Habecks Industriestrategie: Durchsetzung klimaideologischer Ziele und der “Großen Transformation”11. Februar 2024Ende Oktober 2023 hat Klima- und Wirtschaftsminister Robert Habeck seine Industriestrategie für Deutschland vorgestellt. Diese Strategie ist ua bereits hier und hier kritisch analysiert worden. Nachfolgend sollen die wesentlichen Punkte dieser Strategie herausgegriffen und kommentiert werden. Im Vorwort hat Habeck die grundlegenden Leitlinien für diese Industriestrategie dargelegt. Dort heißt es ua: • Die Transformation zur Klimaneutralität und die damit verbundene Erneuerung unseres Wohlstandes birgt mittel- und langfristige Chancen, verursacht im Übergang aber auch große Anstrengungen und Kosten für die Industrie und ihre Beschäftigten. Schließlich haben sich die Standortbedingungen bereits über eine lange Zeit auch deshalb verschlechtert, weil notwendige Reformen und Investitionen ausgeblieben sind: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien wurde vernachlässigt…etc • Ich bin mir sicher: Wir können und wir werden den Industriestandort wieder stärken und so unseren Wohlstand erneuern • Diese Bundesregierung hat seit ihrem Amtsantritt die Industrie in das Zentrum ihres Handelns gestellt: Wir haben die Bremsen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien gelöst • Wir haben ein umfassendes Paket zur Dekarbonisierung der deutschen Industrie auf den Weg gebracht. Wir haben die Einwanderung von Fachkräften erheblich erleichtert. • Dies dient zwei Zielen: Der Erneuerung von Wohlstand und Wohlstandsteilhabe und der Stärkung der deutschen und europäischen Wirtschaftssicherheit unter den Bedingungen von Zeitenwende und Klimakrise. Habeck führt in den nachfolgenden Kapiteln B, C und D eine Art Bestandsaufnahme der Situation der deutschen Industrie durch, in der er auf die verschiedenen Punkte Wettbewerbsfähigkeit, Energieversorgung, Rohstoffversorgung, Bürokratie, Steuern, Fachkräftemangel etc eingeht. Besonderen Raum nehmen die nachteiligen Auswirkungen des russischen Einmarschs in die Ukraine auf die Energiepreise für die Industrie ein, die zwischen 2021 und 2023 zu einem drastischen Produktionseinbruch von knapp 20% in der energieintensiven Industrie geführt haben. Die Energiepreisproblematik sei aber nicht nur das Resultat des russischen Einmarschs in die Ukraine, sondern auch: “die Folge eines doppelten Fehlers der Energiepolitik der letzten zehn Jahre: der – trotz zahlreicher Warnungen – immer stärkeren Abhängigkeit von russischen Gasimporten und des mangelhaften Bemühens um einen schnelleren Ausbau Erneuerbarer Energien". Habeck verschweigt an dieser Stelle, dass einer der Hauptgründe für den starken Strompreisanstieg der letzten Jahre der von den Grünen geforderte und durchgesetzte Atomausstieg war, durch den die günstigste Form der Stromerzeugung sukzessive aus dem Markt genommen wurde, nämlich die Kernenergie. Er stellt ferner die Konkurrenzsituation der deutschen Industrie gegenüber China dar, besonders mit High – Tech Produkten, aber auch bei der Produktion von Photovoltaikzellen, bei denen China einen Marktanteil von ca 90% hat. Die größte Herausforderung sei aber: Zitat: …. die Erneuerung unseres Wohlstandes in Antwort auf die planetaren Grenzen, allen voran auf die Klimakrise. Mit rund einem Fünftel der in Deutschland ausgestoßenen Treibhausgasemissionen ist der Industriesektor dabei ein zentrales Handlungsfeld…. Die Transformation zur Klimaneutralität fordert die Industrie in mehrfacher Hinsicht umfassend heraus….. Die Transformation ist mit großen Chancen verbunden – auf eine Erneuerung unserer industriellen Basis und ihres Wohlstandes ohne Klima- und Umweltzerstörung, auf neue