Rekordtief im Preis für Emissionsrechte: Scheitert das europäische Emissionshandelssystem EU-ETS?



1. Februar 2013


Wieder einmal ist der Preis für CO2 - Emissionsrechte im europäischen Emissionshandelssystem EU-ETS deutlich gefallen, was zahlreiche Beobachter, besonders aus den Reihen der Finanzpresse, unken lässt, der Emissionshandel sei gescheitert (s. z. B. hier ). Rufe werden laut, die Politik solle einschreiten, um den CO2 Markt zu stützen.

Dies kann nur auf einem grundlegenden Missverständnis darüber beruhen, wie der europäische Emissionshandel funktioniert (s. dazu auch hier ).

1. Nicht durch den Handel werden die CO2 Emissionen reduziert, sondern durch die rechtsverbindliche Festlegung einer Emissionsobergrenze. Diese Obergrenze wurde in der Emissionshandelsrichtline in der Fassung vom 17. Dezember 2008 festgelegt.

2. Der Handel mit Emissionsrechten minimiert lediglich die Kosten der Einhaltung der rechtsverbindlichen Emissionsobergrenze an jeder einzelnen Anlage, die dem System unterliegt.

Der europäische Emissionshandel ist ein ex ante System, in dem vor Beginn der jeweiligen Handelsperiode, in diesem Fall für 2013 – 2020, festgelegt wird, wie viel im System insgesamt und von jeder Anlage, die dem System unterliegt, in jedem einzelnen Jahr emittiert werden darf. Entsprechend dieser Menge werden Zertifikate von den zuständigen Behörden zugeteilt.

Im Grunde ist das ein planwirtschaftliches System, wenn für fünf (wie in der Vergangenheit) oder für acht Jahre im Voraus festgelegt wird, wie viel eine Anlage in jedem Jahr emittieren darf und was ihr dann dem Plan entsprechend zugeteilt wird.

Im Bereich der Stromwirtschaft wird ab 2013 nicht mehr für eine einzelne Anlage zugeteilt, sondern nur für den Bereich der europaweiten Stromerzeugung insgesamt.
Dies geschieht auf dem Wege einer Auktionierung, bei der ein Anlagenbetreiber für jedes Jahr diejenige Menge an Zertifikaten erwerben muss, die er für den Betrieb seiner Anlage benötigt. Die gesamte Zertifikatemenge, die auktioniert und dem Markt zur Verfügung gestellt wird, orientiert sich an der politisch festgelegten Zielvorgabe, die Emissionen zwischen 2005 und 2020 um 21% zu reduzieren.
Hierzu wird die jährliche Zertifikatemenge ausgehend von 2010 pro Jahr um 1,74% reduziert. Diese stringente Begrenzung der in den Markt gegebenen Zertifikate sichert die Einhaltung der politisch festgelegten Emissionsobergrenze, egal ob anschließend ein Handel stattfindet oder nicht.

Da eine Planwirtschaft über keine hellseherischen Fähigkeiten verfügt, kann sie nicht voraussehen, wie sich der tatsächliche Bedarf an Zertifikaten entwickelt, sondern sie kann lediglich sicherstellen, dass nicht mehr emittiert als zugeteilt wurde.

Entwickelt sich die Wirtschaftslage positiv, wird mehr produziert als zur Zeit der Planaufstellung erwartet wurde, steigt der Bedarf an Zertifikaten und ihr Preis wird steigen.
Finden die Anlagenbetreiber Wege, ihre Emissionen zu reduzieren, benötigen sie weniger Zertifikate und der Preis wird ebenso fallen.
Entwickelt sich die Wirtschaftslage schlechter als zur Zeit der Planaufstellung erwartet wurde, wird weniger produziert, dann wird weniger Energie benötigt, und es wird dann auch weniger CO2 emittiert.

In dieser Situation befinden wir uns gegenwärtig. Wegen der schwachen Wirtschaftsentwicklung in der EU, insbesondere in den südlichen EU Ländern, werden weniger Zertifikate benötigt, als man bei Planaufstellung glaubte und zur Zuteilung freigegeben hat. Als Folge davon geht die Nachfrage zurück und der Preis fällt.

Unabhängig davon, ob der Preis fällt oder steigt, wird die klimapolitisch festgelegte Emissionsobergrenze aber auf jeden Fall eingehalten, weil eben nur so viele Zertifikate in den Markt gegeben werden, wie zur Zielerreichung erforderlich sind.

Mit anderen Worten: Der Emissionshandel erfüllt sein Ziel einer punktgenauen Emissionsminderung auf jeden Fall voll und ganz.

Die Tatsache, dass der Preis für Emissionsrechte fällt, hat überhaupt gar nichts damit zu tun, ob der Emissionshandel funktioniert, oder nicht, sondern nur damit etwas, dass es gegenwärtig billig ist, die politisch festgelegten Emissionsobergrenzen einzuhalten. Das kann sich jederzeit wieder ändern, wenn sich die Wirtschaftslage bessert.

Die Tatsache, dass von Seiten der Finanzwirtschaft über die niedrigen Zertifikatspreise gemault wird, erweckt und nährt den Verdacht, dass einige große Investoren auf dem falschen Fuß erwischt wurden, die long CO2 gegangen sind, also auf steigende Preise gesetzt haben und jetzt auf hohen Verlusten sitzen, sich also verspekuliert haben.

Überhaupt ist ja die Finanzwirtschaft ein großer Verfechter der Klimakatastrophenthese und lässt kaum eine Gelegenheit aus, um den Klimahype anzufachen, wohl im Glauben darauf, hier das große Geschäft machen zu können, insbesondere durch den Handel mit Emissionsrechten.

Die Politik sollte sich dadurch nicht irritieren lassen: Denn was schadet der realen Wirtschaft mehr: Wenn die Produktionsmittel der Realwirtschaft verteuert werden, nämlich die Energiepreise über höhere CO2 Zertifikatspreise, oder wenn sich Spekulanten der Geldwechslerökonomie verspekuliert haben und Verluste einfahren.

Die klimapolitische Meßlatte ist und bleibt, dass die festgelegten Emissionsobergrenzen eingehalten werden, egal ob der Zertikfikatepreis hoch oder niedrig ist.