Kraftwerksstrategie der Ampel8. Februar 2024Die Ampelregierung hat sich auf eine Kraftwerksstrategie geeinigt Ziel dieser Strategie ist der klimafreundliche – und schlussendlich klimaneutrale – Umbau der Stromversorgung. Historischer HintergrundWir erinnern uns: Der klimafreundliche bzw klimaneutrale Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft ist nicht nur ein Projekt der Grünen, sondern spätestens seit der Vorstellung des Energiekonzeptes 2050 durch die damalige CDU/FDP Regierung im September 2010 ein parteiübergreifendes Projekt. Teil dieses Energiekonzeptes war die Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken, um die preisgünstige Stromversorgung als flankierende Maßnahme bei gleichzeitiger De – Karbonisierung zu sichern. Dieses Konzept fiel etwa ein halbes Jahr später im März 2011 nach dem Tsunami, der das Kernkraftwerk im japanischen Fukushima zerstörte, in sich zusammen. Statt einer Laufzeitverlängerung für die deutschen KKWs verfügte Bundeskanzlerin Merkel aus politischem Kalkül einen vorgezogenen Totalausstieg aus der Kernenergie bis Ende 2022. Damit entfiel einerseits die Kernenergie als kostengünstige Flankierung der De – Karbonisierungsstrategie bis 2050 und andrerseits tat sich absehbar eine Stromversorgungslücke durch die Abschaltung der KKWs auf. Diese Lücke sollte durch den verstärkten und beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien geschlossen werden. Das Problem der Erneuerbaren besteht jedoch darin, dass sie nur sporadisch verfügbar sind (bestehende Windkraftanlagen weisen etwa 20% und Photovoltaikanlagen etwa 10% Vollaststunden im Jahr auf ; nachts natürlich gar nichts und im Winter sehr wenig) und dass traditionelle Kraftwerke dann einspringen müssen, wenn die Erneuerbaren nichts oder zu wenig liefern. Diese traditionellen Kraftwerke sind nach Lage der Dinge Braunkohle-, Steinkohle- und Gaskraftwerke. Ein Einsatz dieser Kraftwerke, um die Stromversorgung sicherzustellen, wenn KKWs abgeschaltet werden und die Erneuerbaren nicht ausreichend liefern, erhöht konsequenterweise die CO2 Emissionen, die die Klimapolitik ja reduzieren will. Die Klimapolitik hatte und hat also ein Problem. Deutsche Kraftwerksemissionen im Kontext des europäischen EmissionshandelsDieses Problem ist jedoch gesamt – europäisch betrachtet geringer, als es bei oberflächlicher Betrachtung den Anschein hat. Denn die fossile Stromerzeugung unterliegt auch in Deutschland dem europäischen Emissionshandelssystem EU – ETS, das die EU – weiten CO2 Emissionen deckelt. Für jede emittierte t CO2 müssen die deutschen Kraftwerksbetreiber Emissionsrechte erwerben; für jede t, die in Deutschland mehr emittiert wird, wird anderswo in Europa eine t CO2 weniger emittiert, weswegen die Gesamtemissionen in Europa gleich bleiben und die Emissionsvorgaben eingehalten werden. Die Emissionen in diesem System werden entlang eines festgelegten Pfades von Jahr zu Jahr mehr reduziert, um das schlussendliche europäische Emissionsziel in 2050 zu erreichen. Dies scheint vielen, vor allem den Grünen, und auch den links – grünen Medien, nicht klar zu sein, die sich auf besonders stringente nationale Maßnahmen in Deutschland konzentrieren, obwohl es ein europaweites System gibt, um die politisch festgelegten Ziele zu erreichen. Darüber hinaus gehende, spezifisch deutsche Maßnahmen sind in diesem Bereich überhaupt nicht erforderlich, sondern sind überwiegend durch politischen Aktionismus motiviert. Die Energiewirtschaft ist in Deutschland (noch) privatwirtschaftlich organisiert (obwohl durch den prioritären Netzzugang für Erneuerbare in vielen Aspekten bereits planwirtschaftlich geprägt). Die Kraftwerksbetreiber fahren ihren Kraftwerkspark so, dass sie ihre Kosten minimieren und ihren Gewinn maximieren. Das heißt, sie setzen im Preisdreieck Gaspreise, Kohlepreise, CO2 Zertifikatepreis und Strompreis ihre Kraftwerke in der sog. Merit Order so ein, um den Gewinn zu maximieren. In der Regel führt das dazu, dass Braunkohlekraftwerke in der Grundlast, Steinkohlekraftwerke in der Mittellast und