Februar 2021: Monat der Extreme

6. März 2021

Heute ist der 6. März 2021. Ich schaue aus dem Fenster und sehe, wie schon am 4. März, dass heute ein perfekter Tag für die Erneuerbaren Energien ist. Es ist düster, kein Lüftchen rührt sich. Keine Solarenergie, keine Windkraft.

Aber wir wissen ja aus vielen Verlautbarungen Grüner Energieideologen, dass die Erneuerbaren Grundlastfähig sind, also zu jeder Zeit mindestens den Strom liefern können, den das Industrieland Deutschland immer braucht. Von der Spitzenlast ganz zu schweigen.

Heute würde also alles zusammenbrechen, wenn man nur auf Erneuerbare setzen würde: Kein Zug fährt, keine Industrieproduktion, kein Fernsehen, kein Internet, keine Heizung (die Öl- und Gasbrenner werden mit Strom betrieben), kein eAuto aufladen, kein Tanken (die Pumpen der Kraftstoffsäulen werden mit Strom betrieben), keine Geldautomaten, kein Einkaufen (die Kassen sind alle elektrisch) usw.

Willkommen in Deutschlands Grüner Energiezukunft!

Aber Spaß beiseite. Heute soll es um etwas anderes gehen, nämlich um ein meteorologisches Thema: Den Februar 2021, ein Monat der Extreme.

Ähnlich wie zuletzt im Jahr 2012 war die erste Februarhälfte extrem kalt; in Teilen Norddeutschlands wurden Temperaturen von unter – 20°C gemessen. Begleitet wurde die extrem Kälte von Schneemassen, die tagelang den Verkehr lahmlegten.

Dann kam es nach Mitte Februar zu einem drastischen Wetterumschwung und einer kräftigen Erwärmung, bei der auch in Norddeutschland für die Jahreszeit extrem hohe Temperaturen von um oder knapp unter 20°C gemessen worden.

Sogar ein neuer Rekord wurde aufgestellt: Noch nie in der deutschen Witterungsgeschichte wurde innerhalb von sieben Tagen an einer Wetterstation ein so hoher Temperaturanstieg gemessen, wie in diesem Februar, nämlich in Göttingen ein Anstieg von 41,9°C von -23,8° auf 18,9°C. Der Monat Februar insgesamt war in Deutschland wegen der extremen Wärme in der zweiten Monatshälfte sogar etwas zu warm.

Natürlich kam automatisch die Frage auf, wie die Kältewelle mit der globalen Erwärmung bzw. mit dem Klimawandel zusammenhängt.

Grundsätzlich lässt sich dazu sagen, dass eine einzelne Kältewelle an sich nicht die Theorie der globalen Erwärmung widerlegt, genausowenig wie eine einzelne extreme Hitzewelle ein Beweis für diese Theorie ist. Entscheidend sind die langfristigen Trends. Abweichungen nach oben oder unten in einzelnen Monaten oder sogar Jahreszeiten und ganzen Jahren sind natürliche Schwankungen um diesen Trend herum.

Ein interessanter Aspekt , der seit einer Reihe von Jahren diskutiert wird ist, dass wegen der stärkeren Erwärmung der Arktis der Temperaturgradient zwischen den mittleren und hohen Breiten verringert wird, was zu einer Abschwächung der Westströmung in den mittleren Breiten und zu einem häufigerem Auftreten von sogenannten Blockierungs Wetterlagen über Europa (und auch in Nordamerika) führern könnte.

Kältewellen über Europa gehen sehr häufig mit diesen Wetterlagen einher. Dabei kehren sich die normalen Zirkulationsmuster über dem Atlantik und Europa um, sodass im Raum Island – Grönland statt eines Tiefs ein Hochdruckblock auftritt, der häufig von Nordost Kanada über Grönland und Island bis in die europäische Arktis und nach Nordrussland reicht.

