Europäische Klimapolitik vor dem Aus?



22. April 2013


Die Nachricht, dass das Europa-Parlament (EP) nicht der Empfehlung des EP Umweltausschusses gefolgt ist, die Ausgabe von Emissionsrechten des Europäischen Emissionshandelssystems EU-ETS um 900 Millionen Emissionsrechte zu verknappen, um den Preis der CO2 Zertifikate zu stützen (das sog. „Backloading“), kam bei den Medien – der veröffentlichten Meinung, die in Deutschland überwiegend grün – alternativ eingestellt ist - nicht besonders gut an (z. B. hier hier und hier ).

Besonders die CO2 Märkte reagierten heftig, der CO2 Preis fiel auf ein Rekordtief von unter 3 EUR, nachdem die Nachricht bekannt wurde. Schon zuvor lag der Preis mit unter 5 EUR tiefer als je zuvor seit Einführung des ETS im Januar 2005. Beobachter sehen die EU Klimapolitik in einer schweren Krise, einige, wie z. B. Felix Matthes vom Öko-Institut sehen bereits das Ende der EU Klimapolitik heraufziehen.

Nicht so schnell. Denn man sollte sich doch einmal die aktuelle Fassung der EU-ETS Richtlinie aufmerksam durchlesen, z. B. die Erwägungsgründe 4, 5 und 13.

Auch einige climatetruth-Beiträge vertreten die Auffassung, dass ein Verzicht auf das Backloading keineswegs das Aus der europäischen Klimapolitik bedeutet.

Denn – um das noch einmal zu wiederholen: Die CO2 Emissionen im EU-ETS werden nicht durch hohe oder niedrige Preise für Emissionsrechte reduziert, sondern durch die rechtlich bindend festgelegten Emissionsobergrenzen (das sog. Cap), die durch stringente Monitoringsysteme genau überwacht werden.
Der Handel mit CO2 – Zertifikaten dient lediglich dazu, die Kosten der Emissionsminderung bzw. –begrenzung zu minimieren.
Wenn die Preise für CO2-Zertifikate jetzt gesunken sind, bedeutet dies lediglich, dass es heute billiger ist, die im Jahre 2008 festgelegten Emissionsminderungen zu erzielen, als man damals glaubte.

Aber es bedeutet eben nicht, dass die CO2 – Emissionen nicht wie in der Richtlinie festgelegt sinken.
Die vereinbarten und gesetzlich festgelegten Klimaschutzziele werden voll und ganz erfüllt.


Deswegen stimmt es einfach nicht zu behaupten, durch die Ablehnung des Backloading und durch die niedrigen CO2 Preise sei der Klimaschutz gefährdet, wie es die eingangs zitierten Berichte tun.

Was gefährdet ist, sind die Einnahmen, die sich der Staat aus dem Verkauf der Emissionsrechte versprochen hat, allein darum geht es, nicht darum, dass der Klimaschutz gefährdet ist.

Denn ab 2013 werden die Emissionsrechte nicht mehr (teilweise) kostenfrei zugeteilt, wie in den ersten beiden Handelsperioden des EU-ETS, sondern in voller Höhe vom Staat auktioniert, wobei der Staat auf ein möglichst hohes Auktionsaufkommen hofft.

In Deutschland werden ca. 80% der CO2 Zertifikate an die Unternehmen der öffentlichen Stromerzeugung zugeteilt, ca. 350 Mio Emissionsrechte. Bei einem Zertifikatepreis von 10 EUR würde das 3,5 Mrd. EUR entsprechen, bei 3 EUR lediglich 1,05 Mrd. , also knapp 2,5 Mrd EUR weniger. Das tut natürlich weh, deswegen auch der laute Aufschrei der grün – alternativen Medien.

Aber, liebe Leser, es ist ihr Portemonnaie, was entlastet wird, denn hätten die Unternehmen der öffentlichen Stromversorgung den höheren Preis für Emissionsrechte zahlen müssen, hätten sie dies natürlich umgehend auf den Strompreis aufgeschlagen und nicht aus ihrer Kasse bezahlt, genauso wenig, wie Esso oder Shell eine Mineralölsteuererhöhung selbst bezahlt, sondern auf den Benzinpreis aufschlägt.

Die Voll - Auktionierung der Emissionsrechte kommt in ihrer Wirkung einer Steuer auf Strom gleich, die nicht die Stromerzeuger, sondern die Stromverbraucher bezahlen.

Insofern verfehlt das EU-ETS seine beabsichtigte Wirkung, CO2 Emissionen an der Quelle zu senken, denn die Kosten der Emissionsminderung tragen schlussendlich nicht die Emittenten, sondern die Stromverbraucher.
Der Stromerzeuger hat kein originäres Interesse daran, die CO2 Emissionen zu senken, solange er die Kosten der Emissionen (der CO2 Zertifikate) auf den Verbraucher überwälzen kann.

Dies ist ein grundsätzlicher Design-Fehler des EU-ETS, den man bei der Ausformulierung des Handelssystems nicht erkannt hat und der erst später offenbar wurde.

Anders ausgedrückt: Es ist irrelevant für das Funktionieren des EU-ETS, ob der CO2 Preis niedrig oder hoch ist. Denn, egal ob der Zertifikatepreis hoch oder niedrig ist, er wird auf den Strompreis aufgeschlagen und der Stromverbraucher zahlt. Einen Anreiz für den Stromerzeuger, auf emissionsärmere Formen der Stromerzeugung umzusteigen, gibt es nicht, solange er den Zertifikatepreis auf den Strompreis aufschlagen kann.
Auch so betrachtet verfehlt das EU-ETS seine vorgeblich beabsichtigte Wirkung, Anreize für Investitionen in emissionsärmere Technologien zu geben.

Die grün – alternativen Medien, aber auch die angelsächsische Finanzpresse (s. obige Bloomberg Meldung) lagen mit ihrer Einschätzung wieder mal voll daneben und haben offensichtlich immer noch nicht durchschaut, wie das EU-ETS funktioniert – oder nicht funktioniert.

Besonders das Lamentieren der Finanzpresse macht stutzig, denn - ein Schelm, der Böses dabei denkt -, der Verdacht wird genährt, dass da massiv die Interessen derjenigen Finanzmarktakteure (man kann sie auch Spekulanten nennen) vertreten werden, die von hohen CO2 Preisen profitieren.

Denn diejenigen, die von niedrigeren CO2 Preisen profitieren, wie die Industrie und das verarbeitende Gewerbe generell, haben sich nicht beschwert.

Und vor allem sollten Sie, werte Leser, sich als Verbraucher darüber freuen, dass über höhere Preise für Emissionsrechte nicht weiter an der Strompreisschraube gedreht wird.

Das EP Abstimmungsergebnis bedeutet aber auch, dass grüne Ideologen derzeit einen schweren Stand haben, ihre politische Linie durchzusetzen, dass Kosten beim Klimaschutz keine Rolle spielen, und dass man dem Bürger im Namen des Klimaschutzes beliebig hohe Kosten aufbürden kann.

Deswegen ist dies ein Sieg und Erfolg für uns Bürger!

Danke, EU Parlament.