Weltwirtschaftskrise und Klimapolitik: Ein Update

20. Dezember 2011

Seit dem ersten Climatetruth Beitrag Weltwirtschaftskrise und Klimapolitik sind etwa sechs Wochen vergangen: Zeit für eine kurze Zwischenbilanz.

Zwei politische Großereignisse haben in der Zwischenzeit stattgefunden: Die UN Klimakonferenz in Durban zur Rettung des Weltklimas und der EU Gipfel am 9. Dezember 2011 zur Rettung des Euro.
Gerettet wurde weder das Klima noch der Euro. Die Reaktion auf Durban war eher gemischt (s. hier ), und die Reaktion auf den EU Gipfel war fast durchweg negativ (s. zB hier ).

Die Reaktion der Finanzmärkte, in diesem Fall der CO2 Märkte, auf Durban war zunächst positiv, da wegen der Verlängerung des Kyoto Protokolls über 2012 hinaus der Preis für CO2 Emissionsrechte aus Projekten in den Entwicklungsländern (sog. CERs) zunächst deutlich anstieg.

Allerdings währte die Freude nicht lange, denn wegen der als enttäuschend empfundenen Ergebnisse des EU Gipfels kam es in der Woche des 12. Dezember 2011 zu einem deutlichen Kursrutsch in praktisch allen Anlagekategorien: Aktien, Euro, Rohstoffe. Lediglich Staatsanleihen konnten sich dem Abwärtstrend entziehen.

Für Investoren ist die Botschaft der Märkte eindeutig: Finger weg von Aktien, Rohstoffen und dem Euro. Alle Drei bewegen sich unter der 200 Tage Linie, Aktien seit Anfang August, der Euro seit Anfang September und Rohstoffe, zumindest Edelmetalle, wie Gold, seit letzter Woche. Die 200 Tage Linie markiert für Investoren die Grenze zwischen Bärenmarkt und Bullenmarkt. Bewegen sich die Kurse oberhalb der 200 Tage Linie, spricht man von einem Bullenmarkt, liegen sie darunter, spricht man von einem Bärenmarkt. Besonders schlimm wird’s, wenn die 200 Tage Linie fällt, wie bei Öl, oder beim Dax.

Der Kursrutsch spiegelt die Einschätzung der Märkte wider, dass sich das Wirtschaftswachstum sowohl in Europa als auch weltweit in 2012 deutlich abschwächen wird, bis hin zu einer erneuten Rezession in Europa.
Ursache sind die EU Gipfel Beschlüsse, die als deflatorisch für die Wirtschaft in Europa bewertet werden. Einige Kommentatoren vergleichen Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits mit Reichskanzler Brüning, der in der Krise Anfang der 1930er Jahre einen strikten Sparkurs fuhr und damit die Wirtschaftskrise deutlich verschärfte und das Ende der Weimarer Republik einläutete. Der Rest ist Geschichte.

Aber die von den „Märkten“ herbeigewünschten Alternativen sehen nicht besser aus: Der Europäischen Zentralbank ist es verwehrt, unbegrenzt Geld zu drucken durch den Aufkauf von Staatsanleihen; anders als die US amerikanische Fed hat sie kein „Lender of Last Resort“ Mandat.

Die Ausgabe von Eurobonds ist aus einer Reihe von Gründen auch nicht der Weisheit letzter Schluss, schlussendlich wird damit nur den Finanzspekulanten das Leben erleichtert, denn dann müssten sie nicht mehr gegen die Staatsanleihen einzelner Länder wetten, sondern könnten das nur noch gegen die Eurobonds tun. Deutsche Staatsanleihen würden mit in den Abwärtsstrudel gezogen. Wie das im Detail mithilfe der sogenannten CDS (Credit Default Swaps) funktioniert, kann man z. B. hier auf der Witschaftsinformationsseite „thestreet.com“ nachlesen, teilweise in drastischer Ausformulierung („economic terrorism against Europe“), die Wallstreet in nicht allzu günstiges Licht rückt.

Dass die Wirtschaftserwartungen und CO2 Emissionen eng miteinander verknüpft sind, sieht man am Preiseinbruch für Emissionsrechte im EU-ETS. Der CO2 Markt erwartet einen Einbruch in der wirtschaftlichen Aktivität im kommenden Jahr. Wenn Kraftwerke, Fabriken und Stahlwerke weniger produzieren, brauchen sie auch weniger Energie, emittieren weniger CO2 und benötigen deswegen weniger CO2 Rechte.

Meldungen, wie diese , der Preiseinbruch zeige, dass die CO2 Märkte nicht funktionierten, beweist lediglich, dass einige nicht begriffen haben, weswegen der Emissionshandel in der EU eingeführt wurde und wie er funktioniert.

Der EU Emissionshandel ist ein planwirtschaftliches System, mit dem Emissionsbudgets ex ante für Fünfjahresperioden im Voraus festgelegt werden, um vorher beschlossene umweltpolitische Ziele, wie die im Kyoto Protokoll vereinbarten, genau einzuhalten.

Was dann in diesen Fünfjahresperioden in der realen Welt passiert, ob mehr oder weniger Zertifikate als vorab zugeteilt benötigt werden und ob der Preis für Zertifikate steigt oder fällt, ist vorher nicht absehbar, und ist mit ein Grund, weswegen eine Planwirtschaft nicht perfekt ist.

Der Emissionshandel ist ein System, mit dem das umweltpolitische Ziel, die Mengenbegrenzung, genau eingehalten wird, weil es ordnungsrechtlich vorgegeben wird.
Der Handel dient lediglich dazu, die Kosten der Zielerreichung zu minimieren, aber durch den Handel an sich wird keine Minderung herbeigeführt. Der Preis der Zertifikate ist vorab unbekannt. Grundlegende ökonomische Theorie des Emissionshandels.

Wenn der Preis jetzt niedrig ist, bedeutet das nur, dass - aus welchem Grund auch immer – die Nachfrage nach Rechten zurückgegangen ist, aber nicht, dass das umweltpolitische Ziel nicht mehr eingehalten wird.

Und der wahre Grund für die verringerte Nachfrage ist nicht gut für uns: Wirtschaftsabschwächung im kommenden Jahr, deswegen werden weniger CO2 Emissionen erwartet, und die Preise fallen.

Dass die Protagonisten der „Energiewende“ und der „Erneuerbaren Energien“ Bauchschmerzen haben, wenn sie sehen, dass man eine Tonne CO2 im Europäischen Emissionshandelssystem für ca. 7 Euro reduzieren kann, während die Reduzierung einer Tonne CO2 durch Windenergie ca. 30 – 60 Euro kostet und durch Photovoltaik ca. 300 – 500 Euro, nimmt wenig wunder, denn es könnte ja jemand auf die Idee kommen, den ökonomischen Irrsinn der Subventionierung „Erneuerbarer Energien“ zu hinterfragen.