Südlich davon ziehen die Tiefdruckgebiete weit südlich von ihrer normalen Zugbahn über die Azoren, die Iberische Halbinsel ins Mittelmeer und weiter in Richtung Naher Osten. Diese Zirkulationsmuster werden häufig auch als “Low Index” Wetterlagen bezeichnet.
Man spricht in diesem Zusammenhang manchmal auch von negativen Phasen der sog. North Atlantic Oscillation NAO oder Arctic Oscillation AO bzw. negativen Phasen des NAM, des "Northern Annular Mode"

Bei derartigen Wetterlagen kommt der Mittelmeerraum in den Genuss von ergiebigen Niederschlägen und Mitteleuropa gerät in den Zustrom von arktischen Kaltluftmassen aus Norden, Nordosten oder Osten (russische Polarluft, “Liebesgrüße aus Moskau” ).

Ein zusätzlicher Aspekt wurde nun auch noch diskutiert. In der Stratosphäre (in ca. 10 – 40 km Höhe), der Atmosphären Schicht oberhalb der Troposphäre (0 – 10 km Höhe), die in den Polarregionen im Winter extrem kalt ist (im Bereich des sog. Polarwirbels, auch als “polar vortex” bezeichnet), kommt es gelegentlich zu einer plötzlichen drastischen Erwärmung, durch die der Polarwirbel zerfällt. Da der "polar vortex" normalerweise von einem kräfigen Westwindband umgeben ist, zerfällt auch diese Westwindströmung nicht nur in der Stratosphäre, sondern auch in der für unser Wetter maßgeblichen Troposphäre.

Diese plötzlichen Stratosphärenerwärmungen wurden erstmals im Jahre 1952 vom damaligen Direktor des Meteorologischen Instituts der FU Berlin, Richard Scherhag, in Berlin entdeckt und auch als “Berliner Phänomen” bezeichnet.

Durch den Zusammenbruch der Westwindströmung können sog. Low Index Wetterlagen mit blockierenden Hochdruckgebieten über der europäischen Arktis häufiger auftreten und bei uns zu extrem kalten Winterwetter führen.

Eine derartige plötzliche Stratosphärenerwärmung ist Anfang Januar 2021 aufgetreten und wird mitverantwortlich gemacht für die extrem kalte Witterung Anfang Februar.

Einige Forscher argumentieren, dass durch die vom Menschen verursachte Erwärmung plötzliche Stratosphärenerwärmungen häufiger und demzufolge auch kalte Winter häufiger werden könnten – so wie bereits in der Vergangenheit argumentiert wurde , durch die sog. Arctic Amplification, also die stärkere Erwärmung der Arktis im Vergleich zu den mittleren Breiten, käme es zu einer Abschwächung des Westwindbandes und häufigeren Blockierungswetterlagen mit Kälteepisoden in Europa.

Mit dieser Theorie gibt es jedoch gleich mehrere Probleme.

Das erste Problem ist, dass in Mitteleuropa die Häufigkeit sehr kalter Winter in den vergangenen Jahrzehnten deutlich abgenommen hat – egal, ob Arctic Amplification oder plötzliche Stratosphärenerwärmungen zugenommen haben oder nicht. Die letzte extrem kalte Witterungsperiode ist im Februar 2012 aufgetreten, davor im Dezember und Januar 2010 und davor im Dezember 1996. In den 1980er Jahren waren Dezember 1981, Januar und Februar 1985, Februar 1986 und Januar 1987 extrem kalt. In den 1970er Jahren waren lediglich der Januar 1979 und der Dezember 1970 teilweise sehr kalt.

Das zweite Problem ist, wie hier beschrieben, dass die Auffassung, plötzliche Stratosphärenerwärmungen hätten zugenommen, nicht aufrecht erhalten werden kann, wenn man den gesamten vorhandenen Beobachtungszeitraum zugrunde legt und nicht nur die Zeit seit 1990.

