Der Marxismus als Heilmittel gegen die Klimakrise

23. Januar 2023

Bereits seit einer Reihe von Jahren zieht sich wie ein roter Faden die Auffassung durch den links – grünen Diskurs, dass der Kapitalismus für die Klimakrise verantwortlich sei, und deswegen abgeschafft werden müsse.

So beispielsweise in Statements von Maurice Strong aus dem Jahr 1997, wie hier zitiert (“Frankly, we may get to the point where the only way of saving the world will be for industrial civilization to collapse.”) in der Enzyklika Laudate Si von Papst Franziskus aus dem Jahre 2015, oder der Margarita Deklaration aus dem Jahr 2014.
In letzter Zeit hört und sieht man immer häufiger: System change, not climate change.

Der Kampf gegen den Klimawandel (oder die Klimakrise, egal welche Semantik des Tages gerade en vogue ist) und der Kampf gegen das kapitalistische Wirtschaftssystem gehen anscheinend im linken und öko – radikalen politischen Spektrum Hand in Hand.

Umweltpolitik, Marxismus und Sozialismus: Ein historischer Überblick


Der Marxismus und die politische Linke mussten mit dem Fall des Eisernen Vorhanges Ender 1980er/Anfang der 1990er Jahre eine vernichtende Niederlage einstecken und der Neo – Kapitalismus, manchmal auch als Neo – Liberalismus bezeichnet, schien den endgültigen Sieg über den Sozialismus und den Kommunismus errungen zu haben.

Der Neo – Liberalismus, dessen Mantren weniger Staat, weniger Staat, weniger Staat, mehr Liberalisierung, mehr Liberalisierung, mehr Liberalisierung, mehr Privatisierung, mehr Privatisierung, mehr Privatisierung in den 1990er und den 2000er Jahren den wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Diskurs beherrschten, musste seinerseits in den Jahren 2008 und 2009 mit der Globalen Finanzkrise eine vernichtende Niederlage einstecken.

Denn es zeigte sich, dass die entfesselten Finanzmärkte 2008 zum Zusammenbruch des weltweiten Finanzsystems geführt haben, dessen desaströse Auswirkungen auf die reale Wirtschaft eben gerade noch durch ein beherztes Eingreifen des von den Neo – Liberalen so verhassten Staates, aber insbesondere durch das weltweite Eingreifen der Zentralbanken, abgewendet werden konnten.

Der Marxismus und der Sozialismus sannen natürlich die ganze Zeit über ihren Wiederaufstieg nach. Es zeigten sich dabei bereits in den 1980er Jahren einige Überschneidungen und Anknüpfungspunkte zur Umweltpolitik.

Denn bereits in den 1980er Jahren wurden auf UN Ebene einige Berichte über den Zustand der globalen Umwelt veröffentlicht, nämlich der Bericht der Brandt Kommission “Common Crisis North-South: Co-operation for World Recovery” und der Bericht der Brundtland Kommission „Our Common Future" deren Tenor generell lautete: Der Zustand der Umwelt ist katastrophal, das Ende der Welt steht kurz bevor.

Diese Kommissionen waren überwiegend durch Mitglieder der Sozialistischen Internationale besetzt, wie z B z. B. Olof Palme, Willy Brandt und Gro Harlem Brundtland, Autorin des nach ihr benannten Berichtes, vier Kommissare kamen aus kommunistischen Ländern.

Wie auch hier genauer ausgeführt, gingen UN – Umweltaktivitäten und Sozialismus bereits in den 1980er Jahren Hand in Hand.

Zur Auffassung, der Kapitalismus sei für die Klimakrise verantwortlich und müsse deswegen abgeschafft und durch ein öko – sozialistisches System ersetzt werden, war es darum nur ein kurzer Weg.

Marxismus und Sozialismus haben also die Umweltpolitik im allgemeinen und die “Klimakrise” im besonderen als Weg entdeckt, die Macht wieder zu ergreifen.

Weite Teile der Gesellschaft, besonders die besser situierten und gebildeteren, stehen dieser Machtergreifung positiv gegenüber, da es dem Sozialismus, über den Weg der Umwelt- und besonders der Klimapolitik, gelungen ist, weite Teile der Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass die Klimakrise nur durch die Abschaffung des kapitalistischen Wirtschaftssystems und durch die Einführung eines öko – sozialistischen Wirtschaftssystems zu lösen sei.

