2018: Klima der Extreme in Deutschland

25. November 2018

Wir haben in diesem Jahr bereits mehrfach die extreme Witterung in Deutschland diskutiert. Besonders die Witterung der Monate April, Mai und Juni, in denen eine Kombination von extrem hohen Temperaturabweichungen gepaart mit extrem niedrigen Niderschlägen beobachtet wurde.

Nunmehr wollen wir das gesamte Sommerhalbjahr April – September (und auch noch die Witterung der vergangenen Wochen im Oktober und November mit berücksichtigen.

Dieser Beitrag ist eher sehr technischer Natur und wird viele Leser langweilen. Man mag es mir verzeihen, dass ich es trotzdem mache.

Ich kann nicht immer nur ketzerische, politisch unkorrekte Beiträge gegen die “Energiewende” schreiben, sondern muss mich auch manchmal meinem eigentlichen Fachgebiet, der Meteorologie und Klimatologie, widmen und politisch unkorrekte Beiträge gegen die Klimakatastrophenhysterie schreiben.

Dieser Beitrag ist wohl auch eher nichts für die 66% der Deutschen, die Umfragen zufolge glauben, dass die globale Erwärmung für zunehmende Wetterextreme verantwortlich ist. Oder vielleicht auch gerade für sie.

Folgendes kann man gleich an den Anfang stellen: Eine derartige Episode (April – Mitte November) von extrem hohen Temperatur- und Niederschlagsabweichungen hat es in Deutschland und in Mitteleuropa seit Beginn von Temperatur- (seit 1761 in der hier zugrunde gelegten Temperaturreihe von Prof. Franz Baur, aktualisiert vom Meteorologischen Institut der Freien Universität Berlin) und Niederschlagsmessungen (seit 1851) noch nie gegeben.

Die Temperaturabweichungen der Vegetationsperiode April – September lagen um 3,7°C über den langjährigen Mittelwerten und um mehr als 1° C über dem bislang wärmsten Zeitraum, der 2003 beobachtet wurde.

Das Jahr ist zwar noch nicht zu Ende, aber es ist aus heutiger Perspektive durchaus möglich, dass sogar das Gesamtjahr 2018 das wärmste seit Beginn der Messungen 1761 wird, da sowohl der Oktober deutlich zu warm war und der November deutlich zu warm werden wird, troz der gegenwärtigen eher kühlen Witterung.

Hinsichtlich der Niederschläge wurde 2018 in der Vegetationsperiode zwar kein neuer Negativrekord aufgestellt, jedoch liegt 2018 irgendwo in den Top 5; deutschlandweit waren die Jahre 1911 und 1959 noch extremer, 1947 und 1976 waren in etwa vergleichbar mit 2018.
Regional könnte 2018 aber das trockenste Jahr seit Beginn der Messungen werden, wahrscheinlich am ehesten im Osten Deutschlands.

In der Zusammenschau mit den weitaus höheren Temperaturabweichungen im Jahre 2018, als in den anderen extremen Dürrejahren, die zusammen mit der extrem hohen Sonnenscheindauer 2018 zu einer wesentlich höheren Verdunstung geführt haben dürften, als in den vorangegangenen Dürrejahren, werden wohl Dürremaße, die die Bodenfeuchte mit berücksichtigen, neue Rekordmarken aufgestellt haben.

So wurden z. B. in Berlin sowohl im Frühjahr als auch im Sommer die höchsten Sonnenscheindauern seit den 1950er Jahren gemessen.

Bereits hier und hier haben die Frage erörtert, welche Ursachen die extreme Witterung des Jahres 2018 haben könnte.

In unserer Analyse der Witterung in den Monaten April und Mai hatten wir als Ursache die über längere Zeit aufgetretenen sogenannten Blockierungswetterlagen über Europa ausgemacht. Wir hatten das natürlich auch mit der Frage verbunden, ob diese Zirkulationsanomalien eine Folge des Treibhausgasanstieges in der Atmosphäre, d. h. eine Folge der globalen Erwärmung ist.

Wir hatten dabei festgestellt, dass es gegenwärtig in der klimatologischen Fachliteratur keine eindeutigen und überzeugenden Hinweise darauf gibt, dass Blockierungswetterlagen über Europa im Sommerhalbjahr zugenommen haben oder Klimamodellrechnungen zufolge zunehmen sollen.