Das dritte Problem ist, wie u. a. hier dargelegt, dass Blockierungswetterlagen und Wetterlagen, in denen die Amplitude der Wellen im Westwindband über Europa größer geworden ist, in den vergangenen Jahrzehnten nicht häufiger geworden sind. Im Gegenteil haben zonale Strömungsformen zugenommen. Die Arctic Amplification hat in den mittleren Breiten keine Auswirkungen, die über die natürliche Schwankungsbreite des Klimas hinausgehen.

Auch ein Blick in die Witterungsgeschichte vor 1980 zeigt, dass im Winter sog. Low Index Zirkulationsformen mit blockierenden Hochdruckgebieten im Raum Nordostkanada, Grönland, Island, europäisches Nordmeer und Nordrussland früher deutlich häufiger waren als in den vergangenen 20 Jahren. Beispiele hierfür sind die Winter 1947, 1954, 1956, 1960, 1963, 1964, 1965, 1966, 1968, 1969, 1977, 1978 und 1979 (Ausweislich der monatlichen Klimaberichte und Kartenmaterials des Meteorologischen Instituts der FU Berlin).

Das vierte Problem ist thermodynamischer Natur und hängt mit der Treibhaustheorie zusammen. Der Treibhaustheorie zufolge erwärmt sich das untere Stockwerk der Atmosphäre, die Troposphäre, das heißt die unteren 0 – 10 km.
Aus thermodynamischen Gründen muss sich dann im Ausgleich das obere Stockwerk, die Stratosphäre in 10 – 40 km abkühlen.
Denn der Treibhauseffekt verändert nicht den Gesamtenergiefluß zur Erde, der kommt von der Sonne und ist in etwa, aber nicht vollständig, konstant.
Was sich ändert durch den Treibhauseffekt ist die vertikale Temperaturverteilung.

Wenn sich die Stratosphäre in den Polarregionen abkühlt durch den Treibhauseffekt, wird der Polarwirbel intensiver und zudem sollten plötzliche Stratosphärenerwärmungen auch seltener werden, weil der allgemeine Abkühlungstrend dort plötzlichen Erwärmungen entgegen wirkt.

Zu guter Letzt sollte man noch einen genaueren Blick auf die Aussage werfen, dass sich die Arktis stärker erwärmt hat, als die mittleren Breiten. Das ist richtig, wenn man die untere Troposphäre bis in etwa 5 km Höhe betrachtet.

In der oberen Troposphäre , in etwa 8 – 9 km Höhe, dort wo die Starkwindbänder entlanglaufen, hat sich die Arktis nicht erwärmt, sondern eher etwas abgekühlt. Ein Grund dafür ist, dass die arktische Stratosphäre im Winter teilweise bis in diese Höhe von oben hinunter reicht, weswegen sich dann die stratosphärische Abkühlung auch in dieser Höhe bemerkbar macht.

In den mittleren Breiten hingegen reicht die Erwärmung bis in die obere Troposphäre ( hier dargestellt im 300 hPa Niveau, ca. 9 km ), weswegen sich dann in dieser Höhe der Temperaturgradient zwischen den mittleren und den hohen Breiten im Winter eher verschärft, was zu einer Verstärkung des Westwindbandes in der oberen Troposphäre führt.
Auch dies sollte den Polarwirbel eher stärken und einem Zusammenbruch des Polarwirbels im Zuge der globalen Erwärmung entgegenwirken.

Zusammenfassend gibt es keine überzeugenden Argumente dafür, dass Stratosphärenerwärmungen, Polarwirbelzusammenbrüche und in unseren Breiten Kältewellen - ausgelöst durch die globale Erwärmung - häufiger geworden sind oder künftig häufiger werden.

Kältewellen ausgelöst durch blockierende Wetterlagen und Polarwirbelzusammenbrüche waren in den Jahrzehnten vor 1990 wesentlich häufiger als in den vergangenen 30 Jahren.

Die unmittelbare Aufeinanderfolge einer extremen Kältewelle und einer extremen Wärmeperiode im Februar 2021 ist Ausdruck der natürlichen Klimavariabilität – wenn auch in der Tat sehr aussergewöhnlich.