Deutschlands klima- und energiepolitischer Amoklauf

5. Dezember 2014

Ende November/Anfang Dezember ist traditionell immer die Zeit, in der die UN Weltklimakonferenzen stattfinden – und so auch die Zeit, in dem die Klimapoltitik in Deutschland und anderswo sich bemüssigt fühlt, ein „deutliches Signal“ an die Klimaverhandlungen zu senden, dass man bereit ist, noch mehr zu tun als in der Vergangenheit, um die „Klimakatastrophe“ abzuwenden.

So kam in Deutschland endlich mal wieder das Umweltressort zu Wort, nachdem noch kurz zuvor Wirtschaftsminister Gabriel die Rolle der konventionellen Kraftwerke bei der Sicherung der Stromversorgung unterstrichen hatte.

Aber das war gestern, heute musste man dann Einigkeit dabei demonstrieren, die Rolle der fossilen Kraftwerke bei der Sicherung der Stromversorgung Deutschlands weiter zurückzudrängen, um klimaideologische Ziele zu erreichen, obwohl durch zusätzliche CO2 Minderungen im Kraftwerksbereich exakt Null Tonnen CO2 zusätzlich eingespart werden, was natürlich Sigmar Gabriel genau weiß – er hat es gerade kurz zuvor selbst verdeutlicht .

Um die zusätzlichen Minderungen von ca. 20 Mio. t im Kraftwerksbereich zu erzielen, will er in 2015 einen Gesetzesentwurf vorlegen. Wie sich die Welt innerhalb weniger Tage ändern kann; das ist halt Politik.

Die Bundesregierung hat ein Klimaschutzpaket beschlossen, mit dem das Ziel einer 40%igen CO2 Minderung bis 2020 gegenüber 1990 erreicht werden soll. Mit den bisherigen Massnahmen könne dieses Ziel nicht erreicht werden, es fehlen ca. 60 Mio t CO2.

Das Paket enthält einen bunten Strauß von Massnahmen, die fast alle Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft treffen, und damit schlussendlich die Bürger, die das alles bezahlen müssen.

An dieser Stelle soll davon abgesehen werden, die einzelnen Punkte dieses „Klimapaketes“ genauer zu analysieren.

Sondern nur einige grundsätzliche Anmerkungen:

1. Die Verschärfung der Klimapolitik und das Beharren auf dem klimaideologischen Ziel einer 40%igen CO2 Minderung bis 2020 bei gleichzeitigem Ausstieg aus der Kernenergie reißt die energiepolitischen Gräben immer tiefer auf und gefährdet eine sichere Energieversorgung Deutschlands zu bezahlbaren Preisen.

Hierzu trägt der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien mit dem Finanzierungs- (und Subventionierungs-) instrument des EEGs, mit dem Erneuerbarer Strom zwangsweise in das Stromnetz eingespeist wird, egal, ob dafür gerade Bedarf besteht, oder nicht, die Hauptverantwortung.
Erneuerbarer Strom verdrängt in diesen Situationen den konventionellen Strom aus Kern- oder Kohlekraft. Dadurch wird weniger traditioneller Strom erzeugt und verkauft, weswegen konventionelle Kraftwerke weniger als früher verdienen und teilweise sogar Verluste machen, weil der Stromerlös nicht mehr die Betriebs- und Kapitalkosten dieser Kraftwerke deckt.
Kraftwerksbetreiber sind beim Bau ihrer Anlagen vor 10, 20 oder 30 Jahren davon ausgegangen, dass sie ihre Anlagen im Jahr eine gewisse Anzahl von Stunden betreiben können und müssen, um wirtschaftlich zu sein.
Wenn das wegen der Zwangseinspeisung von erneuerbaren Strom nicht mehr der Fall ist, sind viele Anlagen nicht mehr ausgelastet und sind nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben.

In dieser Situation, in der konventionelle Kraftwerke nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben sind, befindet sich offenbar der Stromkonzern E.on und hat beschlossen, sein traditionelles Stromerzeugungsgeschäft (das keine Gewinne mehr abwirft) zu veräußern .

Nun fragt man sich: Wer ist bereit ein Unternehmen käuflich zu erwerben, das Verluste macht, dessen Betriebskapital teilweise (Kernkraftwerke) bis 2022 auf Null entwertet wird, und dessen Ertrag auf der fossilen Kraftwerksseite weiter abnehmen wird wegen des voranschreitenden Ausbaus der erneuerbaren Energien?
Auch wenn die Unternehmensschulden der traditionellen Kraftwerkssparte in Höhe von 31 Mrd. EUR von der neuen E.on übernommen werden, wird ein potentieller Käufer genau prüfen müssen, unter welchen Randbedingungen und zu welchem Kaufpreis er den traditionellen Kraftwerkspark wirtschaftlich betreiben kann.
In einer „normalen“ freien Wirtschaft geht ein Unternehmen, das Verluste macht, irgendwann pleite. Hier ist die Situation aber anders. Man braucht die E.on (und andere traditionelle) Kraftwerke zur Sicherung der Stromversorgung in den Situationen, wenn Wind und Sonne nicht ausreichen, um den Strombedarf Deutschlands zu decken, was zu 80 – 90 % der Zeit der Fall ist. Nachts und im Winter scheint die Sonne nicht, und es ist auch häufig windarm.