Ferner fällt es auch deswegen schwer einen Zusammenhang zur globalen Erwärmung zu sehen, da die globalen Mitteltemperaturen in den Monaten April – Oktober 2018 nur recht geringfügig über dem Mittel der vergangenen 30 Jahre lagen, nämlich nur etwa 0,2°C.

Deswegen ist es wahrscheinlicher, dass diese mehr als ein halbes Jahr andauernden Zirkulationsanomalien anderweitige Ursachen haben.

Ähnliche Zirkulationsanomalien (im Bodenluftdruckfeld) wie in 2018 sind nicht gänzlich ohne Präzedenzfall in Europa. Bereits für die Dürrejahre 1911, 1947, 1976 und den Sommer 2003 hat man im atlantisch – europäischen Raum vergleichbare Zirkulationsanomalien identifizieren können.

Um den Ursachen der diesjährigen Extremwitterung auf die Spur zu kommen, ist es nicht ausreichend, lediglich die Zirkulationsanomalien im atlantisch – europäischen Sektor zu betrachten, wie wir es auf diesen Seiten hier in der Vergangenheit häufiger getan haben.

Wir hatten in der Vergangenheit extreme Hitzewellen in Deutschland, wie z. B. Anfang Juli 2015, durch das Zusammenspiel eines kräftigen Tiefs auf dem Ostatlantik mit einem Hoch über Südosteuropa erklärt, wodurch Heissluft aus der nordwestlichen Sahara auf dem kürzesten Landweg über die Iberische Halbinsel und Frankreich nach Deutschland geführt wurde.

In den letzten Jahrzehnten hat es im Sommerhalbjahr eine Häufung derartiger Wetterlagen mit warmer Südwestströmung gegeben, was wir als Hauptursache für die Erwärmung der Sommerhalbjahre in Deutschland postuliert hatten.

Wir hatten diese Wetterlagen auch als TR20W Wetterlagen bezeichnet, oder Tiefdruckgebiet auf der Position 20W, 50N.
In der traditionellen Klassifizierung der Grosswetterlagentypen nach Hess und Brezowsky wären das in etwa Sa, Sz, SWa, SWz, TrW Wetterlagen.

Dieser Erwärmungs- und Grosswetterlagentypus hat jedoch allenfalls im April 2018 vorgelegen (kräftiger 500 hPa Trog über dem Ostatlantik, kräftiger 500 hPa Hochkeil über Südost- und Osteuropa).

In den Folgemonaten reichte eine Hochdruckbrücke entlang des 50. Breitenkreises von der amerikanischen Westküste zur Ostküste über den Atlantik hinweg nach Mittel- und bis weit nach Osteuropa, also völlig andere Zirkulationsanomalien.

Es ist deswegen nicht ausreichend, lediglich die Zirkulationsanomalien über dem Ostatlantik und Europa zu betrachten.

Deswegen müssen die Zirkulationsanomalien in der gesamten nördlichen Hemisphäre im Jahr 2018 mit in eine Ursachenanalyse mit einbezogen werden.

Wie die vom amerikanischen Wetterdienst veröffentlichten monatlichen Klimaübersichten zeigen, traten im gesamten Sommerhalbjahr 2018 spezifische Zirkulationsanomlien nicht nur im atlantisch – europäischen Sektor auf, sondern in der gesamten Nordhemisphäre.

Die Grundlage der folgenden Betrachtungen stellen die vom amerikanischen Wetterdienst monatlich im Climate Diagnostics Bulletin veröffentlichten Karten der Strömung in 500 hPa (etwa 5,5 km Höhe) und deren Abweichungen vom Normalwert dar.

In diesen Karten erscheinen anomale Tiefs als negative und anomale Hochs als positive Abweichung.

Die Analyse der Monate April – Oktober zeigt folgendes:


1. In nahezu allen Monaten trat entlang des 50. Breitenkreises ein Ring erhöhten Luftdrucks auf

2. In nahezu allen Monaten trat zwischen dem 60. und dem 80. Breitenkreis ein Gebiet mit negativen Luftdruckabweichungen auf

3. Der Strahlstrom (die Zugbahn der Tiefdruckgebiete) war entlang des 50. Breitenkreises stark abgeschwächt und nach Norden verschoben; über Europa weit nach Norden auf nördlich von 60 Nord

