Wird´s noch mal Sommer dieses Jahr?



7. Juli 2012


Der Sommer 2012, d. h. der meteorologische Sommer, der am 1. Juni 2012 begann, verlief bislang recht enttäuschend: Überwiegend wolkig und regnerisch, wenn auch nicht sehr kalt; immerhin gab es vor allem im Osten Deutschlands doch eine Reihe von warmen Tagen, sogar einige heiße Tage mit Höchsttemperaturen von 30°C oder mehr waren mit dabei. Trotzdem aber kein Badewetter mit viel Sonne; stattdessen immer wieder Wolken mit Schauern und Gewittern, teilweiser länger andauernd.

Frage: Wie soll´s denn werden in den nächsten Tagen und Wochen? Besteht noch einmal Aussicht auf eine stabile Hochdruckwetterlage mit viel Sonne und warmen Tagen?

Antwort: In den nächsten Tagen bis Mitte Juli eher nicht; im Gegenteil zeigen die weiterführenden Vorhersagekarten aller großen Wetterdienste in den nächsten Tagen einen Umschwung von der gegenwärtigen feucht-warmen Wetterlage zu einer feucht-kühlen Wetterlage, bei der es praktisch überall in Deutschland mindestens einmal täglich regnen soll, entweder kurzzeitig oder länger andauernd.

Also miese Aussichten für Urlauber und Badefreudige, aber auch für die Landwirtschaft, die endlich trockenes Wetter für die Getreideernte braucht.

Wie sind die generellen Aussichten nach Mitte Juli?

In der Meteorologie gibt es einige statistische Regeln, mit denen man den Witterungscharakter des Hochsommers vorher zusagen versucht. Eine von jenen ist die Regel 64 des Klima- und Witterungsforschers Franz Baur, die besagt, dass in Mitteleuropa ein generell trockener Hochsommer erwartet werden kann, wenn zwischen dem 6. und 11. Juli im Rahmen einer Hochdruckwetterlage über Mitteleuropa der Luftdruck über 1020 mb liegt. Nun haben wir zwar erst den 7. Juli, aber alle Vorhersagekarten zeigen, dass bis zum 11. Juli der Luftdruck unter 1020 mb liegen wird, sodass man davon ausgehen muß, dass die Vorbedingungen dieser Regel nicht eintreffen werden.

Allerdings gilt nicht der Umkehrschluss dieser Regel, nämlich dass ein feuchter Hochsommer folgt, wenn die Vorbedingungen nicht gegeben sind.

Was ist die Ursache der gegenwärtigen feuchten und warmen Witterung?

In meteorologischer Parlance sind es quasi-stationäre Tiefdruckgebiete über dem Ostatlantik, der Biskaya und Westeuropa, an deren Vorderseite feuchte und warme Luft nach Mitteleuropa verbracht wird und die hier durch Tiefdruckeinfluss angehoben wird, wodurch Wolken und Niederschlagsbildung einsetzt, meist an der Grenze zwischen der Heißluft über dem Osten und der etwas kühleren, aber feuchteren Luft im Westen.

In den letzten Jahren hat es allgemein im Sommerhalbjahr eine zunehmende Tendenz zu Tiefs über dem Ostatlantik gegeben, was eine der Hauptursachen für die Erwärmung Mitteleuropas war.

Witterungsanomalien in den mittleren Breiten, zu denen auch Deutschland zählt, werden generell durch Verschiebungen (Phase, Amplitude, Zahl) in den sog. planetarischen Wellen verursacht.
Die mittleren Breiten sind durch eine Westwindströmung charakterisiert, die jedoch nicht gleichförmig von West nach Ost läuft, sondern wellenartig, wobei manchmal die Wellenberge und -täler höher und breiter, manchmal weniger hoch und schmaler sind. Manchmal bewegen sich die Wellentäler (Tiefs) (oder Wellenberge, Hochs) rasch von West nach Ost, manchmal verharren sie längere Zeit an Ort und Stelle.
Dann spricht man von stationären planetarischen Wellen. Entscheiden für unser Sommerwetter ist dann, wo eine dieser Wellen stationär ist, d. h. welche Phase sie hat.

Wichtig ist ferner, wie viele Wellen es gibt, das heißt die Wellenzahl. Gibt es z. B. fünf Wellen um einen Breitenkreis herum (360°), beträgt die Wellenzahl 5. Gibt es sechs, beträgt sie 6 usf. D. h. tritt z. B. ein Wellental einer Welle 5 bei etwa 0° westlicher Länge auf, ist das nächste Wellental bei 360/5 = 72° westlicher Länge, der nächste Wellenberg bei 72/2 = 36° westlicher Länge (mitten über dem Atlantik) und der darauf folgende bei 72°+ 36° = 108° westlicher Länge (über den Rocky Mountains).

Wellentäler gehen mit Tiefs einher und Wellenberge mit Hochs, die im Sommer heißes und trockenes Wetter verursachen.

Aus den Medien wissen wir, dass die USA gegenwärtig von einer außergewöhnlichen Hitzewelle heimgesucht werden. Diese Hitzewelle geht mit einem Wellenberg (Hoch) der planetarischen Wellen über den zentralen Teilen der USA einher.
Eine Analyse der planetarischen Wellen zeigt, dass dieser Wellenberg Teil einer Welle 5 ist, die mit einem Wellental (Tief) bei etwa 0° westlicher Länge, also Westeuropa einhergeht.

Die Analyse vergangener Hitze- und Dürresommer in den USA, wie z. B. 1954, 1956, 1988 und 1993 zeigt zudem, dass diese meist mit einer Welle 5 (Wellenberg über den mittleren Teilen der USA) und einem Wellental über Westeuropa verbunden waren.
D. h. Hitzesommer in den USA sind tendenziell Regensommer in Mittel- und Westeuropa (siehe hierzu u. a. Jerome Namias, 1979, CALCOFI ATLAS No. 27, Northern hemisphere seasonal 700 mb height and anomaly charts, 1947 – 1978 and associated North Pacific sea surface temperature anomalies).

Hitzesommer in den USA weisen eine relativ hohe Beständigkeit auf, will heißen, wenn es einmal ungewöhnlich heiß ist, dauert es auch noch eine Weile an.
Deswegen würde es kaum überraschen, wenn diese Hitzewelle, die mit einer planetarischen Welle 5 einhergeht, noch weiter andauert und mit ihr das Wellental dieser Welle über Westeuropa und das eher wechselhafte und niederschlagsreiche Wetter bei uns.

Die weiteren Aussichten für den Sommer sind also nicht berauschend.

Einziger Hoffnungsschimmer: Ende Juli/Anfang August kommt es nach zuvor regnerischen und auch kühlen Sommern oft zu einem Witterungswechsel, wie z. B. in den Jahren 1980, 1984 oder 2004.