Gedanken über die Umsetzung der "Energiewende"

19. Januar 2021

Die “Energiewende” ist wohl das ehrgeizigste Projekt der Bundesregierung im Kampf gegen den Klimawandel. Sie wird seit dem Jahr 2000 mit dem EEG finanziert. Es ist für den Bürger sicherlich das bislang teuerste klimapolitische Instrument, das ihn mit ca. 25 – 30 Mrd Europro Jahr belastet, je nach Abgrenzung der Kosten. Und es ist eines der wirkungslosesten Instrumente, da es im Wesentlichen nur die CO2 – freie Kernenergie durch die CO2 - freien Erneuerbaren Wind und Sonne ersetzt.

Auch wenn die Erneuerbaren Energien die fossil gefeuerten Kraftwerke ersetzen würden, würde das nicht zu einer CO2 Minderung führen, die über die im europäischen Emissionshandel EU – ETS festgelegten Minderungen hinausginge, weil die Erneuerbaren parallel zu diesem System gefördert werden. Das EEG und das deutsche System der Förderung des Ausbaus Erneuerbarer Energien ist also aberwitzig, weil es teuer aber wirkungslos ist.

Diese Erkenntnis, die wir hier seit einer Reihe von Jahren verbreiten, setzt sich langsam auch allgemein durch.

Bislang wurde der Bürger über einen Zuschlag zur Stromrechnung für die Finanzierung des Ausbaus der Erneuerbaren direkt zur Kasse gebeten und konnte auf seiner Stromrechnung genau nachlesen, was ihn der Ausbau der Erneuerbaren kostete.

Langsam begriff die Politik, dass beim Bürger Unmut aufkam und beschloss, die jüngste Stufe des Strompreisanstiegs wegen der Förderung Erneuerbarer von 6,8 auf über 9 cents nicht mehr über die Stromrechnung zu finanzieren, sondern aus den Steuereinnahmen durch die Erhebung einer CO2 Steuer ab dem 1. Januar 2021.

Jetzt beginnt eine Diskussion darüber, wie der Ausbau der Erneuerbaren Stromerzeugung grundsätzlich gefördert werden soll; laut Wirtschaftsminister Altmaier soll die EEG Umlage abgschafft werden.

Um sie wodurch zu ersetzen? Eine reine Steuerfinanzierung? 30 Mrd. Euro pro Jahr?

Unabhängig von der Finanzierung der Erneuerbaren durch EEG oder Steuer gibt es einige grundsätzliche Fragen, die sich um den Ausbau der Stromerzeugung aus Erneuerbaren und deren Finanzierung generell bzw um das schlussendliche Ziel der Bundesregierung drehen, 65 Prozent der Stromerzeugung bis 2030 und 100 Prozent bis 2050 darzustellen, bzw um das nun verkündete Ziel, die gesamte Volkswirtschaft bis 2050 total zu de – karbonisieren.

Nämlich grundsätzlich um die Frage, wie ein gesamtgesellschaftliches, politisch gewolltes planwirtschaftliches Ziel innerhalb einer freien (und bei uns auch sozialen) Marktwirtschaft umgesetzt werden kann.

Denn die Aufgabe von Wirtschaftsunternehmen ist es nicht, CO2 zu reduzieren, sondern Geld zu verdienen. Freiwillig wird also kein Wirtschaftsunternehmen CO2 reduzieren, es sei denn, man kann damit Geld verdienen. Wir leben halt in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem, in dem die Profiterzielung das Mass der Dinge ist.

Aus reiner Menschen- oder Klimafreundlichkeit wird also niemand CO2 reduzieren; wer etwas anderes behauptet, lügt entweder, oder er weiß nicht, wovon er redet.

Mit anderen Worten: Die Staatliche planwirtschaftliche Zielvorgabe innerhalb eines Zeitraumes x ein y an CO2 Minderung zu erzielen, beißt sich mit dem kapitalistischen Wirtschaftssystem einer freien Marktwirtschaft.