4. Der Strahlstrom zwischen dem 60. und dem 70. Breitenkreis war verstärkt

5. Innerhalb des Gürtels mit erhöhtem Luftdruck entlang des 50. Breitenkreises trat eine verstärkte Wellenstruktur auf mit fünf Wellenbergen (Hochs) etwa auf 130 West (Nordwesten der USA, Westkanada und östlicher Golf von Alaska), 60 – 70 West (Labrador), 0 – 30 Ost (Europa), 110 – 130 Ost (Ostsibirien) und, in abgeschwächter Form 160 – 170 Ost (Westpazifik).Im Mai und im Juli waren Komponenten einer 6er Welle schwach erkennbar

6. Wellentäler (Tiefs) entlang des 50. Breitenkreises traten bei 150 – 170 West auf (zentraler und östlicher Pazifik), 40 – 50 West (Westatlantik) und besonders bei 70 Ost (Westsibirien).

7. Zwischen 60 und 80 Nord trat meist eine verstärkte Wellenstruktur auf mit drei Wellentälern und drei Wellenbergen (sog. 3er Welle). Hierbei war die ausgeprägteste Struktur ein semipermanentes Wellental (Tief) über Grönland und der Kanadischen Arktis (40 – 60 West), dem östlich davon ein semi-permanenter kräftiger Hochkeil auf 10 – 30 Ost (Europa) gegenüber stand, ein Wellental auf etwa 70 Ost, ein kräftiges blockierendes Hoch auf etwa 100 – 120 Ost und ein weiteres Wellental auf etwa 170 Ost.

8. Über Europa (0 – 30 Ost) addierten sich die Wellenberge der 5er Welle entlang des 50. Breitenkreises mit dem Wellenberg der 3er Welle in 60 Nord 10 – 30 Ost und führten hier während des gesamten Sommerhalbjahres zu einem semi- permanenten Hochdruckgebiet und zu einem völligen Zusammenbruch der normalen Westwindströmung über Europa entlang des 50. Breitenkreises.

9. Weiter südlich, etwa entlang des 35 – 40 Breitenkreises, war der normalerweise kräftige subtropische Hochdruckgürtel vom Wellenzug einer 6er bis 7er Welle durchbrochen. Das heißt, die westliche Strömung war aufgespalten (sog. Split Flow ) in einen Zweig nördlich von 60 N und einen Zweig etwa entlang des 40. Breitenkreises. Dazwischen war die Westwindströmung abgeschwächt und es herrschte hoher Luftdruck vor.

Die Wellentäler dieses Wellenzuges machten sich z. B. im Mittelmeerraum durch ungewöhnlich häufige und heftige Niederschläge bemerkbar. Das extrem trockene Sommerhalbjahr in Mittel - und Nordeuropa war ein extrem nasses Jahr im Mittelmeerraum.

Allgemein herrschten in diesem Bereich negative Temperaturabweichungen vor, was man z. B. u. a. den troposphärischen Temperaturabweichungen für die einzelnen Monate hier entnehmen kann.

Grundsätzlich gehen die positiven Luftdruck bzw. Geopotentialabweichnungen in 500 hPa mit positiven Temperaturabweichungen in der gesamten Troposphäre vom Boden bis in ca. 8 – 9 km Höhe einher, was man ebenfalls aus den Karten der troposphärischen Temperaturabweichungen für die einzelnen Monate des Jahres 2018 ersehen kann.

So zeigt sich beispw. hier im Juli 2018 der Ring positiver Temperaturabweichungen entlang des 50. Breitenkreises mit Maxima der Temperaturabweichungen, die der Position der maximalen Geopotentialabweichungen in 500 hPa hier entsprechen, über dem Nordwesten der USA, über Labrador, über Europa und über Ostsibirien.

Die 3er Welle in 60N war besonders im Mai und Juni ausgeprägt. In den Monaten Juli – September war die gesamte Polarregion vom kanadischen bis zum europäischen Sektor der Arktis durch negative Anomalien geprägt. Zwischen dem Ring positiver Anomalien entlang des 50. Breitenkreises und den negativen Anomalien nördlich von 60 Nord war die Westdrift zwischen Kanada und Nordrussland verstärkt.

Im Oktober bildete sich über der Arktis wieder eine 3er Welle aus mit Trögen über der kanadischen Arktis, entlang 70 Ost und, abgeschwächt über dem zentralen Pazifik, wobei sehr starkes Blocking über Alaska und Ostsibirien auftrat, das lediglich über der Beringstrasse durch den abgeschwächten Langwellentrog der 3er Welle unterbrochen wurde.