Gaskraftwerke in der Spitzenlast gefahren werden. Dem politischen Druck der Grünen folgend beschloss die GroKo unter Angela Merkel in der Koalitionsvereinbarung vom Januar 2018 aus der Kohlenutzung auszusteigen, was im Kohleausstiegsgesetz von 2020 umgesetzt wurde; der Ausstiegstermin wurde auf 2038 festgelegt. Um die Stromversorgung bei gleichzeitigem Ausstieg aus der Kernenergie UND der Kohleverstromung zu sichern, sollten in größerem Umfang Gaskraftwerke zugebaut werden. Erdgaskraftwerke haben den klimapolitischen Vorteil, dass sie zur Erzeugung einer kWh Strom nur etwa halb so viel CO2 freisetzen, wie Kohlekraftwerke. Um die Versorgung dieser Kraftwerke mit Erdgas zu sichern, brauchte die Bundesregierung die Nordstream 2 Pipeline. Klimapolitische Entwicklungen unter der AmpelNach der Bundestagswahl 2021 übernahm die Ampelregierung im Januar 2022 die Regierungsgeschäfte. Teil der Koalitionsvereinbarung war die Absicht, den Kohleausstieg “idealerweise” auf 2030 vorzuziehen. Mit dem Einmarsch der Russen in die Ukraine im Februar 2022 und den anschließenden Sanktionen gegen russische Energielieferungen wurde ein großer Teil dieser Pläne zu Makulatur. Sie wurden im September 2022 endgültig zu Makulatur, nachdem durch bislang ungeklärte Feindeinwirkung sowohl die Nordstream 1 als auch Nordstream 2 Pipeline zerstört wurde. Die Energie- und Klimapolitik hatte nun ein weiteres, großes Problem. Woher soll das Gas kommen, was man für die Absicherung der Energiewende braucht? Die Antwort lautete: LNG aus den USA, Katar, woher auch immer. Und vor allem, zu welchem Preis auch immer, was 2022 zu einer Preisexplosion bei Erdgas geführt hat, was sowohl die Stromerzeugung als auch das Heizen mit Erdgas extrem verteuerte. Seit Ende 2022 sind die Erdgaspreise aber wieder drastisch, teilweise um mehr als 75% gefallen. Kraftwerksstrategie der AmpelNachdem es bislang keine konkreten Vorhaben gab, Erdgaskraftwerke zu bauen (von der Entscheidung, ein Gaskraftwerk zu bauen bis zur Inbetriebnahme vergehen etwa 5 – 7 Jahre), die erforderlich wären, um die Stromerzeugung ab 2030, dem anvisierten Ziel des Kohleausstiegs, zu sichern hat die Bundesregierung nunmehr ihre Pläne für den Bau von Gaskraftwerken vorgestellt. Für Details siehe den vorab genannten Link. Hierbei sind folgende Punkte wichtig, die auch in dem hier zitierten Spiegel Artikel angesprochen werden. Privatwirtschaftlich werden Investitionen nur getätigt, wenn damit ein Gewinn erwirtschaftet werden kann. Im Fall von Gaskraftwerken bedeutet dies, dass sie eine bestimmte Zahl von Stunden im Jahr betrieben werden müssen. Da die geplanten Kraftwerke aber lediglich eine “Lückenbüßerfunktion” haben, Strom nur dann zu erzeugen, wenn die Erneuerbaren nichts oder zu wenig liefern, besteht die Gefahr, dass die Mindeststundenzahl für den wirtschaftlichen Betrieb nicht erreicht wird. Da der Kohleausstieg aber ein politisch und staatlich verfügtes Ziel ist, andrerseits aber die Stromversorgung gesichert werden muss, verlangen die potentiellen Betreiber für die zu bauenden Gaskraftwerken staatliche Unterstützung, sprich Subventionen, für deren Bau und Betrieb. Für den Betrieb dieser Kraftwerke sollen sog. Kapazitätsmärkte geschaffen werden, um die Betreiber dafür zu vergüten, dass sie ihre Kraftwerke in Bereitschaft halten, um im Bedarfsfall sofort einzuspringen und auch dafür zu entschädigen, wenn sie zu geringe jährliche Betriebsstunden haben, um ihre Kosten abzudecken. Ferner sollen Kraftwerksbetreiber die Differenz zwischen Erdgas- und Wasserstoffpreis subventioniert bekommen. Denn hinzu kommt, dass diese Kraftwerke nicht nur mit Erdgas betrieben werden sollen, sondern sie sollen auch in der Lage sein, Wasserstoff zur Stromerzeugung zu verbrennen. Denn Ziel der Klimapolitik ist nicht nur eine deutliche CO2 Minderung durch den Einsatz von Erdgas statt Kohle, sondern schlussendlich die völlige Klimaneutralität, nämlich die CO2 – freie Stromerzeugung, die mit CO2-emissionsfrei erzeugten Wasserstoff zu erreichen wäre. Hierbei gibt es mehrere Probleme. Das