Neuer UN Klimabericht: Wird alles noch viel schlimmer als wir bislang glaubten?

3. September 2021

Einem langjährigen Ritual folgend wurde der neue - und erste UN Klimabericht seit 2013 – als letzter noch ausstehender Beweis dafür zelebriert, dass die Klimakatastrophe real ist und kaum noch abgewendet werden kann, es sei denn, die Welt hört praktisch sofort auf, Treibhausgase zu emittieren.

Das ist nun nichts wirklich Neues, denn man hört diese Litanei schon seit über 30 Jahren. Wer so lange die Klimadiskussion verfolgt wie ich, weiß, dass die Veröffentlichung der UN IPCC Berichte und der medialen Reaktion hierauf einem immer gleichen Ritual folgen.

Deswegen habe ich z. B. während der Zeit meiner Berufstätigkeit für die Analyse des 2007er IPCC Berichtes die Analyse des 2001er Berichtes aus den Akten geholt und schlicht das Datum und einige Details geändert: Denn der 2007er Bericht enthielt keine wirklich neuen Erkenntnisse im Vergleich zum 2001er Bericht; er war lediglich in einer Reihe von Details mehr “gehyped”.

Ähnlich verhielt es sich mit dem 2013er Bericht, der zudem unter dem “warming hiatus”, also der Erwärmungspause zwischen Ende der 1990er und den frühen 2010er Jahren litt; es war halt schwierig, die Klimakatastrophe in noch düsteren Farben zu malen, wenn es sich ca. 15 Jahre gar nicht weiter erwärmt hatte – trotz eines drastischen weltweiten CO2 Emissionsanstiegs seit etwa dem Jahr 2000.

Seit 2014 sind die weltweiten Mitteltemperaturen allerdings wieder deutlich gestiegen – wohl in erster Linie wegen des “Super El Nino” 2015/2016, aber auch wegen des schwächeren El Nino 2018/2019.

El Nino Jahre sind global gesehen in der Regel knapp 0,3 - 0,5°C wärmer als “normale” Jahre.

Jedoch waren auch die La Nina Jahre 2017 und 2020 global relativ warm, sodass der langfristige Erwärmungstrend von etwa 0,15 – 0,17°C pro Jahrzehnt intakt blieb.

Der nun Anfang August 2021 veröffentlichte IPCC Bericht AR6 folgt in seinem Tenor, seiner Struktur und seiner medialen Aufarbeitung praktisch nahtlos seinen Vorgängerberichten.

Grundsätzlich muss man bei der Bewertung der IPCC Berichte zwischen drei unterschiedlichen Ebenen unterscheiden:

1. Der eigentliche IPCC Bericht

2. Die Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger SPM

3. Die mediale Aufarbeitung der Berichte


Der eigentliche Bericht legt die wissenschaftlichen Grundlagen in ausführlicher und detaillierter Form auf mehreren Tausend Seiten dar (mehr als 3900 im aktuellen Bericht), die kaum jemand liest.

Vorangestellt ist eine wesentlich kürzere Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger (Summary for Policymakers, SPM), die gemeinsam mit Regierungsvertretern erstellt wurde. Diese Zusammenfassung spiegelt also nicht nur den wissenschaftlichen Erkenntnisstand wider, sondern auch die Einflussnahme der Politik, die ein Interesse daran hat, klare Aussagen zu präsentieren, um harte klimapolitische Entscheidungen zu rechtfertigen.

In diesem Sinne werden die rein wissenschaftlichen Erkenntisse oft “zurechtgebogen”, um sie in das gewünschte Narrativ einzupassen.

Dies hat eine lange Tradition; bereits der SAR 1995 wurde in diesem Sinne abgeändert (s. die Kontroverse um Kapitel 8 im SAR).

Auch der TAR 2001, in dem die sog. “Hockeystick Kurve” als Beweis dafür präsentiert wurde, dass das Weltklima 1000 Jahre praktisch konstant war und sich dann in den letzten 100 Jahren durch den Einfluss des Menschen drastisch erwärmt haben sollte.