Der Ring positiver Abweichungen und einer 5er Welle entlang des 50. Breitenkreises zwischen der amerikanischen Nordwestküste und Osteuropa blieb weitestgehend intakt, war aber über der amerikanischen Ostküste nach Süden verschoben, weil sich der Trog der 3er Welle über Ostkanada bis zum 50. Breitenkreis ausweitete. Zwischen dem Ring hohen Luftdrucks entlang des 50. Breitenkreises und der negativen Abweichungen zwischen der kanadischen und der europäischen Arktis war die Strömung verstärkt, aber sehr stark abgeschwächt in den Regionen des Blockings über Ostsibirien und Alaska.

Diese Signatur eines Ringes erhöhten Luftdrucks und erhöhter Temperatur entlang des 50. Breitenkreises war auch in den Meeresoberflächentemperaturen des Atlantiks wieder zu finden, wobei nicht klar ist, was wen angetrieben hat: Der hohe Luftdruck durch geringere Bewölkung und erhöhte Sonneneinstrahlung die höheren Wassertemperaturen oder die höheren Wassertemperaturen die wärmere Troposphäre und damit den erhöhten Luftdruck in 500 hPa.

Die Hauptursache der Dürre und Hitze im Sommerhalbjahr 2018 war demnach ein Ring erhöhten Luftdrucks und Geopotentials in 500 mb, der mit geringen Unterbrechungen die gesamte Nordhemisphäre entlang des 50. Breitenkreises umspannte und in den eine über viele Monate hinweg quasi ortsfeste 5er Welle eingebettet war, deren Wellenberge auf einer Position von etwa 130 W, 60 – 70W und 10 – 30 Ost fixiert zu sein schienen.

Die Wellenberge über Ostsibirien und dem Westpazifik waren weniger deutlich und in ihrer Position etwas variabler, wobei über Ostsibirien aber teilweise sehr starke Blockierungen auftraten, die auch als das Zusammenwirken der 5er Welle entlang des 50. Breitenkreises mit einem Hochkeil der 3er Welle in etwa 60 Nord, 110 – 130 Ost interpretiert werden können.

In höheren Breiten 60 – 80 N schloss sich ein Gebiet mit verringertem Luftdruck an, das in einigen Monaten eine ausgeprägte 3er Welle bildete, deren Haupttrog praktisch das gesamte Sommerhalbjahr über Grönland und der kanadischen Arktis zwischen 40 – 70 West verharrte.

In diesen Zeitabschnitten lag der Hochkeil der 3er Welle auf etwa 0 – 30 Ost und verstärkte den dort ohnehin bereits ortsfest liegenden Hochkeil der 5er Welle, was besonders im Mai, Juni , Juli und Oktober der Fall war.

Im August und September dehnte sich der grönländisch- kanadische Polarwirbel in das europäische Nordmeer aus, was zwischen der weiterhin über Europa verstärkten 5er Welle zu einer Gradientverschärfung und einer wiedererstarkten Westdrift zwischen dem 55. und dem 65. Breitenkreis führte, aber nichts wesentliches an den starken positiven Abweichungen und den Positionen der 5er Welle entlang des 50. Breitenkreises über Mittel- und Osteuropa änderte.

Auch die Hochkeilposition über Labrador blieb im wesentlichen ortsfest; der Hochkeil über Ostsibirien entwickelte sich dann im September zu einem kräftigen Blockierungshoch über der Behringstrasse.

Interessant ist, dass die 5er Wellenkonfiguration auch während der Hitzewellen Juni 2003 und dem extrem heißen Juli 2006 die entscheidenden Zirkulationsmuster in der Nordhemisphäre dargestellt haben, wobei besonders im Juli 2006 die Hochkeile über 120 W, 50 W, 15 Ost und die Tröge über 70 Ost, genau wie in 2018 deutlich, hervortraten. Allerdings dauerte diese Extremwetterlage 2006 nur einen Monat an.

Im Unterschied zu 2003 und 2006 traten 2018 jedoch erheblich stärkere negative Geopotential- und Luftdruckabweichungen in der inneren Polarregion 65 – 90 Nord auf. Diese negative Abweichungen über Grönland und der kanadischen Arktis stellten den Gegenpol zu den positiven Abweichungen entlang des 50. Breitenkreises dar.