Mit dem EEG hat der Staat ein Gesetz geschaffen, dass planwirtschaftlich den Ausbau von Erneuerbaren Energien fördert und die Betreiber von Erneuerbaren Energieanlagen so hoch subventioniert, dass mit dem Betrieb dieser Anlagen ein Gewinn erwirtschaftet werden kann. Die Betreiber haben also durch die EEG Förderung des Baus und Betriebs der Anlagen den Anreiz, einen Gewinn zu erzielen.

Dadurch, dass der Betrieb dieser Anlagen nicht nur subventioniert wird, sondern der von ihnen erzeugte Strom vorrangig ins Netz eingespeist werden darf, wird die Erzeugung in traditionellen Kraftwerken, wie Kohle, Gas oder Atom verringert.

Das verringert andrerseits den Gewinn, den die Betreiber dieser Anlagen erwirtschaften können, bis hin zur Situation, dass sie mit diesem Betrieb überhaupt keinen Gewinn mehr erwirtschaften können. Dann liefe die Zwangseinspeisung erneuerbaren Stroms auf eine Teilenteignung der Betreiber traditioneller Anlagen hinaus. In den Worten eines Analysten: Die Energiewirtschaft wird auf dem Altar der Energiewende geopfert.

Diese Anlagen sind teilweise vor 10, 20 oder 30 Jahren vom Betreiber im Vertrauen darauf gebaut worden, dass sie innerhalb eines Jahres ausreichend lange betrieben werden können, um ihre Kosten zu decken – und an sich, um Geld zu verdienen.

Je mehr Erneuerbarer Strom einespeist wird, desto weniger rentiert sich also der Betrieb der traditionellen Erzeugungsanlagen. Auf der andereren Seite erhöht sich der Anreiz für die Betreiber traditioneller Anlagen selbst in Erneuerbare Anlagen zu investieren und die Subventionen zu vereinnahmen.

Die Entscheidung ist eine einfache betriebswirtschaftliche: Womit lässt sich mehr Geld verdienen? Mit dem Betrieb der traditionellen Anlagen oder mit dem Betrieb Erneuerbarer Anlagen inkl. der Vereinnahmung von EEG Förderung? Oder mit beidem zusammen?

Im Jahr 2017 wurde der Finanzierungsmechanismus für Erneuerbare Anlagen umgestellt in dem Sinne, dass nicht mehr eine fixe Prämie pro kWh gezahlt wurde, sondern es fand eine Ausschreibung statt, bei der der günstigste Anbieter von Erneuerbaren Anlagen den Zuschlag erhielt.

Das ergibt wirtschaftlichen Sinn, erhöht aber nicht das Ausbautempo für Erneuerbare Energien, denn viele Anlagen, deren Betrieb sich bei Zahlung einer fixen Prämie gelohnt hätte, lohnen sich auf einmal nicht mehr, weil die Sonne an manchen Standorten nicht ausreichend lange scheint oder der Wind nicht kräftig genug weht.

Der öko – industrielle Komplex durchlief deswegen in den vergangenen Jahren ein Jammertal. Verschärft wurde die Situation noch dadurch, dass jetzt und in den kommenden Jahren viele Erneuerbare Anlagen aus der EEG Förderung, die für 20 Jahre gewährt wird, herausfallen. Ohne EEG Förderung lassen sich diese Anlagen nicht gewinnbringend weiter betreiben.

Die Betreiber dieser Anlagen schlugen ein Klagelied an, das einem das ganze Elend der Erneuerbaren und die Bigotterie ihrer Betreiber vor Augen führte.

Denn erstens kannten die Betreiber von vorneherein die Spielregeln der Förderung ihrer Anlagen: Nach 20 Jahren ist Schluss. Jetzt gefallen ihnen diese Spielregeln nicht mehr und sie wollen sie zu ihrem Vorteil ändern. Das geht im normalen Leben eigentlich nicht.

Zweitens sollten sich diese Anlagen nach 20 Jahren EEG Förderung eigentlich amortisiert haben und in der Lage sein, Strom ohne EEG Förderung zu wettbewerbsfähigen Preisen zu erzeugen. Aber offensichtlich nicht, was ein sehr unangenehmes Licht auf diejenigen wirft – und davon gibt es in der Grünen Szene sehr viele – die behaupten, Erneuerbarer Strom sei bereits heute wettbewerbsfähig mit Kohle oder Atomstrom.