In den Abfalleimer geworfen wurden damit Hunderte von Veröffentlichungen, in denen man gezeigt hatte, dass es 1. eine mittelalterliche Wärmeperiode von etwa 1000 – 1200 gab und 2. eine kleine Eiszeit von etwa 1450 – 1850. Beide Klimaanomalien sind weltweit sehr gut dokumentiert und sollten nun im Zuge eines Klimageschichtsrevisionismus ausgemerzt werden um zu “beweisen”, dass sich das Klima in den letzten 1000 Jahren nur durch den Einfluss des Menschen verändert hat.

Obwohl die “Hockeystick Kurve” in der Wissenschaft kontrovers diskutiert wird (so sagte z. B. der deutsche Klimaforscher Hans v. Storch in einem Spiegel Interview im Jahre 2004 “Die Kurve ist Quatsch”) und seither zahlreiche neue wissenschaftliche Arbeiten erschienen sind, die sowohl die Existenz der mittelalterlichen Wärmeperiode als auch der kleinen Eiszeit belegen, rückt der neue IPCC Bericht die jetzt auf 2000 Jahre verlängerte Hockeystick Kurve wieder ins Rampenlicht.

Im Jahre 2009 kamen zudem die sog. "Climategate" e-mails ans Licht, aus denen hervorging, dass viele der am IPCC Prozess beteiligten Wissenschaftler wissenschaftliche Erkenntnisse unterdrückt haben, die nicht in das gewünschte alarmistische Narrativ passten. Durch diesen Vorgang wurde die Glaubwürdigkeit des IPCC stark unterminiert.

Eine erste Analyse weiterer wichtiger Punkte des neuen IPCC Berichtes durch den amerikanischen Extremwetterforscher Roger Pielke jr kann man hier nachlesen.

Die wichtigsten, die sich seit dem letzten Bericht 2013 geändert haben - abgesehen von der seit mehr als 20 Jahren zu hörenden Litanei: “Es ist alles noch viel schlimmer als wir dachten, und wir haben jetzt noch weniger Zeit, die Klimakatastrophe abzuwenden” - sind:


Der IPCC Bericht ist vage und unpräzise darüber, welche Emissionsszenarien bis 2100 er am wahrscheinlichsten ansieht.

Einerseits wird dem extrem hohen Emissionszenario RCP 8.5 eine geringe Eintrittswahrscheinlichkeit attestiert, andrerseits werden die meisten Klimamodellrechnungen gerade mit diesem Szenario durchgeführt, was zu einer wesentlich stärkeren Erwärmung führt, als die Verwendung niedrigerer Emissionszenarien. Dadurch ist eine Überdramatisierung des Klimawandels implizit eingebaut, die in Unkenntnis der in den Modellen verwendeten Szenarien nicht ohne weiteres erkennbar ist.

Ein weiterer Punkt ist, dass die Erwärmungsrate auf einen gegebenen Klimagasgehalt in der Atmosphäre in den im neuen IPCC Bericht verwendeten CMIP6 Modellen im Mittel höher ist, als bei den im alten 2013er Bericht verwendeten CMIP5 Modellen.

Die Ursache hierfür scheint darin zu liegen, dass die neu berechneten Rückkopplungen mit den Wolken in den aktuellen Modellen zu einer höheren Erwärmung geführt haben.

Andrerseits hat sich die Spannweite der von den verschiedenen Modellen berechneten Erwärmung verringert, sodass nicht mehr mit ganz so extremen Erwärmungsraten am oberen Ende gerechnet wird.

Im Hinblick auf Wetterextreme wird folgendes gesagt:

Hitzetage und warme Nächte haben weltweit seit 1950 zugenommen, die Zahl kalter Tage und Nächte hat abgenommen; dies läßt sich sowohl in Europa, Asien und in Teilen Nordamaerikas beobachten.

Die Häufigkeit und Intensität von Starkniederschlägen über den Landflächen der Erde hat wahrscheinlich zugenommen.

Jedoch führen stärkere Niederschläge nicht grundsätzlich zu Überschwemmungsereignissen; hier spielen andere Faktoren auch eine Rolle.

Überschwemmungsereignisse zeigen global keinen eindeutigen Trend; in einigen Regionen haben sie ab- in anderen zugenommen. Deswegen ist die Zuordnung derartiger Ereignisse zur globalen Erwärmung nicht möglich.