Produkte und Märkte, auf zukunftsfeste Arbeitsplätze…. Zugleich geht sie mit erheblichen Anstrengungen und auch Unsicherheiten einher– für die Unternehmen wie für ihre Beschäftigten….. Die weitere konsequente Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen ist jedoch ohne Zweifel dringend erforderlich…. Zitat Ende Im Abschnitt D “Industriepolitik in der Zeitenwende” heißt es dann ua: Zitat: Industriepolitik in der Zeitenwende ist notwendigerweise immer europäisch ausgerichtet. Industriepolitik in der Zeitenwende bedeutet in erster Linie eine Stärkung der Standortbedingungen. Industriepolitik in der Zeitenwende erfordert in vielen Fällen auch eine aktive Förderpolitik Teil unserer Industriepolitik ist in bestimmten, klar definierten Fällen auch die gezielte finanzielle Unterstützung und Förderung von Unternehmen und Branchen und damit eine aktive Rolle des Staates über das Setzen von Rahmenbedingungen hinaus… Denn in einem solchen Umfeld (höhere CO2 Preise in Europa als im außer – europäischen Ausland, Anm. des Autors) führt ein rein marktgetriebener Ansatz über Emissionshandelssysteme zu schwerwiegenden Wettbewerbsnachteilen. Wir müssen also unsere Industrie vor unfairem Wettbewerb schützen und ihr die Umstellung auf klimafreundliche Produktionstechnologien ermöglichen – einerseits über Ausgleichsinstrumente wie den CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM oder handelspolitische Schutzmaßnahmen der EU….. Nun investieren wir in die grundlegende Erneuerung unseres Energiesystems. Diese Anstrengung wird sich auszahlen: Das Energieangebot, das so entsteht, bietet wettbewerbsfähige Preise, Versorgungssicherheit und Klimaneutralität…. Es haben auf Dauer nur Unternehmen eine Chance, die mit den langfristigen Kosten des neuen Energiesystems in Deutschland werden arbeiten können… Der Klima- und Transformationsfonds (KTF) hat sich zum zentralen Finanzierungsinstrument für Investitionen in die Erneuerung unserer Industrie entwickelt (wurde aber vom BVerfG Mitte November 2023 für verfassungswidrig erklärt, Anm. des Autors)… Nur wenn wir dauerhaft die Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen sichern, hat der Industriestandort insgesamt eine gute Zukunft…. Zentraler Baustein hierfür ist das Gelingen der Energiewende: In Zukunft wird die Industrie auf Basis von Erneuerbaren Energien versorgt werden, vor allem durch erneuerbaren Strom, Wasserstoff sowie klimaneutrale Kohlenwasserstoffe. Erneuerbare Energien sind nicht nur die richtige Antwort auf die Klimakrise, sie stärken auch nachhaltig Preisstabilität und Versorgungssicherheit für die Industrie…. Mit der Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie werden die Voraussetzungen geschaffen, dass bis 2030 mindestens 10 GW heimische Elektrolyseleistung zur Verfügung stehen… Die Nationale Wasserstoffstrategie wird außerdem um eine Importstrategie ergänzt, damit notwendige Investitionsentscheidungen in die Wasserstoffproduktion im Ausland sowie in die notwendigen Lieferketten frühzeitig getroffen werden können… Mit einem Wasserstoffbeschleunigungsgesetz werden wir die regulatorischen und gesetzgeberischen Rahmenbedingungen vereinfachen… In Deutschland ist über die Jahrzehnte ein regelrechtes Bürokratie-Dickicht entstanden, das nur noch schwer zu durchdringen ist. Mittlerweile ist dies ein echtes Investitionshemmnis, gerade für den Mittelstand. Die Verwaltung in Deutschland soll den Unternehmen als Partner zur Seite stehen. Verfahren sollen beschleunigt, Bürokratie abgebaut werden – ... Die zentrale Aufgabe liegt in den kommenden Jahren nicht länger in der Verhinderung einer drohenden Massenarbeitslosigkeit, sondern in der Sicherung von Fachkräften für