So sei fast die Hälfte der Deutschen der Meinung, dass der Kapitalismus die Welt in die Klimakrise geführt hat.

Schlussfolgerung: System change statt climate change.

Marxismus, Klimapolitik und Transformation der Gesellschaft: Aktuelle Spiegel Titelgeschichte


Die Titelgeschichte der Spiegel Ausgabe 1/2023 (Hatte Marx doch Recht?) zeigt, dass sich inzwischen immer mehr Auguren aus der Deckung wagen und dem Neo – Marxismus in Form eines gerechteren, klimafreundlichen Öko – Marxismus das Wort reden.

Dabei geht es offensichtlich nicht nur um die Rettung des Weltklimas, zu der der Kapitalismus nicht in der Lage sei, sondern um einen grundsätzlichen Umbau des Gesellschaftssystems, um Einkommens- und Vermögensungleichheiten zu überwinden.

Besonders die junge Generation sei vom Kapitalismus desillusioniert, denn der Kapitalismus sei u. a. nicht mehr in der Lage, ihr bezahlbares Wohnen oder auch einen Immobilienerwerb zu bezahlbaren Preisen zu ermöglichen.

Ganz generell könne das Leben nicht darauf ausgerichtet sein, immer mehr materielle Güter zu erwerben, sondern immaterielle Güter, wie Freizeit und individuellere Lebensgestaltung hätten einen wesentlich höheren Stellenwert.

Als Fürsprecher dieser Thesen werden in der Spiegel Titelgeschichte verschiedene Wirtschaftsprofessoren zitiert, so z B Mariana Mazzucato (Der Markt allein sei chancenlos im Kampf gegen die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, vor allem den Klimawandel.

"Den Unternehmen fehlten Wille, Anreize und Übersicht". "Der Staat muss die Richtung vorgeben und ambitionierte Ziele setzen",
ferner : "Für den Übergang zu einer emissionsfreien Wirtschaft brauche es »Innovationsmissionen«, die die komplette Wirtschaft umgestalten", und weiter: "Indem man Unternehmen und ganze Industriesektoren nicht nur vorsichtig in diese Richtung steuert, sondern sie zwingt"."Anreize wie eine CO2-Steuer seien ja ganz hübsch".

"Wirkungsvoller sei es, wenn der Industrie vorgeschrieben werde, nur noch »grünen« Zement zu verwenden – und der Staat im Gegenzug finanziell helfe"
).

Und der Japaner Kohei Saito: "Schluss mit Wachstum. Der vorhandene Wohlstand müsse einfach besser verteilt werden".

Generell: weniger Markt, mehr steuernder Staat und weniger Wachstum auf Teufel komm raus.

Ferner: “Ein dauerhaft erfolgreiches Wirtschaftssystem muss den Lebensstandard für möglichst viele erhöhen. Es scheint fraglich, ob der heutige Kapitalismus breite Wohlstandsgewinne ermöglicht. Stattdessen bringe er sehr viel Wohlstand für wenige”.

Man reibt sich verwundert die Augen beim Lesen dieses Artikels.

Worum geht es denn eigentlich? Um die Klimarettung? Oder um die Umverteilung von Vermögen und Einkommen, also um eine klassische marxistisch – sozialistische Agenda, die wir bereits seit vielen Jahrzehnten von der Linken im Westen vorgetragen bekommen, bzw. in der sozialistischen Realität der Sowjetunion und der DDR bis 1989/1991 beobachten konnten?

Offensichtlich lautet der Grundtenor des Artikels ja, wir müssen das bestehende kapitalistische System abschaffen und durch ein öko – sozialistisches ersetzen, das a) in der Lage ist, die Klimakrise zu lösen und b) eine “gerechtere” Einkommens- und Vermögensverteilung herbei zu führen.

Analyse und kritische Bewertung der Thesen in der Spiegel Titelgeschichte


Wie das in der Praxis umgesetzt werden soll und kann, darauf wird nicht näher eingegangen. So verschwimmt der Artikel im Ungewissen, im nebulösen Wunschdenken, einem öko – radikalen Wunschzettel an einen imaginären Weihnachtsmann, der doch bitte alle unsere Wünsche erfüllen möge und wenn nicht, kriegen wir, wie Kleinkinder im Trotzalter, einen Tobsuchtsanfall.

Die Aneinanderreihung von Aussagen und Forderungen einzelner linksgerichteter Wirtschaftswissenschaftler ohne Reflexion und kritische Würdigung zeugt von einer sehr geringen intellektuellen Tiefe des Artikels.