Dürren zeigen ebenfalls keine klaren Trends; teilweise auch abhängig von der Dürredefinition (z. B. meteorologische oder landwirtschaftliche Dürre)

Keine Trends in tropischen Wirbelstürmen erkennbar

Ebenfalls keine Trends in tropischen Wirbelstürmen erkennbar, die auf das Landgebiet der USA übertreten (Hinweis Pielke: IPCC ignoriert Studien, in denen längerfristige Trends analysiert werden, die eine generelle Abnahme dieser Wirbelstürme zeigen)

Keine Trends erkennbar in der Stärke und Häufigkeit extratropischer Zyklonen, sprich Tiefdruckgebiete in den mittleren Breiten, wie z. B. in Deutschland und Europa.

Keine Trends erkennbar bei Gewittern, Hagel, Tornados und Blitzeinschlägen

Starkwindereignisse, Sturmhäufigkeit haben in den letzten Jahrzehnten in den meisten bewohnten Gebieten (60°N bis 60°S) abgenommen

Es ist wahrscheinlich, dass die Wetterbedingungen für das Entstehen von Waldbränden in Südeuropa, Teilen von Asien, Nordamerika und Australien zugenommen haben

Vielleicht noch ein Wort zur Zuordnung von Extremwetterereignissen zur globalen Erwärmung.

In der politischen und medialen Klimadiskussion wird häufig jedes Extremereignis dem Klimawandel, sprich dem vom Menschen verursachten Treibhausgasanstieg zugeschrieben, wie kürzlich geschehen bei der Hochwasserkatastrophe in Rheinland – Pfalz.

Dies ist besonders abwegig, wenn keine langfristigen Trends erkennbar sind, wie bei Starkniederschlägen und Hochwasserereignissen in Deutschland. Und wenn ferner aus Aufzeichnungen vergangener Jahrhunderte hervorgeht, dass es in der Vergangenheit teilweise noch extremere Hochwasserereignisse gegeben hat, die mit Sicherheit nicht durch Treibhausgase erklärt werden können.

Zusammenfassende Bewertung:

Der neue IPCC Bericht bringt in einigen Details, vor allem wegen der um einige Jahre verlängerten Datenbasis, neue Erkenntnisse, die die Existenz der globalen Erwärmung untermauern. Dies sind insbesondere die Zunahme heißer Tage und Hitzeperioden im Sommer und die Abnahme kalter Wintertage in Teilen Europas, Nordamerikas, Australiens und Asiens.

Bei den meisten anderen Klimaparametern, die oft in der öffentlichen, besonders der veröffentlichten Diskussion stehen, wie Dürren, Überschwemmungen, Stürme, tropische Wirbelstürme, Tornados, Gewitter etc., sind keine weltweit signifikanten Trends erkennbar.

In einigen Regionen haben sie zu- in anderen abgenommen. Eine Zuordnung einzelner Extremereignisse zum Treibhausgasanstieg ist trotz häufiger gegenteiliger Verlautbarungen aus der Politik und in den Medien ebenfalls nicht möglich.

Die globale Erwärmung seit 2013 ist überwiegend, aber nicht vollständig, dem extremen El Nino Ereignis 2015 – 2016 und dem schwächeren El Nino Ereignis 2018 – 2019 geschuldet.

Aber auch die Nicht – El Nino Jahre 2017 und 2020 waren weltweit ungewöhnlich warm, wenngleich kühler als die El Nino Jahre.

Ein Faktor, der ebenfalls neben dem Treibhausgasanstieg für die rezente Erwärmung eine Rolle gespielt hat, wird vom IPCC nicht detaillierter diskutiert.