die Unternehmen… Die erste Stellschraube ist die Steigerung des inländischen Potenzials…. Weiteres Fachkräftepotenzial liegt in der Qualifizierung von ungelernten Arbeitskräften…. Das Potenzial von Geflüchteten kann durch gezielte Arbeitsmarktintegration gehoben werden... Zweite wichtige Stellschraube zur Bekämpfung des Fachkräftemangels und damit zur Sicherung des Industriestandorts ist die erleichterte Einwanderung von Arbeitskräften, insbesondere von qualifizierten Fachkräften… Um die klimapolitischen Ziele der Bundesrepublik zu erreichen, ist ein beispielloser Ausbau der Erneuerbaren Energien erforderlich. Bei den dafür benötigten Anlagen ist Deutschland bisher in einem hohen Maße vom außereuropäischen Ausland abhängig. So werden etwa Zellen für Solarmodule weit überwiegend in China produziert, von dort stammen auch ca. 60 Prozent der weltweit produzierten Windturbinen… Der europäische Emissionshandel (Emissions Trading System, ETS) ist das Leitinstrument auf dem Weg zur Klimaneutralität. Im ETS werden die hohen Schadenskosten des Klimawandels zumindest teilweise internalisiert und Unternehmen bekommen ein unverfälschtes Preissignal: Mit ansteigenden CO2-Preisen werden CO2-Emissionen teurer und die Nutzung Erneuerbarer Energien wird im Verhältnis zu fossilen Energien günstiger. Dieses Instrument schafft also einen marktbasierten, ökonomisch effizienten Anreiz zum Umstieg auf klimafreundliche Technologien und für eine effizientere Energie… Zitat Ende Zusammenfassung, Kommentierung und Bewertung Habecks Industriestrategie stellt einen Mix aus teils zutreffenden, teils unzutreffenden Beschreibungen der aktuellen Situation der Energiepolitik und der deutschen Industrie bezüglich einer Reihe unterschiedlicher Aspekte dar. So sei die Energiepreiskrise in 2022, die zu deutlichen Produktionsrückgängen besonders in der energieintensiven Industrie geführt hat, nicht nur auf den starken Energiepreisanstieg durch den Ukrainekrieg zurückzuführen, sondern auch auf den zu langsamen Ausbau der erneuerbaren Energien durch die Vorgängerregierungen unter Angela Merkel. Übergeordnetes Ziel seiner Industriestrategie ist die “Notwendigkeit” der Total – Dekarbonisierung der deutschen Wirtschaft, dh also die Umsetzung der “Großen Transformation”. Kernstück dieser Strategie ist die Abschaffung des gegenwärtigen Energieversorgungssystems und die völlige Umstellung der Energieversorgung, aber auch industrieller Fertigungsprozesse, auf erneuerbare Energien, im Wesentlichen Wind und Sonne plus Wasserstoff (s. auch hier). Erdgas soll für einige Jahre als Brückentechnologie akzeptiert werden. Obwohl diese Strategie zunächst teilweise nachteilige Auswirkungen auf Energiepreise, Wirtschaft, Wachstum und Beschäftigung haben werde, soll anschließend die völlige Umstellung auf erneuerbare Energien zu fallenden Energiepreisen und zu mehr Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung führen. Diese Industriestrategie sei voll und ganz in den europäischen Rahmen, wie zB in das EU – ETS und in den Green Deal der EU integriert. Kommentierung und BewertungHabecks Industriestrategie folgt vollinhaltlich den klimaideologischen Zielvorgaben des Grünen Wahlprogramms von 2021 (s. hier), aber auch den Forderungen von Hans – Joachim Schellnhubers “Großer Transformation” (s. hier ) aus dem Jahre 2011. Habeck setzt damit unbeirrt von den Umsetzungsproblemen anderer grüner Projekte, wie zB den Heizungshammer, seinen harten klimaideologischen Kurs fort. Die Darstellung des Ziels der Totaldekarbonisierung der deutschen Industrie und Wirtschaft als Notwenigkeit, um die Klimaziele zu erreichen, verschweigt, dass es sich dabei um selbst gesteckte ideologische Ziele