Der schöne Traum von der „Energiewende“



13. März 2012

Jedes Kind liebt ein schönes Märchen und jeder Deutsche träumt den schönen Traum von der „Energiewende“ – weg von Atom und Kohle, hin zu Wind und Sonne.

Ein Jahr ist vergangen seit Erdbeben und Tsunami das japanische Atomkraftwerk in Fukushima zerstört haben, was im durch Erdbeben und Tsunami besonders stark gefährdeten Deutschland zum Beschluss geführt hat, so schnell wie möglich aus der Atomenergie auszusteigen.

Aus der Kohle muss man längerfristig sowieso aussteigen, wegen der Klimakatastrophe.

Und man beschloss, die Stromversorgung Deutschlands langfristig, bis spätestens 2050, nahezu vollständig auf Erneuerbare Energien, besonders auf Sonne, der Deutschen Lieblingsenergie, aber auch auf Wind, umzustellen.

Die Politik folgte damit dem Wunsch der öffentlichen, aber auch vor allem der veröffentlichten Meinung, die in den letzten Jahren nichts unversucht gelassen hat, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass wir weder Kohle noch Atom zur Stromerzeugung brauchen, denn wir haben ja so viel Sonne und so viel Wind und es ist ja überhaupt kein Problem, die gesamte Stromerzeugung auf alternative Energien umzustellen.

Immerhin: Niemand soll sagen, Demokratie in Deutschland funktioniere nicht, denn der Bürger will es, die Politik setzt es um.

Es gibt nur ein kleines Problem dabei: Per demokratischem Beschluss der Parlamente, per Volksentscheid und durch Volkes Wille lassen sich weder die Gesetze der Naturwissenschaft noch die Gesetze der Ökonomie aushebeln, eine Erkenntnis, die sich künftig immer schwerer wird verdrängen lassen.

Einen ersten Schritt haben wir bereits erlebt: Die Bundesregierung hat beschlossen, die Solarstromförderung noch stärker zu kürzen , als ohnehin schon beabsichtigt, was zu wütenden Proteststürmen aus der Solarwirtschaft Anlass gegeben hat, aber auch zur Ablehnung der Pläne in der Öffentlichkeit. Die Deutschen lieben halt ihre Solarenergie zu sehr.
Da wird von Arbeitsplatzverlusten geredet, vom Vorsprung deutscher Technologie, die sich zu einem Exportschlager entwickeln wird. Verschwiegen wird, dass die Solarzellenproduktion weitgehend nach China verlagert wurde, ein chinesisches Unternehmen (Suntech Power) ist der größte Hersteller der Welt. Und die technologische Führerschaft in der zukunftsweisenden Dünnschichttechnologie dürfte wohl eher First Solar innehaben, ein amerikanisches Unternehmen mit Firmensitz in Tempe, einem Vorort von Phoenix im US-Bundesstaat Arizona. Fährt man auf der Autobahn 202 (Exit 6, Priest Dr./Center Parkway) am Firmensitz von First Solar vorbei, einem beeindruckenden Glaspalast, dann kann man nur sagen: Ach wie gut, dass in Deutschland so hohe Subventionen für Solarenergie gezahlt werden, das sichert wenigstens in Phoenix Arbeitsplätze.

Der Aktienkurs von First Solar ist allerdings nach dem deutschen Kürzungsbeschluss nochmals erheblich eingebrochen. Die Short Seller dürften sich eine goldene Nase verdient haben.

Da ist es auch unerheblich, dass die Wirtschaftsforschungsinstitute und Sachverständigen sich die Finger wund schreiben und unablässig auf den ökonomischen aber auch auf den umweltpolitischen Irrsinn hinweisen, den das deutsche System der Förderung erneuerbarer Energien darstellt. Es wird keine einzige Tonne CO2 reduziert, weil die CO2 Emissionen der Stromerzeugung europaweit durch das europäische CO2 Emissionshandelssystem gedeckelt sind. Jede Tonne, die in Deutschland zu hohen Kosten durch Wind und Sonne eingespart wird, eröffnet anderen Emittenten in Europa einen höheren Emissionsspielraum. Im europäischen System kann man gegenwärtig eine Tonne CO2 zu weniger als 10 EUR einsparen, mit Wind dürften die Kosten bei 50 – 80 und durch Sonne bei etwa 200 – 400 EUR liegen.

Was die Öffentlichkeit und die veröffentlichte Meinung ebenso wenig zu begreifen scheint, wie die desaströse Ökonomie der Erneuerbaren, sind deren physikalischen Grenzen.
Strom wird in der traditionellen Elektrizitätswirtschaft immer bedarfsgerecht erzeugt.

Denn Strom kann man nicht speichern. Und es gibt keine Speichertechnologien, die in der Lage wären, die erforderliche Strommenge zu speichern. In den nächsten Jahrzehnten sind auch keine technologischen Durchbrüche absehbar, die dazu in der Lage wären.