Dabei handelt es sich um den in vielen Regionen der Welt beobachteten Rückgang der Wolkenbedeckung bzw. den Anstieg der Sonnenscheindauer seit Ende der 1980er Jahre (“global brightening”)(s. z. B. die Diskussion hier sowie die hier zitierten Arbeiten ), besonders im Sommerhalbjahr. Auch in Deutschland ist die Sonnenscheindauer seit Ende der 1980er Jahre deutlich angestiegen. Als Ursache für den Anstieg der Sonnenscheindauer werden in der Literatur häufig Zirkulationsanomalien genannt, besonders das häufigere Auftreten antizyklonaler Wetterlagen (Hochdruckgebiete), in deren Bereich es zu Wolkenauflösung und sonnigerem Wetter kommt. Hinzu kommen Strömungsrichtungsänderungen von West - Nordwest im Sommer auf Südwest - Süd.

Größenordnungsmäßig ist der Strahlungsanstieg hierdurch in einigen Regionen, wie z. B. in Europa, um ein Mehrfaches höher als der Strahlungsanstieg durch die Zunahme der Treibhausgaskonzentration.

Treibhausgase können deswegen kaum die Hauptursache für den dort beobachteten Temperaturanstieg sein.

An dieser Stelle weist der IPCC Bericht erhebliche Lücken in der Zuordnung der Erwärmung auf unterschiedliche Ursachen auf.

Wenig hilfreich ist auch die Wiederauferstehung der sog. Hockeystickkurve, mit der suggeriert werden soll, dass es in den letzten 2000 Jahren keine Klimaschwankungen gab und dass es erst durch menschliche Einwirkung in den letzten 100 Jahren zu einer drastischen Erwärmung kam.

Diese Einschätzung ignoriert Hunderte Veröffentlichungen, in denen gezeigt wurde, dass sowohl die mittelalterliche Wärmeperiode als auch die kleine Eiszeit real waren (s. dazu auch hier).

Auch an dieser Stelle muss sich das IPCC einige Kritik gefallen lassen.

Die Projektion der zukünftigen Erwärmung ist - neben anderen Faktoren - stark von den verwendeten Treibhausgasemissionszenarien abhhängig. Die meisten Klimamodellrechnungen verwenden das sog. RCP8.5 Emissionsszenario, dass für die aktuellen Modellrechnungen mit den CMIP6 Modellen modifiziert wurde, aber trotzdem völlig unrealistisch ist.

So wird im RCP8.5 angenommen, dass bis 2100 etwa das Doppelte der sicher gewinnbaren fossilen Energievorräte verbrannt werden sollen, dass die CO2 Konzentration mit etwa 1% pro Jahr in der Atmosphäre ansteigt (obwohl der Anstieg in den letzten Jahrzehnten trotz des dramatischen Emissionsanstieges seit dem Jahr 2000 nur bei knapp 0,5% p. a. lag) – ein Szenario, dessen unwahrscheinliches Eintreten deutlicher herausgestellt werden müsste.

Ein weiteres Problem für die Klimamodellierer ist dadurch aufgetreten, dass die aktuellen Modelle im Mittel eine größere Erwärmung projizieren, als die im alten 2013er Bericht verwendeten.

Das muß man als eher ungünstig bezeichnen, da die Klimamodelle bereits mit den alten CMIP5 Modellen eine etwa doppelt so hohe Erwärmung projizieren, wie die beobachtete (s. die Abb. hier und hier ).

Man kann schlecht einen wissenschaftlichen Fortschritt erkennen, wenn die neuen CMIP6 Modelle eine größere Erwärmung projizieren, die noch weiter von den Beobachtungen abweicht, als die alten CMIP5 Modelle.

Die Ursache könnte in der Handhabung der Wolken in den Modellen liegen (s. z. B. hier ).

Diese Feinheiten spielen natürlich in der medialen und politischen Aufarbeitung keine Rolle, denn hier kommt es nur darauf an, eine Rechtfertigungsgrundlage für möglichst harte klimapolitische Massnahmen in der Hand zu haben. Dass die Vorhersagen der Vergangenheit, auf deren Grundlage bereits damals schon harte Massnahmen gefordert wurden, überwiegend nicht eingetroffen sind, ist in der politischen und medialen Diskussion ebenfalls irrelevant. Geht es eigentlich um die "Rettung" des Klimas?

Oder geht es um die Geltendmachung eines Machtanspruches der Grünen Bewegung und um die Abschaffung der verhassten Industriegesellschaft und des kapitalistischen Wirtschaftssystems?