Die jetzt natürlich interessanteste Frage ist, wie hängt das, vor allem die über einen längeren Zeitraum örtlich fixierte 5er Welle, mit der globalen Erwärmung, bzw. mit dem Klimagasanstieg in der Atmosphäre zusammen?

Die kurze Antwort lautet: Wir wissen es nicht.


Es hat sicherlich nicht an Versuchen gemangelt, mit Hilfe von Klimamodellrechnungen in Erfahrung zu bringen, wie sich ein steigender CO2 Gehalt auf atmosphärische Zirkulationsparameter auswirkt.

Ein Theorie lautet, die wir hier schon mehrfach zitiert haben, dass sich die Westwindströmung im Sommer abschwächt, weil sich die hohen Breiten stärker erwärmen als die mittleren Breiten, die sog. Arctic Amplification, was sich von der atmosphärischen Dynamik her zunächst logisch anhört.

So wurde in einer Reihe von Untersuchungen sog. Rossby Wellen (auch als quasi- resonante stehende Wellen bezeichnet) in den mittleren Breiten als Ursache der Hitzewellen 2003 in Europa, 2010 in Russland und 2011 über Texas im Südwesten der USA identifiziert.
Allerdings sollen diese Resonanz – Moden, also stehende (quasi ortsfeste) Wellen im Bereich von 6er bis 8er Wellen und etwa zwischen 35 und 45 °N auftreten und weniger als 5er Wellen entlang des 50. Breitenkreises. 2018 könnte man eine 6er Welle allenfalls rudimentär im Mai und Juli identifizieren.

Die Autoren dier zitierten Arbeiten lassen zudem offen, ob sich das Auftreten quasi – resonanter 6er – 8er Wellen durch die Zunahme von Treibhausgasen erhöhen soll oder nicht.

Klimamodellrechnungen mit den CMIP5 Modellen des IPCC haben für eine sehr starke Zunahme der Treibhausgaskonzentration im RCP8.5 Szenario keine Zunahme von atmospärischem Blocking errechnet Ganz generell scheint Modellrechnungen zufolge nicht klar zu sein, wie die Zirkulation der mittleren Breiten auf die sog. Arctic Amplification reagiert.

Der betrachtete Zeitraum dieser Studien ist generell 1980 bis etwa 2013. Es wäre sicherlich interessant zu prüfen, ob quasi – resonante 6er – 8er Wellen auch in den mitteleuropäischen Hitze und Dürresommern 1976, 1975, 1973, 1971, 1959, 1947, 1911 oder 1904 aufgetreten sind.

So wie auch die Frage interessant wäre, welche Art von atmosphärischer Wellendynamik während der extremen Dürreperioden in den USA in den 1930er und den 1950er Jahren aufgetreten ist. Allerdings liegen Radiosondenbeobachtungen der freien Troposphäre, die für Analysen, wie die hier zitierten, erforderlich wären, erst seit etwa Ende der 1940er Jahre vor.

Abzuklären wäre ferner, welche Rolle die Anomaliefelder in den hohen Breiten (ca. 60 – 70 N) und ihre Wechselwirkung mit den mittleren Breiten gespielt haben.
Denn das ausgeprägte Anomalie – Paar negative Abweichungen Grönland – kanadische Arktis (40 – 70 W) und positive Abweichungen über Skandinavien (10 – 30 Ost), welches das ganze Sommerhalbjahr präsent war, hat sicherlich eine nicht unerhebliche Rolle bei der Aufrechterhaltung der positiven Anomaliefelder über Europa gespielt.


Auf Grundlage einer Auswertung der monatlichen klimatologischen Karten der FU Berlin haben wir hier allerdings für den Zeitraum 1970 – 2017, bzw. 2018 keine Zunahme von Blocking - Ereignissen oder eine Abschwächung der Westdrift über Europa feststellen können, obwohl 2018 ein extremer Ausreißer war, wenn man die Stärke der Westdrift zwischen 45N und 60 N betrachtet.

Aus der Fachliteratur liegen ebenfalls klare Hinweise vor, dass es zu keiner Zunahme von Blocking Ereignissen über Europa im Sommer gekommen ist.
Allerdings war 2018 die Stärke der Westdrift zwischen 65 und 75 N deutlich stärker als normal, weil zwischen 50 und 60 Nord stark positive Abweichungen im 500 hPa Geopotentialfeld auftraten, aber nördlich von 65 N negative Abweichungen, weswegen der Gradient dazwischen erhöht (und die Westdrift verstärkt) war.

