Deutschland schafft sich ab: Das Energiekonzept der Bundesregierung vom September 2010



4. Oktober 2010


Beim Studium des Energiekonzeptes der Bundesregierung fühlt man sich irgendwie an den Titel des kontroversen Buches von (ex) Bundesbanker Thilo Sarrazin erinnert, dessen Thesen zufolge sich Deutschland unter anderem wegen seiner Einwanderungs- und Integrationspolitik abschafft. Ob dies zutrifft, sei dahin gestellt, das ist nicht das Thema von Climatetruth.

Wenn aber dieses „Energiekonzept“ wie verkündet umgesetzt würde, dann würde sich Deutschland als moderner, im internationalen Wettbewerb erfolgreicher Industriestaat, der seinen Bürgern, Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung garantiert, abschaffen.

Vordringliches Ziel dieses Energiekonzeptes ist die „Dekarbonisierung“ der Energieversorgung, um das klimaideologische Radikalziel einer 80%igen CO2 Minderung gegenüber 1990 bis 2050 zu erreichen.

Diesem Ziel werden alle anderen energiepolitischen Ziele untergeordnet; sie sind de facto irrelevant. Diese Ziele lauteten in der Vergangenheit: Sicherheit – Umweltverträglichkeit – Bezahlbarkeit. Sicherheit und Bezahlbarkeit sind dem alleinigen Ziel einer „Klimaverträglichkeit“ geopfert worden, die Energiepolitik ist eindimensional geworden.

Das die Bundesregierung ihr Konzept noch als bezahlbar bezeichnet, entbehrt nicht einer gewissen Komik, vielleicht hat die Bundesregierung ihren Sinn für Humor doch nicht gänzlich verloren.

Im Kern laufen die Forderungen darauf hinaus, die bestehende Infrastruktur Deutschlands, die auf der fossilen Energienutzung beruht, in den nächsten 40 Jahren abzuschaffen, und sie durch eine emissionsfreie Energieinfrastruktur zu ersetzen. Begründet wird dies mit den „erforderlichen“ Emissionsminderungen, um eine Klimakatastrophe abzuwenden.

Climatetruth argumentiert, dass diese Emissionsminderungen nicht erforderlich sind, um eine Klimakatastrophe abzuwenden, sondern dass dramatische Klimaänderungen auch dann nicht eintreten werden, wenn der weltweite Emissions- und Klimatrend in den nächsten Jahrzehnten weiter so läuft, wie in den vergangenen Jahrzehnten. Es wird sich wahrscheinlich weiter erwärmen, aber mit erheblich geringeren Anstiegsraten als Klimamodelle errechnen (0,15 Grad/Jahrzehnt statt 0,3 Grad).

Aber nehmen wir in einem Gedankenexperiment einmal an, der Klimawandel liefe so ab, wie von Klimamodellen projiziert, mit etwa 0,3 Grad/Jahrzehnt. Deutschland wäre dann in 2050, wenn es sich hier etwa so wie im globalen Mittel erwärmen würde, im Jahrzehnt um 2050 1,2 Grad wärmer als in diesem Jahrzehnt.

Das vergangene Jahrzehnt war in Deutschland bereits etwa um diesen Betrag wärmer als die vorangegangenen Jahrzehnte, wobei die Ursache dieser Wärme hier nur in geringerem Maße die Treibhausgase waren, sondern andere Faktoren, die überwiegend - aber nicht ausschließlich - mit Änderungen der Windzirkulation über Europa zusammen hängen.

Aber wo ist die Katastrophe geblieben? Wo sind die „Klimaschäden“? Hat irgendjemand gemerkt, dass die letzten 10 Jahre in Deutschland katastrophaler waren als die vorangegangen Jahrzehnte? Wohl kaum, wenn überhaupt, dann besser.

Das sollte man vorab wissen, wenn man versuchen will, die Zielrichtung und Kosten dieses Energiekonzeptes zu bewerten und einzuordnen.

Denn fraglich ist neben der grundsätzlichen „Notwendigkeit“ der radikalen Dekarbonisierung der deutschen Energieinfrastruktur vor allen Dingen die Kosteneffizienz.

Vielen Studien zufolge (z. B. hier) liegen die Kosten der Klimaschäden bei etwa 10 – 20 USD pro t emittierten CO2; bis zu einer globalen Erwärmung von 2 - 3 Grad wird sogar häufig von Kostenneutralität ausgegangen, d. h. positive Effekte des Klimawandels überwiegen die negativen oder gleichen sie aus. Erst bei höheren Erwärmungen, mit denen man erst gegen Ende dieses oder im Laufe des nächsten Jahrhunderts rechnet, würden Klimaschäden zunehmen.

