Obamas Krieg gegen die Kohle



23. August 2013


US Präsident Obama ist ein geschickter Taktiker. Wohlwissend, dass er mit dem Klimathema keine Punkte gewinnen konnte, hielt er es aus dem letztjährigen Präsidentschaftswahlkampf heraus.
Aber bereits am Wahlabend, nachdem er die Wahl gewonnen hatte, ließ er das Visier fallen und kündigte an, dass er das Klimathema, in dem viel Herzblut der demokratischen Linken steckt, in seiner zweiten Amtsperiode ganz oben auf der Agenda ansiedeln würde.
Dies betonte er noch einmal bei seiner Amtseinführungsrede im Januar 2013.

Man mag sich daran erinnern, dass Obama das Klimathema bereits während seiner ersten Amtsperiode mit Nachdruck verfolgt hat und in den USA einen CO2 Emissionshandel, ähnlich wie in Europa, einführen wollte. Der US Kongress verabschiedete ein entsprechendes Gesetz im Juni 2009, das jedoch nie vom Senat ratifiziert wurde, weil der politische Rückhalt, selbst bei Senatoren der eigenen Partei, nicht ausreichte.

So musste Obama im Dezember 2009 mit fast leeren Händen zur UN Klimakonferenz nach Kopenhagen fahren, auf der eigentlich ein Kyoto – Nachfolgeabkommen verabschiedet werden sollte. Dazu kam es aber nicht, wie wir heute wissen.

Was ihm noch zuhause mit auf die Reise nach Kopenhagen gegeben wurde, war ein Beschluss der US Umweltbehörde EPA, in dem CO2 zu einer gefährlichen Substanz erklärt wurde, deren Emission demnach in den Regulierungsbereich der EPA fiel.
Die EPA kann für Emissionen von gefährlichen Substanzen Grenzwerte festlegen, die nicht der Zustimmung des Kongresses oder des Senats bedürfen. Die so genannte „Endangerment Finding“ der EPA gab Obama also die Waffe in die Hand, die ihm der Senat verweigerte.

Seitdem ist allerdings relativ wenig passiert, außer, dass es ausgedehnte Rechtsstreitigkeiten darüber gab und weiterhin geben wird, ob die EPA diesbezüglich ihr Mandat überschreitet oder nicht, und in wieweit die Kompetenzen der einzelnen US Bundesstaaten dadurch beschnitten werden.

Am 25. Juni 2013 legte Obama nun in einer Rede an der Georgetown University die Marschroute seiner Klimapolitik fest.

Hier einige der Kernaussagen:

So the question is not whether we need to act. The overwhelming judgment of science -- of chemistry and physics and millions of measurements -- has put all that to rest. Ninety-seven percent of scientists, including, by the way, some who originally disputed the data, have now put that to rest. They've acknowledged the planet is warming and human activity is contributing to it.

And this is my plan to meet it -- a plan to cut carbon pollution; a plan to protect our country from the impacts of climate change; and a plan to lead the world in a coordinated assault on a changing climate.

Today, about 40 percent of America’s carbon pollution comes from our power plants. But here’s the thing: Right now, there are no federal limits to the amount of carbon pollution that those plants can pump into our air. None. Zero. We limit the amount of toxic chemicals like mercury and sulfur and arsenic in our air or our water, but power plants can still dump unlimited amounts of carbon pollution into the air for free. That’s not right, that’s not safe, and it needs to stop.

Also:

1. Die wissenschaftliche Ausgangslage in der Klimafrage ist eindeutig: Wir müssen handeln

2. Die „Kohlenstoffverschmutzung“ muss beendet werden, besonders die CO2 Emissionen von Kohlekraftwerken müssen reduziert werden

3. Die Welt muss vor den Auswirkungen des Klimawandels geschützt werden

Und weiter: Amerika müsse saubere Energiequellen entwickeln, wozu neben den erneuerbaren Energien auch Erdgas und die Kernenergie gehören.
In den letzten Jahren sei die Entwicklung dieser Energiequellen, besonders die ausgeweitete Förderung von Erdgas und der Ausbau erneuerbarer Energien dafür verantwortlich, dass die CO2 Emissionen der USA stärker gesunken sind als in jedem anderen Land. Dies schaffe auch Arbeitsplätze.

Einige Hinweise auf Klima- und Wetterextreme, verursacht durch den Klimawandel, sind eher vorsichtig formuliert, wahrscheinlich, weil das Weiße Haus wohl doch langsam realisiert, dass Klimaextreme oder Schäden durch Klima- und Wetterextreme in den vergangenen Jahrzehnten doch nicht zugenommen haben, entgegen den Behauptungen, die häufig in den Medien aufgestellt werden.

Dies wurde auch noch einmal bei einer Senatsanhörung Ende Juli deutlich, bei der u. a. Roger Pielke von der University of Colorado vorgetragen hat (s. hier und hier ).

