Aktuelle Witterungsentwicklung in Deutschland2. Mai 2020Am 7. April 2020 hatten wir die Vorhersage gewagt, dass der April 2020 in Deutschland insgesamt um mindestens 2°C zu warm und mindestens um 30% zu trocken ausfallen wird und dass in einigen Teilen Deutschlands mit einer erneuten Dürre zu rechnen ist.Diese Vorhersage ist nicht nur voll und ganz eingetroffen, sondern wurde noch weit übertroffen. Deutschlandweit war der April 2020 im Vergleich zu 1961 – 1990 um 3,1°C zu warm und um ca. 70% zu trocken, d. h. der Niederschlag erreichte nur etwa 30% des Normalwertes. Vor allem die Sonnenscheindauer erreichte Rekordwerte, da praktisch der gesamte Monat von blockierenden Hochdruckgebieten über Mittel- und Nordeuropa charakterisiert wurde, in deren Bereich es zu großräumiger Wolkenauflösung kam. Damit setzte sich auch in diesem Jahr der schon seit 2 – 3 Jahrzehnten zu beobachtende Trend hin zu warmen, trockenen und sonnigen Aprilmonaten fort, anstelle des in den vorangegangenen Jahrzehnten üblicherweise aufgetretenen “Aprilwetters”, also des nasskalten, windigen Schauerwetters. Als Ursache für diese Witterungsumstellung im April hatten wir bereits vor einigen Jahren eine grundlegende Umstellung der atmosphärischen Zirkulation über dem Ostatlantik und Europa identifiziert: Nämlich statt eines Hochs (Wellenbergs) über dem zentralen und östlichen Atlantik und eines Tiefs über Mitteleuropa (Wellental) die genaue Umkehr dieses Zirkulationsmusters mit einem Tief (Wellental) über dem Ostatlantik und einem Hoch (Wellenberg) über dem europäischen Festland. Dieses Hoch hatte im April 2020 den Charakter eines blockierenden Hochdruckgebietes, das sich von Mitteleuropa bis zum europäischen Nordmeer und teilweise bis nach Island erstreckte. Im Bereich dieses Hochs kam die Luft seltener aus Südost bis Südwest, sondern – besonders im Norden und Osten Deutschlands – aus Ost bis Nordost. Deswegen war es dort relativ gesehen kühler als im Süden und Westen, aber auch deutlich trockener. Inzwischen hat sich die Wetterlage umgestellt und es wird im Bereich von Tiefdruckgebieten feuchtere und kühlere Luft aus Westen herangeführt. Ob durch diese Niederschläge das Niederschlagsdefizit der vergangenen Wochen ausgeglichen wird ist derzeit eher fraglich. Den jetzt vorliegenden Berechnungen der Vorhersagemodelle zufolge soll es in der Woche des 4. Mai 2020 zwar überwiegend kühler als normal werden, nur in der zweiten Wochenhälfte etwas wärmer, aber größere Niederschläge werden nicht erwartet. Allenfalls regional, etwa in Alpennähe kann es größere Regenmengen geben. Ende der Woche soll es zum Aufbau eines blockierenden Hochdruckgebietes über dem Nordostatlantik bis hin nach Grönland kommen, an dessen Ostseite in den Folgetagen ein Kaltluftstrom aus dem europäischen Polarmeer nach Mitteleuropa einsetzt und hier erneut zu sehr kühler und auch feuchter Witterung führen wird. Dieses Zirkulationsmuster entspräche dem klassischen Aprilwetter der Vergangenheit. Im Zeitablauf würde dies etwa mit den sog. Eisheiligen zusammenfallen, eines in der Meteorologie wohlbekannten Kälteeinbruchs, der oft Mitte Mai eintritt. Aus heutiger Sicht erscheint eine Neuauflage der Situation von 2018, in der auf einen extrem warmen und auch trockenen April ein fast noch wärmerer und trockener Mai folgte, sehr unwahrscheinlich. Gegenwärtig deutet die von den Computermodellen vorausberechnete Witterungsentwicklung in den nächsten 10 – 15 Tagen eher auf einen zu kühlen und möglicherweise auch zu feuchten Mai hin, es sei denn, die Witterungsentwicklung ändert sich nach der Monatsmitte dramatisch. Im sog. Singularitätenkalender, d. h. in der Aufeinanderfolge, bekannter, regelmäßig eintretener Witterungsanomalien kommt es nach den Eisheiligen Mitte Mai gegen Ende Mai zu einer warmen und trockenen Periode, die bis Anfang Juni andauert. Inwieweit auf diesen Singularitätenkalender, der aus der Witterungsgeschichte zwischen dem 19. und der Mitte des 20. Jahrhunderts abgeleitet wurde, heute noch Verlass ist, sei dahingestellt. Allein die dramatischen Veränderungen im April zeigen, dass sich die Witterungs- und die Zirkulationsmuster in den vergangenen Jahrzehnten doch sehr deutlich verändert haben. Weitergehende Schlussfolgerungen über die Witterung der Folgemonate, insbesondere über den Sommer 2020, lassen sich gegenwärtig nicht ziehen. Die Zusammenhänge zwischen der April bzw. der Maiwitterung und den nachfolgenden Sommermonaten sind statistisch nicht signifikant und lassen deswegen keine belastbaren Aussagen zu. |
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