handelt, die noch nicht einmal im Rahmen der Pariser Klimavereinbarung rechtsverbindlich sind. Politische Ziele sind in der Vergangenheit schon häufiger an der Realität zerschellt, wie zB die Euro Stabilitätskriterien, die Lissabon Strategie der EU, das Dublin Abkommen , über die Verteilung von Flüchtlingen in der EU etc. Die deutsche Industrie soll also grüne klimaideologische Ziele umsetzen. Dieser Totalumbau von Industrie und Wirtschaft soll mit einem Maßnahmenbündel aus Ordnungsrecht, also staatlichen Vorgaben und Subventionen erreicht werden. Habeck sagt, dass wettbewerbsfähige Energiepreise lebenswichtig für das Bestehen der deutschen Industrie im internationalen Wettbewerb sind, aber auch für die Schaffung von Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung in Deutschland und dass der rasche Ausbau erneuerbarer Energien hierfür essentiell sei. Der zögerliche Ausbau der Erneuerbaren unter den Vorgängerregierungen sei einer der Gründe für die gegenwärtigen hohen Energiepreise. Habeck irrt in mehrfacher Hinsicht. Erstens hat der von den Grünen betriebene und von Angela Merkel umgesetzte Atomausstieg die kostengünstigste Form der Stromerzeugung, nämlich die Kernenergie, sukzessive aus dem Markt genommen. Zweitens haben sich die Grünen nach dem Einmarsch der Russen in die Ukraine geweigert, die KKWs zur Aufrechterhaltung der Strompreisstabilität für eine begrenzte Zeit weiterlaufen zu lassen, wie zB in Belgien. Drittens wurde durch den Atomausstieg die Ausweitung der fossilen Stromerzeugung erforderlich, da Erneuerbare nur sporadisch und nicht bedarfsgerecht zur Verfügung standen und stehen. Viertens hätte auch ein stärkerer Ausbau der Erneuerbaren die Strompreise nicht gesenkt, sondern erhöht, da die Erneuerbaren nur mit Subventionen und prioritären Netzzugang am Markt bestehen können. Der Subventionierungsmechanismus über die Strompreisrechnung für die Stromverbraucher wurde ab 2022 durch eine direkte Subventionierung aus dem Steueraufkommen ersetzt. Fünftens ist der steigende Gasbedarf in der Stromerzeugung und der Bau von Nordstream 2 eine direkte Folge des von den Grünen betriebenen Atom- UND Kohleausstiegs, denn Kohle in der Stromerzeugung sollte durch Gas ersetzt werden. Habeck leidet in diesem Punkt entweder unter verzerrter Realitätswahrnehmung oder er sagt bewußt die Unwahrheit. Die nächste Frage ist, ob die Energiepreise künftig durch den schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien sinken. Nach allem, was wir zur Zeit wissen, wird das wohl nicht der Fall sein. Erstens wird durch den rascheren Ausbau der Erneuerbaren der Subventionsbedarf weiter steigen, der aber direkt aus der Staatskasse finanziert werden soll, dem Stromverbraucher also nicht auffällt, aber schlussendlich doch finanziert werden muss entweder durch Einsparungen an anderer Stelle, durch Steuererhöhungen oder durch Ausweitung der Neuverschuldung - was den Grünen am liebsten wäre - der aber durch die Schuldenbremse enge Grenzen gesetzt sind. Allerdings wird die Schuldenbremse früher oder später fallen, da auch die CDU umkippen und sich, wie so oft zuvor, den Forderungen der Grünen anschließen wird. Zweitens werden die Systemintegrationskosten der Erneuerbaren, wie Netzausbau, Netzstabilisierungseingriffe etc weiter steigen . Drittens wird der Neuzubau von Wasserstoff – fähigen Gaskraftwerken allein in den kommenden Jahren recht teuer werden (s. zB hier). Viertens wird die Erzeugung von Wasserstoff, der Transport, der Bau von Wasserstoff – fähigen Leitungsnetzwerken und der Betrieb von Kraftwerken mit Wasserstoff erheblich teurer werden, als der Betrieb mit normalem Erdgas. Dies wird die Strompreise weiter in die Höhe treiben – auch wenn die Erzeugung, der Transport und der Einsatz von Wasserstoff hochgradig subventioniert werden soll. Hier gilt das bereits weiter oben gesagte. Zusammenfassend ist die Behauptung, Strom werde durch den massiven Ausbau der Erneuerbaren und den Übergang zu einer Wasserstoffwirtschaft günstiger und die Wettbewerbsbedingungen der deutschen Industrie würden sich dadurch verbessern, eine reine Propagandabehauptung, für deren Wahrheitsgehalt wenig bis nichts spricht. Auch die Behauptung, durch den Umbau der deutschen Industrie und Wirtschaft auf Erneuerbare und Wasserstoff würde mehr Wohlstand geschaffen, ist aus mehreren Gründen unhaltbar. Erstens, die Energiepreise werden durch diese Strategie deutlich steigen, die Erzeugungskosten pro kWh Strom werden steigen. Wenn man für Energie deutlich mehr ausgeben muss, als heute, bleibt weniger Geld übrig für andere Ausgaben, der Wohlstand sinkt, wie wir das auch in der Energiekrise 2021 – 2023 erlebt haben. Zweitens, Wohlstand, der verteilt werden kann, wird in einer Volkswirtschaft nur durch Produktivitätsgewinne geschaffen, dh, wenn durch den Einsatz einer bestimmten Menge von Arbeit und Kapital ein Mehrwert geschaffen wird, oder die gleiche Wirtschaftsleistung durch einen verringerten Aufwand von Arbeit und Kapital. Dies ist aber nicht der Fall, wenn zur Erzeugung einer kWh Energie mehr Arbeit und Kapital erforderlich ist, als heute. Dies ist bei der Energiewende aber der Fall, deswegen kann eine derartige Energiewende nicht mehr Wohlstand schaffen, als heute. Drittens, Energiewenden der Vergangenheit haben zudem ein Energiesystem mit einer geringen Energiedichte durch ein System mit einer höheren Energiedichte abgelöst; der wirtschaftliche und gesellschaftliche Fortschritt der letzten 200 Jahre beruhte darauf (s. zB Smil, 2018 ). Das bestehende Energiesystem abzuschaffen und es durch eines mit einer erheblich geringeren Energiedichte zu ersetzen, wie Wind und Sonne, kann nur in einem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rückschritt enden, der zu erheblichen Wohlstandseinbußen führt, aber mit Sicherheit zu keinen Wohlstandsgewinnen. Wenn Habeck ferner sagt, dass die Industrie in Deutschland langfristig nur eine Chance hat, wenn sie mit wettbewerbsfähigen Energiepreisen arbeiten kann, hat er natürlich recht. Aber seine Dekarbonisierungs – Strategie wird absehbar genau das Gegenteil erreichen, denn die Energiepreise werden durch den weiteren Ausbau der Erneuerbaren und die nachgelagerte Wasserstoffstrategie steigen. Habeck dann weiter: Der beispiellose Ausbau der Erneuerbaren in Deutschland mache Deutschland von außereuropäischen Herstellern erneuerbarer Energieanlagen abhängig. Das ist richtig, denn wie Habeck zutreffend ausführt, werden ca. 90% der Photovoltaikanlagen und ca. 60% der Windturbinen in China hergestellt. China verfügt zudem über mehr als 90% der nachgewiesenen Reserven von Seltenen Erden, die für erneuerbare Energieanlagen von großer Bedeutung sind. Kobalt und Lithium werden überwiegend in Ländern der Dritten Welt gewonnen, wie Kongo, Chile und Bolivien. Die deutsche Energiewende ist demnach ein massives Wirtschaftsförderungsprogramm für die genannten Länder, aber weniger für Deutschland selbst. Habeck führt dann weiter aus, und da reibt man sich verwundert die Augen: "Industriepolitik in der Zeitenwende ist notwendigerweise immer europäisch ausgerichtet. Der europäische Emissionshandel (Emissions Trading System, ETS) ist das Leitinstrument auf dem Weg zur Klimaneutralität… Dieses Instrument schafft also einen marktbasierten, ökonomisch effizienten Anreiz zum Umstieg auf klimafreundliche Technologien und für eine effizientere Energie…" Denn