangen, inwiefern sich die atmosphärischen Zirkulationsmuster über Europa im Sommer und im Winter durch den steigenden Treibhausgasgehalt in der Atmosphäre in den nächsten Jahrzehnten ändern sollen.

Dies ist ebenfalls wichtig zur Klärung der Frage, ob die Häufigkeit und Andauer von Blockierungswetterlagen in einem durch Treibhausgase erwärmten Klima zu- oder abnehmen sollen. Blockierungswetterlagen über Europa sind eine der Hauptursachen für länger andauernde Hitze- und Dürreperioden im Sommer und für Kältewellen im Winter.

Huguenin et al 2020 klassifizieren hierzu die hauptsächlichen über Europa auftretenden Zirkulationsmuster (Grosswetterlagen) und analysieren mit ihren Modellrechnungen, ob durch ansteigende Treibhausgaskonzentrationen Änderungen in der Häufigkeit und Intensität dieser Wetterlagen eintreten sollen.

Im Ergebnis finden sie heraus, dass es zu keinen signifikanten Änderungen kommen soll, dass die modellierten Änderungen von Modell zu Modell stark variieren, aber kleiner sind, als die natürliche Variabilität der Zirkulationsmuster über Europa. Treibhausgase haben also keinen signifikanten Einfluss auf die Häufigkeitsverteilung von Großwetterlagen über Europa, abgesehen davon, dass ein Erwärmungstrend über alle Wetterlagentypen hinweg präsent ist.

Dieses Ergebnis ist wichtig für die Frage, ob die extremen Sommer 2018 und 2019 durch steigende Treibhausgaskonzentrationen verursacht wurden.

Wir hatten hier argumentiert, dass die massgebliche Ursache der Extremsommer extreme Zirkulationsanomalien waren, deren Ursache möglicherweise teilweise in Resonanzwellenmustern zu suchen, aber nicht unbedingt zu finden ist.

Modellrechnungen, die auf keine treibhausbedingten Änderungen der atmosphärischen Zirkulationsmuster über Europa hindeuten, erhärten demzufolge eher die Schlussfolgerung, dass es sich bei den Extremsommern 2018 und 2019 um Extreme in der atmosphärischen Zirkulation im Rahmen der natürlichen Schwankungsbreite des Klimas handelt.

Es wäre richtig und wichtig, dass diese Erkenntnisse in die öffentliche und vor allem in die veröffentlichte Debatte über den Klimawandel Eingang finden.

Denn die Extremsommer 2018 und 2019 waren für die Klimapanik in den letzten beiden Jahren verantwortlich, die unter anderem zum Begriff der “Klimakrise”, zur Einführung eines “Klimanotstandes” in einer Reihe von deutschen Städten und zur Verabschiedung verschärfter klimapolitischer Massnahmen führten, um diese Krisen abzuwehren.

Wie sich jetzt immer deutlicher zeigt, hat der Treibhausgasanstieg in der Atmosphäre mit der Hauptursache für diese Klimaextreme, nämlich extreme Zirkulationsanomalien, nichts zu tun, weswegen auch die klimapolitischen Massnahmen nichts am Auftreten dieser Extreme ändern werden, abgesehen davon, dass der generelle Erwärmungstrend verringert wird (der durch Massnahmen in Deutschland oder Europa alleine jedoch nicht messbar beeinflusst werden kann).

Allerdings sollte man nicht erwarten, dass die hier präsentierten Forschungsergebnisse in die öffentliche oder in die veröffentlichte Diskussion Eingang finden werden, denn sie würden das allgemeine in den Medien, der Politik und der Öffentlichkeit akzeptierte Narrativ stören, dass der Mensch und die Treibhausgas – Emissionen für die in den letzten Jahren beobachteten Extremwetterlagen verantwortlich sind.

Denn weder die Politik noch die Medien haben ein Interesse daran, die Grundlage für die klimapolitischen Entscheidungen zu hinterfragen, weil es schlussendlich um etwas anderes geht, nämlich um die Umwandlung unserer Gesellschaft von einer industriellen Konsumgesellschaft zu einer klimafreundlichen Armutsgesellschaft (z. B. Niko Paech ).

Vielleicht nach dem Vorbild Nordkoreas?

Der wirtschaftliche Zusammenbruch durch die staatlicherseits eingeleiteten Massnahmen zur Bekämpfung der Coronakrise führen uns gegenwärtig vor Augen, wie der Weg zu einer solchen Gesellschaft aussehen könnte.

Vielleicht sollte die Politik mal dem Aufruf der FFF Bewegung folgen: Hört auf die Wissenschaft! Ja, hört doch mal auf die Wissenschaft, die wir hier gerade dargelegt haben. In der Klimawissenschaft gibt es nämlich, wie in jeder Wissenschaft, ein breites Meinungsspektrum.

Denn es gibt nicht “die Wissenschaft” auf die sich Greta und ihre Mitstreiter beziehen, sondern ein breites Spektrum wissenschaftlicher Erkenntnisse, dass sich zudem durch andauernde Forschungsaktivitäten laufend ändert.