Das heißt, die jeweilige Erzeugung richtet sich nach dem jeweiligen Bedarf.
Strom aus Erneuerbaren wird hingegen immer nur dann erzeugt, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht. Auch wenn es rein technisch möglich wäre, in der Jahressumme so viel Strom zu erzeugen wie heutzutage mit traditionellen Kraftwerken (wird wohl nie der Fall sein), wird es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nie gelingen, eine dauerhafte bedarfsgerechte Stromerzeugung und -versorgung mit Erneuerbaren zu realisieren.

Wieso nicht?

Schon mal daran gedacht, wie Solarstrom während der Nachtstunden und während der de facto sonnenscheinlosen Wintermonate November – Februar erzeugt werden soll?

Auch ansonsten kommt es häufig vor, dass die Sonne tagelang nicht scheint, wie beispielsweise zwischen dem 8. und dem 13. März 2012. Auch der Wind macht sich häufig tagelang rar, so z. B. im gerade genannten Zeitraum, in dem eine sonnenscheinlose mit einer windarmen Periode zusammenfiel.
Wo soll dann der Strom herkommen?

Auch wenn ein Teil des Strombedarfs aus Wind und Sonne erzeugt werden kann, wenn entweder der Wind weht oder die Sonne scheint, wird Deutschland wohl nie in der Lage sein, den größten Teil oder gar den gesamten Strombedarf aus Erneuerbaren darzustellen.

Wieso nicht?

Dies hängt mit der geringen Energiedichte und der geringen Leistung der Erneuerbaren zusammen. Die Energiedichte ist die pro Flächeneinheit zufließende oder erzeugte Energie und die Leistung ist die pro Zeiteinheit bereitgestellte Energie. Sollte man vielleicht noch aus dem Physikunterricht wissen.

Was die moderne Industriegesellschaft braucht, ist nicht Energie, sondern Leistung. Einem Stahlwerk oder einer anderen Energie verbrauchenden Industrieanlage nützt es wenig, wenn die Energie, die während eines Tages benötigt wird, nur während einer Woche oder eines Monats verfügbar gemacht würde. Moderne Industrieanlagen laufen Tag und Nacht, 365 Tage im Jahr (2012 auch 366 Tage). Was ist dann während der Nacht und im Winter? (s. auch hier und hier ).
Um eine vergleichbare Strommenge wie ein traditionelles Kraftwerk zu erzeugen, benötigt die Stromerzeugung aus Erneuerbaren ein Vielfaches an Fläche .

Gelegentlich wird durch Erneuerbare mehr Strom erzeugt, als nachgefragt wird. Bei Wind ist dies oft dann der Fall, wenn es während der Nachtstunden einen Sturm gibt. Dann fällt ein Mehr an Erzeugung mit dem täglichen Nachfragetief zusammen. Da der erzeugte Strom aber per Gesetz von den Stromerzeugungsunternehmen abgenommen werden muss, egal, ob Nachfrage besteht oder nicht, wird er oft ins Ausland „verschenkt“, oder besser noch, der Abnehmer wird dafür bezahlt, dass er deutschen Strom aus Erneuerbaren abnimmt.

Eine ähnliche Situation kann im Sommer bei sonnenscheinreicher Witterung auftreten, wenn eine hohe Solarstromerzeugung während des Tages mit einem Nachfragetief zusammenfällt.

Das bedeutet jedoch nicht, dass eine bedarfsgerechte Vollversorgung mit Erneuerbaren technisch möglich ist, weil:

- In der Regel keine ausreichende Überdeckung zwischen Angebot und Nachfrage zu erreichen ist (Intermittierende Erzeugung bis hin zu überhaupt keiner Erzeugung)

- Auch wenn ein großer Teil der verfügbaren Fläche in Deutschland der Erzeugung erneuerbarer Energien gewidmet würde, wäre eine Vollversorgung wegen der Konkurrenz zu anderen Arten der Flächennutzung, wie z. B. Land- und Forstwirtschaft, nicht darstellbar

- Strom lässt sich im Gegensatz zu anderen Energieträgern (wie Kohle, Öl, Gas oder Brennholz) nicht speichern. Deswegen sind Hinweise auf die installierte Leistung und die tatsächlich produzierte Strommenge wenig aussagekräftig, wenn ein Teil des Stroms „am Bedarf vorbei“ produziert wurde, die Photovoltaik- oder Windanlagen aber nicht in der Lage waren, Strom zu produzieren, wenn Bedarf vorhanden war

- Deswegen wird ein Teil des benötigten Stroms immer aus nicht-intermittierenden Quellen erzeugt werden müssen, wenn man eine bedarfsgerechte Vollversorgung aufrechterhalten will

- Das Kostenargument ist hierbei völlig außen vor gelassen worden, ist aber für die Wirtschaft das Entscheidende

In der öffentlichen und vor allem in der veröffentlichten Diskussion will man von alledem nichts wissen. Man hängt vielmehr dem Traum nach, glaubt fest daran, verteidigt seinen Glauben erbittert, die gesamte Stromversorgung ließe sich durch Erneuerbare bedarfsgerecht darstellen – das auch noch zu erträglichen Kosten.

Die Politik folgt dem.

Irgendwann wird die Politik hart auf die naturwissenschaftlichen und ökonomischen Realitäten aufprallen. Und dann werden auch die Medien und die Öffentlichkeit aufwachen.