Die Benzinpreisexplosion

21. Mai 2015

Schon mal getankt in letzter Zeit? Schon abGEZockt worden?

Es gab mal eine Zeit, nicht lang ist´s her, da redete alle Welt von den niedrigen Ölpreisen, vom Ölpreisverfall, von den schönen Auswirkungen auf das Portmonnaie der Bürger, von den schlimmen Auswirkungen auf die Wirtschaft, vor allen auf diejenige der ölproduzierenden Länder. Auch in den USA, die ein ölproduzierendes Land sind, sollten nach Meinung einiger Experten die Auswirkungen des Ölpreisverfalls in der Summe nachteilig sein, obgleich wieder andere Experten vorrechneten, wie viele Zigmilliarden die Autofahrer und damit die Durchschnittsbürgen sparen würden. Das eingesparte Geld stünde dann für den Konsum zur Verfügung, die Wirtschaft würde angekurbelt.

Einige Auguren dachten schon laut darüber nach, dass jetzt der geignete Moment sei, die Steuern auf Kraftstoffe deutlich zu erhöhen, und mit dem Steueraufkommen erneuerbare Energien zu subventionieren – als ob die nicht schon genug subventioniert würden.
Niedrige Preise für traditionelle fossile Energien erschweren erneuerbaren Energien das Leben, die erheblich teurer sind und am Markt sowohl in Deutschland als auch in den USA nur durch üppige Subventionen überleben können.

Die Experten, vor allem die selbst ernannten, stritten aber vor allem darüber, wie lange denn der Ölpreisverfall andauern würde.
Die Meinungen schwankten zwischen: Es wird so kommen wie 1986, als der Ölpreisverfall bis Ende der 1990er Jahre, also ca. 12 Jahre, dauerte, bis zu: Es wird so kommen, wie 2009, als die Zeit niedriger Ölpreise etwa 12 Monate, von Ende 2008 bis Ende 2009 andauerte. Mit anderen Worten: Keiner weiß was, alle haben nur irgendwelche Meinungen.

Mit den Rohstoffpreisen (sprich: Ölpreisen) fielen auch die Produktpreise (sprich: die Benzinpreise). Der Ölpreisverfall dauerte ziemlich genau bis Ende Januar und etwa genauso lange dauerte der Benzinpreisverfall. In den USA, so z. B. in Phoenix, Arizona konnte man Ende Januar eine Gallone unverbleites Normalbenzin für ca. $ 1,70 und in Deutschland einen Liter Superbenzin E5 zum Tagestiefstpreis an den freien Tankstellen für ca. 1,20 EUR tanken.

Dann jedoch geschah Unerwartetes: Der Rohölpreis stieg innerhalb weniger Tage um ca. 10 %, was vielleicht nicht so bemerkenswert war.
Dem folgte der absolute Schocker an der Zapfsäule: Innerhalb einer Zeitspanne von etwas mehr als einem Monat stiegen die Benzinpreise im Südwesten der USA um 70 – 80 US Cents, also im Vergleich zum Stand Ende Januar um mehr als 40 %, in Kalifornien sogar von ca. $ 2,40 auf $ 3,40, also um einen satten, dicken fetten Dollar. Einen derartig extrem starken Benzinpreisanstieg innerhalb so kurzer Zeit dürfte es in der Wirtschaftsgeschichte der USA weder in absoluten Zahlen noch prozentual noch nie gegeben haben.

Was war die Ursache? Neben dem saisonüblichen Preisanstieg zwischen Winter und Frühjahr wurde in den amerikanischen Medien vor allem eine Explosion in einer ExxonMobil Raffinerie im kalifornischen Torrance, einem Vorort von Los Angeles, für den extremen Preisanstieg im Südwesten der USA verantwortlich gemacht.

Wenn der Rohstoffpreis (Öl) zwischen Ende Januar und Ende Februar um ca. $ 6 pro Barrel (bbl) steigt, was etwa einem Gallonenpreis von ca. 10 US Cent entspricht, der Produktpreis (Benzin) aber um 70 – 80 Cent pro Gallone, dann muss irgendjemand irrsinnig viel Geld verdienen.
Wer kann das wohl sein? Die Raffinerien!

Der Blick auf die Aktienkursentwicklung von Valero Energy , einem der größten amerikanischen Raffinerienbetreiber, zeigt, wo das Geld verdient wurde: Der Aktienkurs ist seit Mitte Januar förmlich explodiert.

Die Ölkonzerne werden ihr Geld immer verdienen, wenn nicht im Upstream Geschäft mit der Förderung von Öl, dann im Downstream Geschäft mit der Verarbeitung und dem Verkauf von Kraftstoffen. So gesehen erwuchs den Ölkonzernen kein Nachteil durch den Ausfall von wenigen Prozenten an Raffinerienkapazität, denn die verbleibenden Raffinerien konnten dann erheblich profitabler arbeiten, weil sie deutlich höhere Preise erlösen konnten, was den Produktionsausfall mehr als wett machte.
Ohnehin ein überlegenswertes Geschäftsmodell: Gezielt wenige Prozent Raffineriekapazität aus dem Markt nehmen, also eine künstliche Produktverknappung herbeiführen, um dadurch deutlich höhere Preise zu erzielen. Das funktioniert, weil die Nachfrage gegenüber dem Preis sehr inelastisch ist und ein geringes Unterangebot zu großen Preissprüngen führt, genauso wie ein geringes Überangebot die Preise drastisch fallen lässt.