wenn dem so ist, wieso braucht es dann noch eine spezifisch deutsche De- Karbonisierungsstrategie für die Industrie? Was natürlich auch für seine Kraftwerksstrategie gilt? Und was für die Kraftwerksstrategie gilt, gilt natürlich besonders für die Industriestrategie, denn die Industriestrategie fußt ja im Grunde genommen auf der De – Karbonisierung der Energieversorgung, also der Kraftwerksstrategie. Aber auch die CO2 Emissionen der Industrie an sich unterliegen dem EU – ETS und wie Habeck zutreffend darlegt, ist der europäische Emissionshandel “das Leitinstrument auf dem Weg zur Klimaneutralität” und ferner “Industriepolitik in der Zeitenwende ist notwendigerweise immer europäisch ausgerichtet”. Korrekt. Wenn er das selbst so sieht, wieso richtet er seine Industriestrategie nicht dementsprechend aus? Der ganze Wust aus regulatorischer Wut und detaillierten Ausformulierungen von Zielvorgaben für den Ausbau von Gas- oder Wasserstoffkraftwerken und der Erneuerbaren, die natürlich den bürokratischen Aufwand ausweiten - und nicht abbauen werden, wie Habeck fordert, ist völlig überflüssiger Aktionismus, denn die Emissionen sowohl der Kraftwerke als auch der Industrie werden durch das EU – ETS ohnehin schon entlang des politisch festgelegten Minderungspfades reduziert. Auch wenn Habeck seine De-Karbonisierungsdtrategie für die Industrie (und auch seine Kraftwerksstrategie ) vollständig am EU – ETS ausrichten würde, würde das nicht bedeuten, dass die Energiepreise nicht steigen würden, denn durch die im System eingebaute Verknappung von Emissionsrechten werden deren Preise weiter steigen und anschließend auch die Strom- und Energiepreise. Allerdings könnten dann die Anlagenbetreiber entscheiden, wie sie ihre Emissionen zu den geringsten Kosten reduzieren, während ein parallel dazu laufendes ordnungsrechtliches System, wie von Habeck gefordert, die Kosten erhöht und die Effizienz der Emissionsminderung verringert. Es würde also alles noch teurer werden, als ohnehin schon. Andrerseits würden durch den deutschen Sonderweg einer Subventionierung des Ausbaus der Erneuerbaren und einer Wasserstoffwirtschaft, Emissionsrechte, die heute noch von Kohlekraftwerken und anderen Industrieanlagen benötigt werden, frei werden, was einen Preissenkungseffekt für Emissionsrechte im EU – ETS hätte. Habecks Forderung, man müsse zur Beseitigung des Fachkräftemangels in Deutschland die Zuwanderungsbedingungen für Fachkräfte, sowie die Aus- und Weiterbildungsbedingungen für Arbeitslose und Flüchtlinge verbessern ist sicherlich richtig. Allerdings ist unklar, wie erfolgreich diese Strategien bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels sein werden, denn es gibt wohl derzeit einen recht großen Mis - Match zwischen den erforderlichen und den vorhandenen Qualifikationen dieser Personengruppen. Auch scheint die derzeitige Zuwanderungspolitik nicht gerade darauf ausgerichtet zu sein, vordringlich Fachkräfte zuwandern zu lassen. Fazit Habecks Industriestrategie für den Übergang in eine klimaneutrale Industrie und Wirtschaft ist demnach völlig unausgegoren, widersprüchlich, teilweise absichtlich oder unabsichtlich propagandistisch, steckt voll von Behauptungen, von denen einige schon auf den ersten Blick unzutreffend sind, rühmt sich des Eingebundenseins in den europäischen klimapolitischen Kontext, ignoriert ihn dann aber in seinem Strategiepapier komplett. Die Industriestrategie ist der Wurmfortsatz seiner Kraftwerksstrategie, deren Gegenstand der vollständige Umbau der Energieversorgung in Deutschland ist; deswegen gilt das hierzu gesagte im Großen und Ganzen auch für seine Industriestrategie. |
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