Das Klimaversprechen von Elmau

9. Juni 2015

Erst Jubel, dann Ernüchterung: So kann man die Reaktion der Medien auf das Klimaversprechen des G7 Gipfels der wichtigsten westlichen Industrienationen im bayerischen Schloss Elmau vom vergangenen Wochenende umschreiben.
Die G7 Länder haben sich verpflichtet, das 2°C Ziel anzuerkennen und dafür ihre CO2 Emissionen in diesem Jahrhundert gegenüber den Emissionen 2010 auf Null zu reduzieren, d. h. ihre Wirtschaft in den kommenden 85 Jahren vollständig zu dekarbonisieren. Bis zum Jahre 2050 sollen die Emissionen um 40 - 70% reduziert werden.
Das ist eine schöne Absichtserklärung und man vermisst fast noch die Erklärung, für den Frieden zu sein, den Hunger in der Welt bis zum Ende des Jahrhunderts zu besiegen und auch noch die Einkommensungleichheiten in der Welt zu beseitigen.

Die G7 Erklärung reiht sich nahtlos in gleich- bis ähnlich lautende Forderungen der Weltbank, der OECD und der IEA ein, mit denen uns die Medien und Umweltlobby Organisationen in den letzten Jahren überschüttet haben.

Diese G7 Forderungen sind allerdings nicht neu, bereits beim G8 Treffen im italienischen Aquila im Juli 2009 wurde das 2°C Ziel anerkannt und bis zum Jahre 2050 eine 80%ige Emissionsminderung versprochen, obwohl damals das Referenzjahr offen blieb.

Wenn der G7 Gipfel nunmehr eine Minderung von 40 - 70% bis 2050 verspricht, was im arithmetischen Mittel einer Minderung von 55% gleichkommt, dann bleiben die diesjährigen Forderungen/Versprechen des G7 Gipfels doch deutlich hinter vorherigen Versprechen zurück, was wohl auch zumindest teilweise der Grund für die jetzt einsetzende Ernüchterung der Medien und der Umweltorganisationen ist.

Ist das ein Zeichen für die einsetzende realistischere Bewertung der immensen wirtschaftlichen Schwierigkeiten bei der Abschaffung des bestehenden Energieversorgungssystems der Welt, das zu ca. 85% auf der Nutzung fossiler Energieträger beruht?

Vielleicht ja. Denn in den politischen Führungsriegen der Industrienationen wird sich mittlerweile herumgesprochen haben, dass man die vorhandene Energieversorgung nicht einfach so ohne weiteres abschaffen (dekarbonisieren) kann, ohne eine vernünftige Alternative zu haben, die Vergleichbares wie das jetzt existierende System leistet: Nämlich eine bedarfsorientierte, bezahlbare und auch umweltverträgliche Energieversorgung.

Da diese Alternative in den nächsten drei Jahrzehnten nicht absehbar ist, reduzierte man die Ziele bis 2050 und erhöhte sie einfach für die 50 Jahre danach. Niemand weiß, was dann sein wird und Ziele bis 2100 kann man ja einfach mal in den Raum stellen, man selber wird dann ohnehin nicht mehr unter den Lebenden weilen, also ist es eh egal.

Die eindimensionale Weltsicht vieler Auguren und Akteure, dass wegen des Klimaproblems nur eine CO2 freie Energieversorgung akzeptabel sein kann, stößt an ihre Grenzen, wenn ein alternatives CO2 - freies Energieversorgungssystem das bestehende nicht ersetzen kann. Dies ist im Augenblick und auf absehbare Zukunft nicht der Fall, egal, wie viele behaupten, dies sei problemlos und zu geringen Kosten möglich.

Dass dies nicht der Fall ist, sieht man an der deutschen Energiewende, mit der die Stromverbraucher pro Jahr mit über 20 Mrd. Euro belastet werden - ohne dass dabei auch nur eine Tonne CO2 reduziert wird, weil die eingesparten Emissionen in der deutschen Krafterzeugung wegen des europäischen Emissionshandels an anderer Stelle zusätzlich emittiert werden können. Eine Emissionsminderung im Gesamtsystem findet deswegen nicht statt.

Auch wenn dies nicht so wäre, ist das deutsche System eine "Energiewende ins Nichts". Man braucht sich nur die Frage zu stellen, wo denn der Strom herkommen soll, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, was hierzulande überwiegend der Fall ist. Die Umsetzung der deutschen Energiewende hat für den Rest der Welt keine Vorbild- sondern allenfalls eine abschreckende Funktion: So mit Sicherheit nicht.

Überdies ist das Klimaproblem immer weniger ein Problem, das die G7 oder auch die OECD Staaten alleine lösen können, weil deren Emissionen seit mehr als 20 Jahren überhaupt nicht mehr gestiegen sind: Der gesamte Emissionszuwachs kommt aus den Nicht OECD Staaten, sehr viel davon aus China und Indien. Bereits heute liegen die Emissionen der Nicht OECD Staaten etwa 55% höher als die der OECD Länder - mit steigender Tendenz. Das Schicksal des Klimas (insoweit es durch Treibhausgase bestimmt wird) liegt in diesem Jahrhundert in den Händen dieser Länder und nicht (mehr) in den Händen der klassischen Industrieländer.

Dessen ungeachtet wird der Kampf der Umweltlobbygruppen und der mit ihnen verbündeten Medien (in Deutschland fast Dreiviertel aller Journalisten) gegen die fossilen Energien ungebrochen weiter gehen. Der Hauptfeind der Umweltlobby ist nun die Kohle.
Die Kohle nimmt jetzt die Rolle ein, die die Atomkraft mehr als 30 Jahre innehatte. Jetzt, da die Kernkraft zumindest in Deutschland besiegt wurde, muss ein neuer Feind, ein neuer Lebensinhalt für die Umweltbewegung her, und das ist der Kampf gegen die Kohle. Sie wird in den nächsten 30 Jahren mit der gleichen Härte, der gleichen Kompromisslosigkeit bekämpft werden, wie in den 30 Jahren davor die Kernkraft.

Vielleicht wird sich die Kohle verbrauchende Industrie schon viel früher der politischen Korrektness beugen (wie schon so oft zuvor) und sich selbst abschaffen. Dann kann man ja mal überlegen, wo die Energie herkommen und wodurch diese Wirtschaftszweige und ihre Arbeitsplätze ersetzt werden sollen.