Ein weiteres wichtiges Element, das im Sommerhalbjahr 2018 zur Dürre und Hitze beigetragen hat, war die generelle Nordwärtsverschiebung (um 5 – 10 Breitenkreise) des sog. Strahlstroms (engl. Jetstream), der Zugbahn der niederschlagsbringenden Tiefdruckgebiete über Europa, wie bereits weiter oben dargelegt.

Die extreme Nordwärtsverschiebung resultierte im Wesentlichen aus dem Auftreten eines Wellenberges der 5er Welle zusammen mit einem Wellenberg der 3er Welle über Europa.

Es gibt zahlreiche Klimamodellrechnungen, die der Frage gewidmet sind, inwieweit sich der Strahlstrom durch den steigenden Klimagasgehalt verändern soll. Eine dieser Untersuchungen, die mit den sog. CMIP5 Klimamodellen des IPCC durchgeführt wurde, kam zum Ergebnis, das sich der Strahlstrom über dem Atlantik im Sommer um ca. 1 – 1,5° Breite nach Norden verlagern soll (Abb. 12 in der zitierten Quelle). Dies soll allerdings erst Ende des Jahrhunderts im sog. RCP8.5 Szenario eintreten, demzufolge die Treibhauskonzentration mehr als doppelt so hoch sein soll, wie heute, ein wenig realistisches Szenario, was mit Sicherheit keine Verschiebung von 5 – 10° Breite heute erklären kann.

Aus heutiger Sicht kann man bestenfalls über die letztendlichen Ursachen des Hitze- und Dürrejahres 2018 spekulieren.

Wir haben hier versucht, verschiedene Erklärungsmöglichkeiten zu präsentieren.

Sicherlich ist die unmittelbare atmosphären-dynamische Ursache ein dauerhaftes Auftreten eines quasi ortsfesten atmosphärischen Wellenzuges einer 5er Welle entlang des 50. Breitenkreises, die einen Wellenberg über Europa (0 bis 30 Ost) aufwies, im Zusammenwirken mit dem Hochkeil (Wellenberg) einer 3er Welle am 60. bis 65. Breitenkreis zwischen 10 und 30 Ost
, was zu einem Split - Flow und zu einer extremen Nordverlagerung der Niederschlag spendenden Tiefdruckgebiete geführt hat.

Der Hochkeil der 3er Welle bildete zudem mit dem Tief dieser Welle über Grönland und der kanadischen Arktis das ganze Sommerhalbjahr 2018 ein unzertrennbares Paar.

Durchaus möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich ist, das die 5er Welle Folge eines atmosphärischen Resonanzmodus darstellt, wie u. a. hier beschrieben. Unklar ist allerdings, wieso es sich diesmal um eine 5er und nicht um eine 6er bis 8er Welle handelt, mit der man eigentlich aufgrund der theoretischen Erwägungen rechnen müsste.

Schlussendlich ungeklärt bleibt aber weiterhin die Frage, inwiefern die extremen Zirkulationsanomalien über Europa, aber auch anderswo entlang des 50. Breitenkreises, wie z. B. über dem Nordwesten der USA und dem Westen Kanadas, aber auch über Ostsibirien (quasi staionäre 5er Welle), durch den Klimagasanstieg in der Atmosphäre erklärt werden können.

Die gegenwärtige Erkenntnislage, wie hier zitiert, ist eher uneindeutig; die Erkenntnisse sind zu widersprüchlich.

Bereits die Tatsache, dass die globalen Mitteltemperaturen 2018 eher unauffällig waren, lässt Skepsis an der These aufkommen, dass eine generelle treibhausbedingte Erwärmung die Ursache der extremen Zirkulationsanomalien 2018 war.


Man kann aber mit Sicherheit davon ausgehen, dass es in Kürze einen Schwall von Veröffentlichungen in der klimawissenschaftlichen Fachliteratur, plus eine Anzahl von Diplom- und Doktorarbeiten geben wird, die sich mit sämtlichen denkbaren Aspekten des Mitteleuropäischen Extremjahrs 2018 befassen werden.

Wir werden zu gegebener Zeit auf dieses Thema zurück kommen.