Betrachtet wir nun die Kosten des Energiekonzeptes, das im Grunde ein Klimakonzept bis 2050 ist. Die Bundesregierung schweigt sich überwiegend schamvoll über die Kosten aus, aber aus verschiedenen Quellen lässt sich in etwa abschätzen, wie teuer es denn werden soll.

Die Hauptpunkte des Konzeptes sind die Altbausanierung, mit der ca. ein Drittel der landesweiten CO2 Emissionen eingespart werden sollen, und die fast vollständige Umstellung der Stromversorgung auf erneuerbare Energien. Die Stromerzeugung allein ist heute für über 40 % der CO2 Emissionen verantwortlich und bietet sich deswegen als Zielobjekt für Dekarbonisierungsmaßnahmen förmlich an.

Die Altbausanierung ist bekanntermaßen extrem teuer, obwohl die Abschätzungen je nach Annahmensetzung sehr stark variieren (s. „Klimaextremismus“), auf die Tonne vermiedener CO2 Emissionen umgerechnet schätzt man das auf etwa 100 – 300 EUR, für den gesamten deutschen Altbaubestand bis zu 2,5 Billionen EUR.

Die Elektrizitätswirtschaft rechnet europaweit mit etwa 3 Billionen EUR für die Umstellung auf erneuerbare Energien, allein in Deutschland dürfte dieser Betrag deutlich über einer Billion liegen.
Bei den individuellen Maßnahmen schätzt man die Kosten der Emissionsvermeidung bei Photovoltaik auf etwa 300 – 500 EUR pro t CO2, bei Windkraft auf ca. 30 – 60 EUR pro t CO2.

Was bedeutet das auf die Klimaproblematik bezogen? Mit dem Energiekonzept versucht man Klimaschäden von ca. 10 – 20 USD pro t CO2 mit Emissionsminderungsmaßnahmen zu verhindern, die ein Vielfaches der Schäden kosten. Ökonomisch ein absoluter Wahnsinn!

Die Vorgabe, die CO2 Emissionen um 80% bis 2050 zu mindern ist eine politische Vorgabe, die zwar wissenschaftlich verbrämt wird als angebliche Notwendigkeit, um das politisch vereinbarte 2 Grad Ziel zu erreichen, aber es handelt sich letztlich nicht um harte, wissenschaftlich unumstrittene Zahlen, sondern um politische Zahlen, deren wissenschaftliche und ökonomische Werthaltigkeit fragwürdig ist.


Exkurs



Beide Ziele wurden auf der Grundlage sehr komplexer und nicht notwendigerweise zutreffender Klimamodell- und vor allen Dingen noch wesentlich unsicherer Kohlenstoffkreislaufmodellrechnungen abgeleitet und stellen keinesfalls wissenschaftlich harte Zahlen und Fakten dar, obwohl in der öffentlichen Diskussion vielfach so getan wird, sondern es sind Modellüberlegungen, in die eine Reihe von Annahmen einfließen, die zutreffen können aber keinesfalls müssen. Hier begegnet uns wieder das altbekannte Phänomen in der Klimadiskussion, dass nicht mehr zwischen Tatsachen, Zahlen, Fakten auf der einen Seite und Hypothesen, Theorien und Vermutungen auf der anderen Seite unterschieden wird.

Exkurs Ende



Es geht also im Energiekonzept darum, eine klimapolitische Vorgabe umzusetzen ungeachtet der hierbei entstehenden Kosten – auch wenn die Kosten den Nutzen um ein Vielfaches übersteigen. So etwas bezeichnet man im normalen Leben als irrational. Die Fundamentalkritik am Energiekonzept ist zugleich eine Fundamentalkritik an der Klimapolitik der Bundesregierung.

Aber es kommt noch schlimmer. Denn Deutschland alleine könnte am weltweiten Klimatrend gar nichts Messbares ausrichten, auch wenn es seine Emissionen auf Null reduzieren würde.
Eine 80%ige Emissionsminderung gegenüber 1990 würde eine Minderung um etwa 800 Mio. t CO2 bedeuten, größenordnungsmäßig die Menge, um die China seine Emissionen gegenwärtig pro Jahr steigert.