erste ist, dass es bislang keine großtechnisch erprobten Kraftwerke gibt, die auf Wasserstoffbasis funktionieren. Man betritt hier technisches Neuland (s. dazu auch die Diskussion hier auf den Seiten 28 – 39) und man kann erwarten, dass diese Technologien nicht so schnell wie geplant großtechnisch verfügbar sind, und vor allem, dass sie wesentlich teurer sind, als normale Gaskraftwerke. Die Stromerzeugung mit diesen Kraftwerken führt zu erheblich höherem Subventionsbedarf für die Betreiber und wird die Strompreise deutlich erhöhen. Das nächste Problem ist, dass niemand weiß, wo die erforderliche Wasserstoffmenge herkommen soll und zu welchen Kosten sie beschafft werden kann (s. dazu auch noch einmal hier, S. 28 – 39). Eine Strategie lautet, zu viel erzeugten erneuerbaren Strom statt unter hohen finanziellen Verlusten ins Ausland zu “verklappen”, zur Elektrolyse von Wasserstoff zu verwenden. Dies ist sicherlich sinnvoll und richtig. Die Erneuerbaren haben nicht nur das Problem, dass sie meist nicht in der Lage sind, den Strombedarf zu decken, sondern es gibt auch Zeiten, wenn sie mehr erzeugen, als Bedarf vorhanden ist, der Strom aber trotzdem vergütet bzw von den Netzen aufgenommen werden muss. Zur Netzstabilität (Es muss zu jeder Zeit ein Gleichgewicht zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch bestehen, sonst kommt es zu einem Netzzusammenbruch, im schlimmsten Fall zu einem Blackout) wird dieser überschüssige Strom heute teilweise unter hohen Verlusten ins Ausland “verklappt”, kann aber sinnvoller zur Wasserstoffherstellung verwendet werden. Das ist allerdings der einzig sinnvolle Anwendungsbereich, Wasserstoff zur Stromerzeugung herzustellen. Aber der so erzeugte Wasserstoff wird nicht ausreichen, den Bedarf in der Stromerzeugung zu decken, vor allem dann nicht, wenn die Stromerzeugung, wie beabsichtigt, gegenüber heute von etwa 550 TWh auf 680 – 750 TWh erhöht werden soll, um den steigenden Strombedarf für die Elektromobiliät und Wärmepumpen zu decken (s. hier ). Ganz zu schweigen von der geplanten vollständigen Elektrifizierung der Wirtschaft. Widersinnig wäre es, Strom zu erzeugen, um damit Wasserstoff herzustellen, und mit diesem Wasserstoff wieder Strom zu erzeugen. Bei diesem Weg gehen ca. 70% der ursprünglich eingesetzten Energie verloren, energetischer und ökonomischer Unsinn. Strategien, mit Photovoltaikparks in sonnenscheinreichen Regionen der Erde Strom zu erzeugen, mit diesem Strom Wasserstoff zu erzeugen und ihn dann per LNG Tankern in die Verbrauchsregionen in den Industrieländern zu transportieren, sind sowohl technisch als auch wirtschaftlich unrealistisch. Auch wenn sie technisch möglich wären, wären die Kosten exorbitant, würden den Subventionierungsbedarf der Kraftwerksbetreiber und auch die Strompreise für die Verbraucher nochmals drastisch erhöhen. Alternative Möglichkeiten der Stromversorgung DeutschlandsDas erste grundsätzliche Problem der deutschen Kraftwerksstrategie ist, dass sie den europäischen Kontext völlig ignoriert und auf rein nationale Lösungen setzt, die absehbar sehr teuer werden. Auf europäischer Ebene existiert seit 2005 ein Instrument, um die CO2 Emissionen aus dem Kraftwerksbereich entlang einer Zeitachse zu reduzieren, nämlich das EU – ETS. In diesem System wird es dem Anlagenbetreiber überlassen, wie er seine Emissionen technologieoffen am kostengünstigsten reduzieren will. Sollte er zur Auffassung gelangen, dass seine Stromerzeugung mit Wasserstoff günstiger ist, als mit Kohle oder Gas, wird er von sich aus – marktgetrieben – auf Wasserstoffkraftwerke setzen. Sollte er meinen, die Erzeugung mit Kohle oder Gas unter Hinzukauf von Emissionsrechten sei günstiger, kann er diesen Weg wählen, ohne dass die übergreifenden europaweiten CO2 Minderungsziele verletzt werden. Die Verkündung nationaler ordnungsrechtlicher Maßnahmen, wie der Kraftwerksstrategie der Bundesregierung , ist deswegen völlig überflüssig und stört nur den Marktfindungsprozess für die kostengünstigste CO2 Minderungsstrategie. Aber auch unter dem EU – ETS