Der Politik scheint das offenbar gleichgültig zu sein, sie macht sich allenfalls darüber Sorgen, ob die Kernkraftwerke nach 2022 ordnungsgemäß rückgebaut werden. Das ist absolut schlimm.
Sie scheint noch nicht erkannt zu haben, was es für die Energieversorgung Deutschlands bedeuten würde, wenn ein privatwirtschaftlicher Betreiber von Kraftwerken die privatwirtschaftliche Entscheidung treffen würde, seinen Laden dichtzumachen, weil er keine Gewinne mit der traditionellen Stromerzeugung mehr erwirtschaftet, was die Konsequenz wäre, wenn er keinen Käufer für diese Anlagen finden würde, oder wenn der Käufer sich verkalkulieren und Pleite gehen würde.
Ein energiepolitisches Chaos ist vorprogrammiert aber schlussendlich konsequent. Denn die Politik hat mit der „Energiewende“ massiv in die privatwirtschaftliche Organisation der Stromerzeugung eingegriffen und muss nun die Konsequenzen ausbaden, wenn einige Stromerzeugungsunternehmen in diesem Umfeld keine Gewinne mehr machen, sich aus dem Markt zurückziehen und die Energieversorgung Deutschlands insgesamt gefährdet ist.

2. Das Energieversorgungsunternehmen E.on sucht nach Abspaltung seiner tradtionellen Kraftwerke nun sein alleiniges Heil beim Ausbau erneuerbarer Energien. Das geht gut, solange das politische Umfeld stimmt, sprich solange Subventionen abgegriffen werden können, die einen Gewinn mit Investitionen in erneuerbare Energien garantieren. Das ist zwar in Deutschland wegen der Finanzierung durch das EEG teilweise der Fall (aber nicht immer ), aber nicht im Ausland, wo völlig andere Subventionierungsmechnismen greifen (wenn sie denn überhaupt vorhanden sind).

Bei allem Enthusiasmus für Erneuerbare ist es vielleicht nicht uninteressant darauf hinzuweisen, dass das amerikanische Unternehmen Google (die Suchmaschine) sich von Erneuerbaren verabschiedet hat, weil das an sich sehr grüne und an vorderster technologischer Front stehende Unternehmen erkannt hat, dass Erneuerbare Energien die fossilen gegenwärtig nicht ersetzen können und das dies erst dann der Fall sein wird, wenn Erneuerbare kostengünstiger als fossile Energien sind. Und wenn sie eine bedarfsgerechte Versorgung darstellen können, mag man hinzufügen.

3. Um die klimaideologischen Ziele zu errreichen, wird der Ausbau der Erneuerbaren, besonders der Windenergie an Land, ungehemmt weiter vorangetrieben. Auch die letzten Schamgrenzen scheinen dabei zu fallen. Windkraftanlagen werden jetzt bereits in Landschaftsschutzgebieten und dicht an Wohngebieten errichtet.
Die Absurdität dieser sog. Klimaschutzpolitik, die Natur und Landschaft zerstört, für das Klima aber noch nicht einmal auf dem Papier was bringt, wird für viele Bürger immer deutlicher erkennbar. Der Widerstand gegen diesen Irrsinn wächst.

4. Ziel des von der Bundesregierung am 3. Dezember 2014 verkündeten Klimapaketes ist die Mobilisierung von Massnahmen zur zusätzlichen Einsparung von ca. 60 Mio t CO2, um das Ziel einer 40%igen CO2 Minderung bis 2020 zu erreichen.
Das eigentliche Problem wird jedoch nicht darin bestehen, zusätzlich zu irgendwelchen in der Vergangenheit verkündeten Minderungspfaden 60 Mio. t CO2 bis 2020 zu mindern, sondern grundsätzlich ca. 200 Mio t ausgehend vom heutigen Stand.
Deutschland hat ausgehend von 1990 (ca. 1000 Mio. t CO2) bis heute (letzte Zahlen 2013) seine CO2 Emissionen um ca. 200 Mio t auf ca. 800 Mio t reduziert, was etwa 20% entspricht.
Eine 40%ige Minderung gegenüber 1990 bis 2020 würde einer Emission von ca. 600 Mio t entsprechen, einer Minderung gegenüber heute (Zahlen von 2013) von ca. 25%.

Man mag sich daran erinnern, dass 1990 das erste CO2 Minderungsziel Deutschlands verkündet wurde, nämlich die Emissionen gegenüber 1990 bis 2005 um 25% zu mindern.
Immerhin hat man sich seinerzeit dafür 15 Jahre Zeit gegeben und nicht nur fünf. Die CO2 Emissionen sind bis 2005 auch gesunken, aber nicht um 25%, sondern nur um knapp 20%.
Grossen Anteil daran hatte die Abwicklung der ehemaligen DDR Industrie, die Braunkohlen basiert war. Braunkohle emittiert pro Energieeinheit etwa 20% mehr CO2 als Steinkohle, ca. 50% mehr als Öl und doppelt soviel wie Erdgas.

Diesen DDR- Dekarbonisierungsbonus wird Deutschland bis 2020 nicht noch einmal haben. Seit 2005 sind die CO2 Emissionen nur geringfügig gesunken, seit 2010 tendenziell sogar wieder leicht gestiegen.

Eine 25%ige CO2 Emissionsminderung gegenüber heute wird es in Deutschland bis 2020 nicht geben, egal, was behauptet, gefordert, an Klimaprogrammen oder –paketen verkündet, oder sonst wie „auf den Weg gebracht“ wird.

Ich biete hiermit jemandem, der anderer Aufassung ist, eine Wette über EUR 1000 an. Wenn Deutschland seine CO2 Emissionen bis 2020 gegenüber heute (Zahlen von 2013) um 25% auf 625 Mio t reduziert (- 40% gegenüber 1990), verliere ich 1000 EUR, wenn weniger reduziert wird, gewinne ich 1000 EUR.


Any takers out there?

Vielleicht ist Wirtschaftsminister Gabriel oder Umweltministerin Hendricks ja bereit, diese Wette anzunehmen.