So geht z. B. der Hinweis in der „Spiegel“ Titelgeschichte 38/2010, die Alternative zum Energiekonzept seien abschmelzende Polkappen, völlig an der Sache vorbei. Der Klimaeffekt des Energiekonzeptes würde wirkungslos verpuffen. Mehrere Billionen EUR würden wirkungslos in den Sand gesetzt nur um eine politische Vorgabe zu erfüllen. Ein Alleingang Deutschlands ergibt überhaupt keinen Sinn.

Denn das ist der nächste Punkt. Drastische CO2 Minderungsmaßnahmen machen – wenn überhaupt - nur Sinn, wenn sie weltweit unter Beteiligung zumindest der größten Emittenten, wie den USA, Chinas, Russlands etc. im Rahmen einer internationalen Vereinbarung durchgeführt werden. Eine derartige rechtsverbindliche Vereinbarung wird angestrebt (in Kopenhagen 2009 ist sie gescheitert), aber es gibt sie nicht, viele meinen noch nicht, andere meinen, es wird sie auch in 10 Jahren nicht geben.

Eine einseitige Verpflichtung, die CO2 Emissionen bis 2050 um 80% zu senken, quasi in vorauseilendem Gehorsam, in Abwesenheit einer rechtlich bindenden Verpflichtung, wie sie die Bundesregierung in ihrer Klimapolitik übernimmt und im Energiekonzept umzusetzen versucht, verdeutlicht den rein politischen Charakter des Konzeptes.

Es geht in erster Linie darum, innenpolitisch vor dem klimakatastrophengläubigen Publikum zu punkten, und die Öffentlichkeit zu beeindrucken.

Aber wieso droht Deutschland sich abzuschaffen, wenn dieses Konzept wie geplant umgesetzt wird?

Mehrere Gründe:

- Die Abschaffung der bestehenden Infrastruktur ist gleichbedeutend mit einer gigantischen Kapitalvernichtung, die für die Bürger und die Wirtschaft auf eine zwangsweise Enteignung oder zumindest Teilenteignung hinausliefe. Die Kosten erreichen die gigantische Dimension des Wiederaufbaus Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg. Sie klein zu reden ist extrem unaufrichtig

- Der Ersatz dieser Infrastruktur mit einer neuen, „klimafreundlichen“ ist mit weiteren, sehr hohen Kosten verbunden, die wiederum dem Bürger aufgebürdet würden

- Die mit dieser neuen Infrastruktur erzeugte Energie ist nach heutigem und absehbarem Stand der Technik erheblich teuerer als die jetzt genutzte fossile

- Nach heutigem und absehbaren Stand der Technik ist mit diesen Energieformen keine am Bedarf orientierte nahezu 100%ige Versorgungssicherheit - wie wir sie heute kennen - darstellbar

- Ohne rechtsgültige internationale Vereinbarung zur weltweiten Emissionsminderung oder -begrenzung ist ein Alleingang Deutschlands oder sogar Europas für das Klima irrelevant

- Eine einseitige Energieverteuerung würde die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie schmälern und hier Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze kosten

- Durch enteignungsgleiche Maßnahmen (wie zwangsweise Altbausanierung) und eine drastische Energieverteuerung wird den Bürgern Kapital und Kaufkraft entzogen, das an anderer Stelle fehlt und deswegen dort nicht mehr zu Wachstum führt. Durch diese Maßnahmen wird dem Bürger die Verfügungsgewalt über sein Vermögen und sein Einkommen entzogen

- Die Umsetzung des Konzeptes mit heutiger und absehbarer Technologie würde deswegen zu einer erheblichen Schwächung des Wirtschaftsstandortes, zu einer Verminderung von Wohlstand, Wachstum und auch sozialer Sicherheit führen, da die Finanzierung der sozialen Sicherheit von einer funktionierenden wettbewerbsfähigen Wirtschaft abhängt.


Aber darum geht es in der Klimapolitik auch gar nicht. Sie orientiert sich an der politischen Stimmung im Lande hier und heute: Ambitionierte klimapolitische Ziele setzen, Druck machen, Programme verabschieden, deren Kosten irrelevant sind, weil sie irgendwann in den nächsten Jahrzehnten auflaufen und nicht vor der nächsten Bundestagswahl, den Beifall der veröffentlichen Meinung und der politischen Stimmungsmacher einholen, Punkte gutmachen.
Denn wer weiß, was in 20 oder 40 Jahren ist, interessiert eh niemanden, der am Beifall der veröffentlichten Meinung heute interessiert ist.

Die Klimapolitik und das Energiekonzept der Bundesregierung werden den Niedergang Deutschlands als modernes und wettbewerbsfähiges Industrieland beschleunigen.


Nicht der Klimawandel bedroht Deutschland, sondern die Klimapolitik.