Wenn zB gesagt wird: “Schluss mit Wachstum. Der vorhandene Wohlstand müsse einfach besser verteilt werden”, dann wirft das die Frage auf: Wo kommt denn der Wohlstand her? Wer hat ihn geschaffen? Wer hat ihn erarbeitet? Wer hat ihn erwirtschaftet?

Bedeutet das, man muss den Wohlstand denjenigen wegnehmen, die ihn erarbeitet bzw. erwirtschaftet haben?

Das ist Sozialismus pur. Denn dem Sozialismus geht es nicht darum, Wohlstand zu schaffen, sondern den Wohlstand, den andere geschaffen haben, an diejenigen umzuverteilen, die ihn nicht geschaffen haben, bzw. nicht zu schaffen in der Lage waren.

Nichts macht mehr Spaß, als das Geld anderer Leute zu verteilen.
Das findet aber in unserem europäischen kapitalistischen Gesellschaftssystem einer sozialen Marktwirtschaft bereits statt und nennt sich Sozialpolitik.

Wohlstand und Einkommen sind keine statischen Größen, die einmal “gerecht” verteilt werden können, und dann ist fertig, sondern sie müssen immer wieder erneut durch wirtschaftliche Aktivität geschaffen, dh erarbeitet und erwirtschaftet werden.

In den USA beispielsweise sieht die Situation wesentlich anders aus. Dort ist die Ungleichheit in der Einkommens- und Vermögensverteilung wesentlich größer, als in Europa, wo die Sozialpolitik für einen für einen, wenn auch nicht perfekten, Ausgleich sorgt.

Dass der US Hedge Fond Manager Ray Dalio, einer der größten Profiteure des Kapitalismus, der mit seinen Investitionen ein unvorstellbares Vermögen angehäuft hat, angesichts seines Reichtums kalte Füße gekriegt hat und meint, der Kapitalismus würde nicht für die breite Masse funktionieren, spricht nicht gegen den Kapitalismus an sich, sondern nur gegen die Fiskal- und Sozialpolitik der USA.

Wenn ferner gesagt wird, “weniger Markt, mehr steuernder Staat und weniger Wachstum auf Teufel komm heraus”, “der Staat muss die Richtung vorgeben und ambitionierte Ziele setzen” (im Klimaschutz), und ”für den Übergang zu einer emissionsfreien Wirtschaft brauche es »Innovationsmissionen«, die die komplette Wirtschaft umgestalten”, und weiter: “ Indem man Unternehmen und ganze Industriesektoren nicht nur vorsichtig in diese Richtung steuert, sondern sie zwingt “ (Mariana Mazzucato), fragt man sich, was das in der Realität bedeuten soll: Abschaffung der sozialen Marktwirtschaft und Einführung einer öko – sozialistischen Planwirtschaft?

Eine andere Schlussfolgerung kann man eigentlich nicht ziehen, wenn die Forderung “komplette Umgestaltung der Wirtschaft” und “Unternehmen und ganze Industriesektoren in eine bestimmte Richtung zwingen” lautet.

Die Thesen der Spiegel Titelgeschichte im Lichte der Realität


Nun ist es allerdings so – und das vermisst man in dem Artikel – dass diese Forderungen in Deutschland und Europa bereits erfüllt werden.

Denn wir haben bei uns bereits seit Jahren gesetzliche Regelungen, die genau das bewirken, was hier gefordert wird.
Nämlich in Deutschland zB das EEG, mit dem die erneuerbaren Energien gefördert werden und ganze Industriesektoren “in eine bestimmte Richtung gezwungen” werden und europaweit seit 2005 das Emissionshandelssystem EU – ETS, das das gleiche bewirkt und mit dem die Total – De-Karbonisierung der Wirtschaft erreicht werden soll.

Wissen Mazzucato und die Spiegel Autoren das nicht? Dann haben sie sehr schlecht recherchiert und Mariana Mazzucato ist nicht auf der Höhe der Zeit, was die Klimapolitik in Deutschland und Europa angeht.

Und weiter: “Wir leben in einer Zeit, in der die Menschen in vielen Ländern vom Gesellschaftsvertrag und dem Leben, das er ihnen ermöglicht, enttäuscht sind – und das, obwohl der materielle Wohlstand in den vergangenen 50 Jahren immens gestiegen ist«, sagt Shafik, die in Oxford ausgebildete Ökonomin. »Der Kapitalismus zerstört das Leben« sagt die feministische Philosophin mit Vorliebe für Marx, die auf einem Biobauernhof aufgewachsene Eva von Redecker”.

