EU Klimapolitik: Ende der Vorreiterrolle?



4. Februar 2014


Die EU Kommission hat sich Medienberichten zufolge mal wieder unbeliebt gemacht (zumindest bei Teilen der Medien):
Sie hat sich von verbindlichen Zielvorgaben bei erneuerbaren Energien und bei der Energieeffizienz verabschiedet und will stattdessen nur ein Ziel verbindlich vorgeben, nämlich bis 2030 eine CO2 Minderung von 40% gegenüber 1990.

Dieses Ziel wurde von Umweltlobbygruppen sofort als unzureichend hingestellt, weil Trendprojektionen bis 2030 ohnehin eine Minderung von 32% ergeben würden. Die Umweltlobby will jedoch immer mehr, und alles, was die Politik beschließt, ist immer zu wenig. Und dass die Milliarden schwere Lobby der erneuerbaren Energien laut aufjault, war absehbar. Mögen sie stille sein, sie haben ihre Milliarden bereits gemacht.

Der Beschluss der Kommission ist konsequent, gut und richtig, wenn man die Notwendigkeit von drastischen CO2 Minderungen akzeptiert.

Wieso? Wenn das klimapolitische Ziel eine CO2-Minderung ist (und wir vermuten mal, dass es darum geht und um nichts anderes), reicht es, ein globales Minderungsziel anzustreben – und es den einzelnen EU - Volkswirtschaften zu überlassen, wie sie dieses Ziel erreichen.

Der im Zuge des Klimahypes 2007 verkündete Ziel - Dreiklang 20 – 20 – 20, nämlich bis 2020 eine 20%ige CO2 Minderung, ein 20%iger Anteil an erneuerbaren Energien und eine 20%ige Steigerung der Energieeffizienz bedeutet schlussendlich keinen Dreiklang, sondern eine Kakophonie der einzelnen Klimainstrumente, die sich gegenseitig teilweise widersprechen, aber vor allen Dingen ökonomisch ineffizient sind. Der Zieldreiklang hat zu einem klimapolitischen Instrumentenwirr - warr geführt, der nun bereinigt zu werden scheint.

Denn die unterschiedlichen Instrumente führen zu unterschiedlichen CO2 – Minderungskosten.

Wenn man ein Ziel für Erneuerbare in der Stromerzeugung anstrebt, wie das in Deutschland der Fall ist, dann reduziert man CO2 zu Kosten von 40 – 300 EUR pro t CO2, je nachdem, welche Art von erneuerbarer Energie man einsetzt. Photovoltaik ist die teuerste Variante.
(Natürlich wird durch das deutsche System der Subventionierung Erneuerbarer in der Stromerzeugung keine einzige t CO2 reduziert, weil die CO2 Emissionen der Stromerzeugung durch das EU – weite Emissionshandelssystem gedeckelt sind. Aber wenn das nicht so wäre, dann lägen die Minderungskosten etwa bei den genannten Werten).

Auch Vorgaben für die Energieeffizienz könnten sehr schnell wirtschaftlich ineffizient werden, wenn sich die Effizienz in einigen Bereichen technologisch nicht weiter steigern lässt (z. B. wer gerade eine neue Gasbrennwertheizung in sein Eigenheim eingebaut hat, kann seine Energieeffizienz bis 2020 keine weiteren 20% steigern).

Der häufig genannte Bereich der energetischen Sanierung des Gebäudebestands stellt keinen kosteneffizenten (z. B. hier ) Weg dar, CO2 Emissionen zu reduzieren .

Im Rahmen des EU – ETS liegen die CO2 Minderungskosten gegenwärtig bei etwa 5 EUR pro t CO2.
Welchen wirtschaftlichen Sinn macht es, ein System, in dem die CO2 Minderung 5 EUR pro t kostet parallel zu einem System zu fahren, in dem die Minderung 50 – 300 EUR pro t CO2 kostet (oder gar nicht erst stattfindet, wie bei der Förderung Erneuerbarer in der Stromerzeugung in Deutschland)?

Natürlich absolut gar keinen. Das hat die Kommission begriffen und setzt stattdessen auf „die Wahrheit des einen Preises“, wie Hans Werner Sinn vom Münchener Ifo Institut dies in seinem Buch „Das grüne Paradoxon“ nennt.