Allerdings sind die Zapfsäulenpreise im Südwesten der USA seit Mitte März wieder gesunken, in den letzten Tagen aber wieder etwas angestiegen. Trotz des Anstiegs liegen die Benzinpreise in den USA aber gegenwärtig etwa $1 bis $ 1,20, knapp 30%, unter den Preisen des Vorjahres.

In Deutschland sind die Preise an der Zapfsäule seit Ende Januar um ca. 20 Cents von 1,20 auf 1,40 – 1,43 EUR gestiegen. Der für Europa massgebliche Ölpreis der Sorte Brent ist um knapp $20 von 48 auf $68 gestiegen. Der Dollarkurs liegt etwa auf dem gleichen Niveau, wie Mitte Januar (er ist zunächst gestiegen, aber in den letzten Wochen wieder gefallen). Umgerechnet auf einen Liter beträgt dieser Anstieg etwa 11 EUR Cents, der tatsächliche Preisanstieg an der Zapfsäule aber etwa das Doppelte, 20 – 22 Cents.

Nachtrag 9. Juli 2015

Am 8. Juli 2015 hat die Abzocke an der Zapfsäule einen vorläufigen neuen Höhepunkt erreicht:

Ob wohl die Rohölpreise in den vergangenen Wochen ca. $10 gefallen sind, was umgerechnet zu einem Benzinpreisrückgang von ca. 5 - 6 cents pro Liter hätte führen müssen, sind die Preise an der Zapfsäule ca. 3 - 4 cents gestiegen.

Abzocke hoch drei an Deutschands Tankstellen!

Damit liegt der Benzinpreis in Deutschland, obwohl Öl ca. $40 billiger ist als letztes Jahr, nur noch knapp, ca. 6 – 7 %, unter dem Vorjahrespreis. Im vergangenen Sommer lag der Tagestiefstpreis an den freien Tankstellen bei 1,50 – 1,53 EUR/Liter. An der Zapfsäule verpufft der niedrige Ölpreis derzeit also fast wirkungslos. Von einer durchschlagenden Auswirkung auf das verfügbare Einkommen der Bürger kann also – anders als in den USA – keine Rede (mehr) sein.

Ähnliches gilt auch für Befürchtungen der Europäischen Zentralbank, die fallenden Energiepreise würden deflationär wirken: Denn hierbei handelt es sich nur um einen Einmal – Effekt.

Wartet doch einfach mal bis Januar 2016, dann habt ihr eure Inflation wieder: Dann wird nämlich der Basiseffekt des Vergleichs mit Januar 2015 voll durchschlagen, auch wenn die Benzinpreise nur etwa auf dem gegenwärtigen Niveau verharren und nicht weiter steigen.

Weswegen hat sich der Ölpreisverfall der letzten 10 Monate in Deutschland nicht so stark auf die Benzinpreise ausgewirkt, wie in den USA? Wichtigster Faktor ist der Dollarkursanstieg von ca. 1,35 auf 1,13, knapp 20%. Für den starken Preisanstieg seit Januar ist allerdings nicht der Dollar verantwortlich, auch nur teilweise der Ölpreisanstieg, sondern zu einem Gutteil höhere Gewinne im Raffineriegeschäft, so wie auch in den USA.

Was hat das alles mit dem Klima bzw. Klimapolitik zu tun?

Klimavorhersagen oder –projektionen stellen ein Hypothesengebäude dar, an dessen Ausgangspunkt Vorhersagen der wirtschaftlichen Entwicklung und des Energieträgereinsatzes stehen.
Hierbei spielen Vorhersagen über die Preisentwicklung dieser Energieträger eine wichtige Rolle. Offensichtlich war Mitte letzten Jahres kaum jemand in der Lage, die Preisentwicklung bei Öl (Preisverfall) auch nur halbwegs korrekt vorherzusagen, genauso wenig wie den Preisanstieg seit Ende Januar. Auch jetzt gibt es einige Auguren, die vor einem Preisverfall der amerikanischen Ölsorte WTI bis auf $20 – 30 warnen (von gegenwärtig $60), während andere auf den deutlich höheren Preis der Öl - Futures in den nächsten Jahren hinweisen.

Vorhersagen der wirtschaftlichen Entwicklung und der Preisentwicklung von Rohstoffen scheinen noch unsicherer zu sein als Wetter- oder Klimavorhersagen. Wenn Wirtschaftsprognosen unsicher sind, überträgt sich diese Unsicherheit auch auf die Klimaprognosen, denn die CO2 Emissionen hängen stark von der Wirtschaftsentwicklung ab (s. hierzu auch die sog. „Kaya Beziehung“).

Sehr wahrscheinlich war das relativ schwache Wirtschaftswachstum in der Volksrepublik China mit dafür verantwortlich, dass die CO2 Emissionen in 2014 gegenüber 2013 nicht angestiegen sind und ferner dafür, dass die Ölnachfrage zurückgegangen ist, was mit zum Ölpreiseinbruch in der zweiten Jahreshälfte 2014 beigetragen hat. Nicht nur die Ölnachfrage, sondern auch der Kohleverbrauch ist in der VRC erstmals seit vielen Jahren zurückgegangen.

Die Quintessenz dieser ganzen Überlegungen ist, dass man dem sog. „Expertenwissen“ nicht trauen kann, weder den Experten der Klimapropaganda noch den Experten der Wirtschafts- und Finanzwissenschaften.