Solche philosophischen Betrachtungen kann sich jemand leisten, der von seinem eigenen Wohlstand, der durch den Kapitalismus und die fossile Energienutzung erst ermöglicht wurde, saturiert und gelangweilt ist, so wie auch Carla Reemtsma ( “es geht nicht um einzelne politische Fragen, sondern um das große Ganze: »Um einen grundlegenden Systemwandel, der ein besseres Leben für alle, nicht nur wenige ermöglicht«).

Vielleicht sollten sich diejenigen, die einem Systemwandel und dem Sozialismus das Wort reden, mal überlegen, was der reale Sozialismus 1949 – 1989 in Osteuropa (und heute in Nordkorea, Kuba und Venezuela) für die Umwelt und für eine “gerechtere” Einkommensverteilung gebracht hat.

Der Vergleich von 40 Jahren Sozialismus in der DDR mit 40 Jahren sozialer Marktwirtschaft in der “BRD” zwischen 1949 und 1989 ist sehr instruktiv:

Sowohl die Lebensverhältnisse der Normalbürger in der BRD Ende der 1980er Jahre als auch die Umweltqualität im “kapitalistischen” Westdeutschland waren um Lichtjahre besser als in der sozialistischen DDR.

Die Sowjetunion war Ende der 1980er Jahre der drittgrößte CO2 Emittent der Welt und die DDR hatte mit die weltweit höchsten pro Kopf CO2 Emissionen.
Heute emittiert die kommunistische Volksrepublik China etwa genau soviel CO2 wie alle westlichen Industrienationen (die OECD Länder) zusammen gerechnet.
Wie kommen die Autoren des Spiegel Artikels und auch andere Auguren zu ihrer Behauptung, der Kapitalismus sei für die Klimakrise verantwortlich?

Die Auffassung, der Kapitalismus müsse abgeschafft werden, um sowohl das Klima zu retten als auch um zu verbesserten Lebensbedingungen der Normalbürger zu führen ist unausgegoren und ignoriert die Realitäten.

Denn die Frage, die in diesem Artikel nicht beantwortet wurde, ist, wie ein Öko – Sozialismus, eine öko – sozialistische Planwirtschaft, oder auch eine stringente Kohlenstoffrationierung in Form eines Emissionshandelssystems (das schlussendlich auch nur eine Variante einer öko – sozialistischen Planwirtschaft darstellt), “ein besseres Leben für alle, nicht nur wenige ermöglicht”.

Die angestrebte Klimaneutralität und die De – Growth Agenda, die dahinter steht, wird zu Schrumpftum bei Wohlstand und Einkommen führen, aber zu keinem “besseren Leben für alle”.

Denn die “Klimarettung” erfordert einen drastisch verringerten Energieverbrauch, da nicht absehbar ist, wie die gegenwärtige fossile Energienutzung durch Erneuerbare ersetzt werden kann. Wind und Sonne werden es nicht schaffen, egal was die Grüne Propaganda behauptet.

Energiearmut und De – Growth werden nicht zu steigendem Wohlstand führen, der “gerecht” verteilt werden kann, sondern zu verringertem Wohlstand und Mangel, der “ gerecht” verteilt, sprich rationiert, werden muss.

Der Kuchen wird kleiner, die Kuchenstücke sollen aber “gerechter” verteilt werden.

Der Öko – Sozialismus, der Klima – Marxismus, oder eine öko – sozialistische Planwirtschaft ( der Semantik sind keine Grenzen gesetzt) wird zu einer Neuauflage der sozialistischen Mangelwirtschaft wie in der DDR oder in der Sowjetunion führen.

Das ist offenbar das, was die hier zu Wort gekommenen Wirtschaftswissenschaftler, Philosophen und Aktivisten beabsichtigen. Der Hinweis im Artikel, Mariana Mazzucato sei auch Berater von Nicolas Maduro, dem sozialistischen Diktator Venezuelas, der das einst wohlhabende Land in den Abgrund geführt hat, mag als Warnhinweis genügen.

Der Herr schütze uns und behüte uns vor solchen Wissenschaftlern, Philosophen und saturierten Oberschichts Aktivisten, die ihren unverdienten Reichtum nicht ertragen können und den Rest der Welt belehren wollen, ein Leben in Armut und Verzicht zu führen.