Die globale Zielvorgabe einer CO2 Minderung – bei Verzicht auf konkurrierende Zielvorgaben in anderen Bereichen - folgt der Wahrheit des einen Preises. Dieser Wahrheit folgend, sollten die Wege gefunden werden, mit denen vorgegebene CO2 Minderungen zu den geringst möglichen Kosten erzelt werden, und nicht mit von oben verordneten Technologien, wie Wind oder Sonne, die die Kosten nach oben treiben.

Vermutlich wird die EU das EU – ETS mit einer Zielvorgabe von etwa – 40 % bis 2030 weiterentwickeln, was in etwa dem Trend bis 2020 folgen würde (obwohl rein rechnerisch das Ziel von – 40% bis 2030 im Vergleich zu 2005 (im EU – ETS) natürlich etwas anderes ist, als eine systemweite Minderung von 40% gegenüber 1990). Addendum 5. Februar 2014: Die klimapolitischen Positionen der Kommission können hier eingesehen werden. Ab 2020 soll die jährliche Reduktion im EU - ETS auf -2.2% pro Jahr heraufgesetzt werden.

Die konsequenteste Lösung, die CO2 Emissionen auch in den Bereichen zu reduzieren, die dem EU – ETS nicht unterliegen, wäre die Ausweitung des Systems auf eben jene Bereiche, was wir vor mehr als zwei Jahren hier mit einer Persiflage bedacht haben. Zwar absurd, aber grundsätzlich möglich wäre das. Denn man weiß nie, welche Auswüchse der Klimawahn in diesem Lande noch hervorbringen wird.

Verabschiedet sich die EU mit einer einseitigen Zielvorgabe von -40% bis 2030 von ihrer Vorreiterrolle in der Klimapolitik?

Mit Sicherheit nicht, sondern sie unterstreicht sie damit.


Die Kommission bezieht nämlich damit bereits im Vorfeld der UN Klimakonferenz von Paris im Dezember 2015, auf der ein Kyoto - Nachfolgeabkommen beschlossen werden soll, eindeutig Position.
Sie hat damit einen Pflock eingeschlagen, an dem sich andere Industriestaaten messen sollen.

Wer diese anderen Industriestaaten sein sollen, ist natürlich auch klar: Nämlich die USA, die als einziger größerer Industriestaat evtl. eine Verpflichtung eingehen werden, nachdem US Präsiden Obama das Klimathema nach seiner Wiederwahl zur Chefsache erklärt hat.
Die meisten der anderen Kyoto- Signaturstaaten wie z. B. Russland, Japan, Australien und Kanada haben bereits signalisiert, dass sie bei Kyoto II nicht dabei sein werden. Ob einige der Nicht - Industriestaaten CO2 -Bregrenzungs- oder Minderungsverpflichtungen eingehen werden, steht aus heutiger Sicht eher in den Sternen.

Aber auch Obama wird den gleichen Problemen gegenüber stehen, denen auch schon Bill Clinton und sein Vizepräsident Al Gore gegenüberstanden, falls er in Paris ein Klimaabkommen unterzeichnet: Man kann auf UN Klimakonferenzen viel unterschreiben, entscheidend ist aber, was die Parlamente zuhause absegnen. Aus gutem Grund hatte Clinton seinerzeit das Kyoto-Protokoll nie dem Congress und Senat zur Ratifizierung vorgelegt, weil er wusste, dass es nie ratifiziert werden würde.

Auch wenn die USA sich in Paris zu einer Minderung verpflichten würden, werden es kaum -40% gegenüber 1990 sein, da die gegenwärtige Zielvorgabe nur -17% bis 2020 gegenüber 2005 beträgt. Obama glaubt dieses Ziel mit der Ausweitung des Erdgaseinsatzes in den USA zu erreichen.
Aber trotz eines verstärkten Erdgaseinsatzes wird es nicht möglich sein, die Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 40% zu senken.

Man darf darauf gespannt, wer der Vorreiterrolle der EU 2015 folgen wird.
Schlussendlich wird aber auch ein Kyoto – Nachfolgeabkommen am weltweiten Klimatrend wenig ändern (s. z. B. hier ).