Ist die Energiewende erfolgreich?

29. Januar 2015

In den letzten Tagen häufen sich Medienberichte – auch im Ausland – dass 2014 ein Wendepunkt für die „Energiewende“ in Deutschland war und sich nun immer deutlicher abzeichnen würde, dass die „Energiewende“ ein Erfolg wird.

Anlass ist die Stromerzeugungsstatistik für 2014, aus der hervorgeht, dass die Brutto Stromerzeugung aus Erneuerbaren erstmals einen traditionellen Energieträger – in diesem Fall die Braunkohle – mit 27,3 % vom Spitzenplatz verdrängt hat.

Verantwortlich für diesen Anstieg war in erster Linie die Windenergie; 2014 war ein windreicheres Jahr als 2013. Die Gesamt – Stromerzeugung und damit einhergehend die CO2 Emissionen waren in 2014 deutlich niedriger als in 2013. Grund hierfür war in erster Linie die Tatsache, dass 2014 erheblich wärmer war als 2013 – besonders in der kalten Jahreszeit (Januar – April und Oktober – Dezember) – und dass deswegen der Energiebedarf Deutschlands deutlich geringer war als in 2013.

Ist der 2014 zu verzeichnende Anstieg der Erneuerbaren Stromerzeugung ein Zeichen dafür, dass die Energiewende ein Erfolg werden wird?

Das kommt darauf an, wie man „Erfolg“ definiert. Wenn ich ein System habe, wie das in Deutschland geltende Finanzierungsmodell Erneuerbarer Energien durch das EEG, dann ist der „Erfolg“ de facto durch die gesetzlichen Regelungen fest vorprogrammiert.

Denn der Marktzugang Erneuerbarer wird gesetzlich erzwungen, es besteht eine Abnahme- und Vergütungsverpflichtung für erneuerbaren Strom (egal, ob dafür gerade Bedarf besteht, oder nicht).
Die konventionellen Stromerzeuger können in diesen Situationen mit Kohle- und Kernkraftwerken nur den Strom erzeugen, den Erneuerbare zur Lastdeckung nicht erzeugen können. Ihre Rolle wird durch den Ausbau der Erneuerbaren künftig weiter zurückgedrängt bis hin zu dem Punkt, wo sie nicht mehr in der Lage sind, wirtschaftlich Strom zu erzeugen, weil ihre Auslastung zu gering ist (s. z. B. hier ).
Man braucht konventionelle Kraftwerke aber weiterhin zur Aufrechterhaltung der Stromerzeugung in den Situationen, wenn weder Wind noch Sonne in der Lage sind, den gesamten Strombedarf zu decken. Und das ist fast immer der Fall.
2014 z. B. betrug die mittlere Windstromerzeugung ca. 15% der installierten Leistung und die Solarstromerzeugung ca. 10% der installierten Leistung. Versorgungssicherheit sieht anders aus.

Wie man vor diesem Hintergrund behaupten kann, die im Jahre 2014 neu installierte Windkraftleistung von 4400 MW würde rein rechnerisch vier Atomkraftwerke ersetzen, bleibt das Geheimnis der Autoren, die offenbar nicht den Unterschied zwischen installierter Leistung und tatsächlicher Stromerzeugung kennen. Durch die neu installierte Leistung wird nämlich kein einziges Atomkraftwerk ersetzt, da Atomkraftwerke in der Grundlast arbeiten und ca. 85% der installierten Leistung erbringen, und Windkraftwerke nur etwa 15%.

Ein System als erfolgreich zu bezeichnen, das einen Marktzugang Erneuerbarer gestzlich erzwingt und konventionelle Erzeugung dadurch de facto per Gesetz aus dem Markt zwingt, erfordert entweder eine erhebliche Blauäugigkeit oder eine Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse –wahrscheinlich eher beides. Jedenfalls wird man diesen Verdacht nicht los, wenn man die oben zitierten Artikel genauer liest.

Das ist jedoch nicht alles. Ziel der „Energiewende“ ist ja nicht nur der Ersatz der Stromerzeugung durch die Kernkraftwerke, die bis 2022 stillgelegt werden sollen, sondern grundsätzlich die nahezu vollständige „Dekarbonisierung“ der Stromerzeugung bis 2050.
Und hier scheinen vor allem die angelsächsischen Autoren nach wie vor nicht erkannt zu haben, dass durch die deutsche „Energiewende“ keine einzige Tonne CO2 eingespart wird.