werden die Strompreise künftig deutlich steigen, denn es ist absehbar, dass die kontinuierliche Verknappung von Emissionsrechten zu weiteren Preissteigerungen bei den Emissionsrechten und im weiteren zu Strompreissteigerungen führt. Und zweitens, egal, wie die Erdgas- und/oder Wasserstoffstrategie in der Stromerzeugung Deutschlands letztendlich ausgeht, die wahrscheinlichste und kostengünstigste Lösung des Problems der künftigen Stromerzeugung wird ein größerer Zubau von KKWs in den Nachbarländern Deutschlands sein, die Strom nach Deutschland exportieren. Die Energiewende in Deutschland wird schlussendlich eher durch neue KKWs in Frankreich, der Tschechischen Republik, in Polen aber auch in den Niederlanden umgesetzt, ganz einfach deswegen, weil es kostengünstiger ist, als alle deutschen Planspielchen mit Wasserstoff. Die Kernenergie ist kein “totes Pferd” , wie der Spiegelkolumnist Christian Stöcker in seiner ideologischen Verblendung behauptet (obwohl dies die Grüne Denke exakt widerspiegelt – und in Deutschland ist die Kernenergie aus ideologischen Gründen tatsächlich tot) sondern außerhalb der deutschen Grenzen ist sie quicklebendig. Und obwohl der Bau von Neuanlagen extrem teuer ist und die Stromerzeugungskosten nicht unter 10 Cents/kWh (anstatt bei 2 – 3 Cents/kWh bei Bestandsanlagen) liegen werden, ist dies am Ende immer noch erheblich günstiger, als die Erneuerbaren – wenn man alle Systemintegrationskosten mit berücksichtigt, wie Netzausbau, Eingriffe zur Netzstabilisierung etc. Der Übergang zu einer Wasserstoffwirtschaft in der Stromerzeugung, die mit der Kraftwerkstrategie geplant ist, wird noch erheblich teurer werden, als der Ausbau von Wind- und Sonnenenergie selbst. Erschwerend kommt hinzu, dass mit Wasserstoff technologisches Neuland betreten wird, und heute völlig unklar ist, ob dieses Strategie im großtechnischen Maßstab überhaupt funktioniert. Hier ein Hinweis (S. 38) darauf, dass man bereits seit etwa 50 Jahren behauptet, der Übergang zu einer Wasserstoffwirtschaft befinde sich in greifbarer Nähe – was offenkundig aber bis heute nicht eingetreten ist. Die Bundesregierung will also die bestehende Energieversorgung für eine bislang nicht erprobte und nicht nachweislich funktionierende abschaffen – ein Unterfangen, das man im normalen Leben kaum durchführen würde. Man würde erst abschalten, wenn das Neue nachweislich funktioniert. Die Energiepolitik, besonders die Kraftwerksstrategie der Bundesregierung ist demnach ein Vabanque Spiel, ein ungedeckter Wechsel auf die Zukunft. Sie ist das Ergebnis einer energiepolitischen Prämissensetzung durch die Klimapolitik, die de facto diktatorische Gewalt auf die Energiepolitik ausübt. Die Energiepolitik hat nur noch die Aufgabe, die klimapolitischen Vorgaben umzusetzen, egal, zu welchen Kosten und egal mit welchen Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit. Das klassische energiepolitische Dreieck Kosten – Versorgungssicherheit – Umweltverträglichkeit wurde schon seit vielen Jahren dem eindimensionalen klimaideologischen Diktum einer CO2 Minderung geopfert, dem Kosten und Versorgungssicherheit, aber auch Umweltauswirkungen (wie zB Wälder roden für den Bau von Windrädern), einerlei sind. Fazit: • Die Kraftwerksstrategie der Bundesregierung ist im europäischen Kontext überflüssig und führt nur zu zusätzlichen Kosten bei der beabsichtigten CO2 Reduzierung • Die Wasserstoffstrategie orientiert sich eher am Wunschdenken, als an der Realität • Das Abschalten der bestehenden Kohlekraftwerke ohne eine gesicherte neue Stromerzeugung ist ein energiepolitisches Vabanque Spiel • Die künftige Stromversorgung Deutschlands nach Abschalten von Kern- UND Kohlekraftwerken wird wohl am ehesten durch KKWs in europäischen Nachbarländern erfolgen, die sowohl Versorgungssicherheit als auch bezahlbare Preise bieten können, was eine vollständige Umstellung auf Erneuerbare plus Wasserstoff nicht bieten kann • Die Strompreise werden – welcher Weg auch immer mit der “Energiewende” künftig beschritten wird - auf jeden Fall weiter steigen |
|