Nein, er ist es offenkundig auch dann nicht, wenn diese Anlagen 20 Jahre lang Subventionen vereinnahmt haben und sich seit langem amortisiert haben müssten.

Das bedeutet im weitergehenden Schluß: Erneuerbare Energien werden wohl ohne Subventionen nie wettbewerbsfähig sein, egal, was an der Grünen Front behauptet wird.

Und das bedeutet ferner:
Wenn die Politik will, dass die Stromversorgung vollständig auf Erneuerbare umgestellt werden müsse, dann kann sie einerseits die Wirtschaft nicht dazu zwingen in etwas zu investieren, womit sich kein Geld verdienen lässt – jedenfalls solange wir noch einen Rest von freier Marktwirtschaft haben.

Und andrerseits muss sie Mechanismen dauerhaft schaffen, mit denen der Ausbau Erneuerbarer finanziert werden kann. Wenn dies mit dem EEG nicht mehr geht, bietet sich in der Tat eine Steuerfinanzierung an, weil die unauffälliger ist und nicht jedermann auf seiner Stromrechnung direkt sehen kann, wie teuer ihn die ganze Sache kommt.

Eine weitere Möglichkeit bestünde darin, die Energiewirtschaft zu verstaatlichen, was fast am einfachsten wäre, denn dann könnte man die unterschiedlichen Belange des staatlich gewünschten Ausbaus der Erneuerbaren mit den Erfordernissen der Aufrechterhaltung einer gesicherten Erzeugung in den Fällen, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, am einfachsten in Einklang bringen.

Dies würde sehr hohe Entschädigungszahlungen erforderlich machen; aber einerseits weiß die Politik damit wegen des Atomausstiegs bereits umzugehen und andrerseits sind wir doch hohe Kosten durch die Energiewende ohnehin gewohnt:
Würden sich die Entschädigungskosten auf mehr als 30 Mrd Euro pro Jahr für nur einige Jahre belaufen?

Eher nicht, wenn man sich die Börsenkapitalisierung der vier großen Energiekonzerne ansieht, die in etwa das Entschädigungsvolumen ausmachen würde. Sie beläuft sich gegenwärtig auf ca. 70 bis maximal 80 Mrd. Euro, für die beiden größten Energieversorger Eon und RWE allein in Summe ca. 50 Mrd. Euro. Auch wenn man kleinere Unternehmen hinzurechnet käme man nicht auf mehr als ca. 100 Mrd Euro, also etwa die Summe, die die Energiewende in drei Jahren verschlingt. Nach heutigen Corona Standards könnte man das fast schon aus der Portokasse bezahlen.

Wir hatten hier vor einigen Jahren schon einmal in diesem Sinne argumentiert, weil die Quasi – Verstaatlichung der Energiewirtschaft durch die Förderung der Erneuerbaren und der Zwangseinspeisung von Ökostrom auf halben Wege bereits erfolgt ist – nur sagt es niemand so offen.

So wie es jetzt aussieht, bewegt sich die Stromversorgung im Spannungsfeld der Förderung der Erneuerbaren und der Aufrechterhaltung der traditionellen Erzeugung durch die gewinnorientierten Energiekonzerne in einem undurchdringlichen regulatorischen und fördertechnischem Gestrüpp, das durch die Novellierung des EEG 2021 noch um einiges undurchschaubarer geworden ist, ohne dass erkennbarer und absehbarer geworden ist, wie der Ausbau der Erneuerbaren zu vertretbaren Kosten vorangetrieben werden und die Versorgungssicherheit vor dem Hintergrund der Abschaltung der Kernkraft- und Kohlenkraftwerke aufrecht erhalten werden kann.

Die wahrscheinlichste Option dürfte im Bau von Erdgaskraftwerken liegen - zumindest für einige Jahre, bis die Grünen auch das bis spätestens 2040 verbieten. Aber bis dahin brauchen wir wohl das Erdgas aus der Nordstream 2 Pipeline. Die Bundesregierung braucht also dringend die Nordstream 2 Pipeline zur Absicherung der Energiewende.

Die Klimapolitik hat die Energiepolitik in ein tiefes Chaos gestürzt, aus dem es kurzfristig kein Entrinnen zu geben scheint.