Obamas Hinweis darauf, dass 97% der Klimawissenschaftler der Auffassung seien, Klimagase hätten einen Beitrag zur Erwärmung der letzten Jahrzehnte geleistet, sei ausreichend, die wissenschaftliche Klimadebatte zu beenden, ist nicht besonders erhellend, denn die Debatte darüber, wie groß dieser Anteil ist, ist keineswegs beendet und überdies wichtig bei der Frage, wie groß die künftige Erwärmung sein und welche Auswirkungen sie haben könnte.
Also ist die Debatte auf keinen Fall beendet.

Interessant an Obamas Rede ist der semantische Schwenk in der Klimadebatte:

Sprach man ursprünglich vom „Treibhauseffekt“, dann von der „globalen Erwärmung“, anschließend vom „Klimawandel“ (wahrscheinlich weil die Erwärmung seit 15 Jahren nicht mehr stattfindet), so wird jetzt der Begriff „Kohlenstoffverschmutzung“ eingeführt (vielleicht deswegen, weil sich selbst das Klima nicht mehr wandelt).

Die CO2 Emissionen werden also auf die gleiche Stufe gestellt wie Quecksilber und Arsen Emissionen, wohl auch deswegen, um noch einmal die Rolle der EPA zu unterstreichen, der es obliegt, für Umweltschadstoffe Grenzwerte festzulegen.

Gleichwohl wirft dieser semantische Schwenk doch die Frage auf, ob es gerechtfertigt ist, das biologische Nutzgas CO2 auf die gleiche Stufe wie erwiesene Giftstoffe wie Quecksilber und Arsen zu stellen.

Wir meinen nein, hier ist der Bogen klar überspannt.

Denn CO2 ist der Grundbaustein des pflanzlichen Lebens, ohne CO2 kein Leben auf dieser Erde, wie wir es kennen. Mensch und Tier atmen CO2 aus, Pflanzen nehmen es aus der Luft auf und verwandeln es mittels der Photosynthese in Biomasse, also in Blätter, Zweige, Blüten und Früchte. Je mehr CO2 in der Umgebungsluft, desto besser wachsen die Pflanzen, desto höher sind Ernteerträge und Erntequalität. Einen solchen Stoff einen „Schmutzstoff“ zu nennen erfordert ein recht hohes Maß an ideologischer Verblendung.

Ziel von Obamas Klimaplan ist die Reduzierung von CO2 Emissionen aus Kraftwerken, die in den USA für 40% der landesweiten Emissionen verantwortlich sind. Sie entstammen überwiegend aus Kohlekraftwerken.
Kohle ist in den USA günstig zu gewinnen und Kohlestrom ist deswegen recht preiswert; Privathaushalte in den USA zahlen nur ca. 8 US Cent pro kWh, etwa ein Vierten des Preises in Deutschland.

Derzeit ist unklar, wie die EPA die CO2 Emissionen aus Kraftwerken reduzieren will; eines scheint indes klar zu sein: Es wird zu einem reduzierten Kohleeinsatz in Kraftwerken führen, egal, ob dies über einen Emissionshandel wie in Europa geschieht, oder über die Festlegung von Emissionsobergrenzen in jedem einzelnen Kraftwerk (was durch den Emissionshandel aber auch geschieht).

Falls die Kosten für aus Kohle erzeugten Strom zu hoch werden (wobei die Frage ist, was zu hoch ist, denn wenn sich ein höherer Preis an regionalen Strommärkten mangels Konkurrenz durchsetzen lässt, ist es gleichgültig, ob die Kosten für die Kohlestromerzeugung aus bestehenden Anlagen wegen regulatorischer Maßnahmen gegen Kohlekraftwerke steigen oder nicht, denn nicht der Stromerzeuger bezahlt dies, sondern der Stromkunde) bietet sich in den USA – anders als in Deutschland - die kostengünstige Alternative der Stromerzeugung aus Erdgas an, denn die Erdgaspreise sind in den USA – wegen der Erdgasgewinnung mit neuen Fördermethoden – in den letzten Jahren dramatisch gefallen.

Bei Neuanlagen ist Erdgas klar im Vorteil gegenüber Kohle, solange die Preise niedrig bleiben und solange unklar ist, welche Auswirkungen regulatorische Maßnahmen gegen Kohlekraftwerke auf die Kosten der Kohlestromerzeugung haben.

Obama will auch die Stromerzeugung aus Erneuerbaren massiv ausbauen und erfüllt damit dem grün – alternativen Spektrum in den USA einen Herzenswunsch.

Er verweist hierbei u. a. auf den Ausbau der Erneuerbaren in Deutschland.
Er zeigt dabei allerdings, dass er aus den verschiedenen Pleiten von Unternehmen dieser Branche (z. B. Solyndra) nichts gelernt hat, dass er offenbar auch nicht begriffen hat, wie die Förderung der Erneuerbaren in Deutschland funktioniert (so ein potenzierter ökonomischer Unfug wie das EEG wäre in den USA niemals möglich) und dass überhaupt die Rolle der Erneuerbaren bei einer sicheren und bezahlbaren Stromerzeugung bei gegenwärtiger und absehbarer Technologie gering ist und in den kommenden Jahrzehnten auch gering bleiben wird.

Aber er hat begriffen, dass man mit solchen Statements am grünen Ende des politischen Spektrums Punkte machen kann.

Und darum ging es wohl in erster Linie.