Grund hierfür ist die Tatsache, dass die fossilen Kraftwerke in Deutschland in das europäische Emissionshandelssystem EU – ETS eingebunden sind. Die CO2 Emissionen sind in diesem System europaweit gedeckelt. Wenn fossile Kraftwerke in Deutschland wegen des Ausbaus erneuerbarer Stromerzeugung weniger CO2 emittieren, können diese Kraftwerke ihre nicht benötigten Zertifikate auf dem europäischen Zertifikatemarkt verkaufen, wodurch ein anderer Emittent in Europa entsprechend mehr emittieren darf.
Europaweit wird dann deswegen überhaupt kein CO2 reduziert, obwohl bei der Stromerzeugung in Deutschland CO2 reduziert wurde.
Die in diesem System zulässigen Emissionen werden in den kommenden Jahren kontinuierlich abgesenkt –Ziel ist eine etwa 70%ige Emissionsminderung bis 2050.
Eine „Energiewende“ ist auf europäischer Ebene deswegen ohnehin vorgegeben und die parallel dazu initierte „Energiewende“ in Deutschland schafft lediglich doppelte Arbeit, ohne zusätzlich Emissionen zu mindern.

Die Situation in Europa ist deswegen grundsätzlich anders als z. B. in den USA, wo Emissionsminderungen durch den Ausbau von Wind und Sonne zulasten konventioneller Kraftwerke tatsächlich CO2 Emissionen reduzieren.

Der nächste Punkt sind die Kosten des Ausbaus Erneuerbarer. Die Förderung Erneuerbarer durch das EEG belastet die Stromverbraucher gegenwärtig mit mehr als 23 Mrd. EUR pro Jahr – Tendenz steigend, obwohl mit abgeschwächten Zuwachsraten in den kommenden Jahren. Diesen Betrag müssen die Bürger über ihre Stromrechnung aufbringen, obwohl hierdurch keine zusätzlichen CO2 Emissionen eingespart werden.

All dies ist der Politik bekannt, der Sachverständigenrat für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung hat die Bundesregierung wiederholt darauf hingewiesen. Trotzdem werden die Erneuerbaren verstärkt weiter ausgebaut, teilweise unter Inkaufnahme der Zerstörung von Natur und Landschaft.

Die „Energiewende“ hat eine extrem starke Eigendynamik entwickelt, bei der Sachargumente völlig ungehört verhallen, man will nicht hören, was man nicht hören will, was das eigene Weltbild stört. Und dieses Weltbild lautet: Wir müssen und können die gesamte Energieversorgung Deutschlands auf Erneuerbare umstellen, koste es, was es wolle, egal ob das technisch möglich ist oder nicht.
Auch wenn man die gesamte Stromversorgung Deutschlands auf Erneuerbare umstellen würde, was allein aus naturgesetzlichen Gründen nicht zu schaffen ist, weil der Wind halt nicht immer weht und die Sonne nur recht selten scheint in Deutschland (und nachts schon mal überhaupt nicht), würde dies keine CO2 Emissionen einsparen, wegen der Einbindung der fossilen Stromerzeugung in das europäische Emissionshandelssystem.

Trotzdem ist absehbar, dass der Anteil Erneuerbarer an der Stromerzeugung in den nächsten Jahren weiter steigen wird – und man kann erwarten, dass dann jedes Jahr erneut wieder gesagt wird, die „Energiewende“ sei erfolgreich.

Wenn es ein Zeichen für Erfolg ist, jedes Jahr steigende Milliardenbeträge für subventionierte Energieerzeugung auszugeben, die Natur und Landschaft zerstört, aber letzten Endes keine eine einzige Tonne CO2 mindert, dann ist die „Energiewende“ tatsächlich erfolgreich. Es kommt immer darauf an, wie man Erfolg definiert.

Schlußendlich ist es aber so, dass die Mehrheit der Bevölkerung die „Energiewende“ unterstützt , und solange dies der Fall ist, wird dieser Wahnsinn weitergeführt. Wenn es überhaupt Kritik an der „Energiewende“ gibt, dann daran, dass sie nicht schnell oder effizient genug umgesetzt wird und an der mangelnden Koordination zwischen Bund, Ländern und Gemeinden – aber nicht an den Kosten und den grundsätzlichen Grenzen der Erneuerbaren.

Entscheidend in der Politik sind nicht sachliche Erwägungen, sondern die öffentliche Wahrnehmung.
Und solange die Öffentlichkeit glaubt, wir bräuchten eine „Energiewende“ und durch die deutsche „Energiewende“ werde das Weltklima gerettet, solange wird die Öffentlichkeit die „Energiewende“ unterstützen und die Politik sie weiter umsetzen. Niemand kann behaupten, das sei undemokratisch. Die Mehrheit bekommt halt die Politik, die sie will und die sie verdient. Die Kritik von Teilen der Wirtschaft an der „Energiewende“ ist im medialen Diskurs allenfalls eine „quantite negligeable“.