Warum ein Emissionshandel das Mittel der Wahl bei der Durchsetzung einer Klimadiktatur ist27. Oktober 2021Seit 2005 gibt es in der EU einen Emissionshandel für Industrieanlagen mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als 20 MWth. Darunter fallen alle mittleren und größeren Industrieanlagen in der EU, etwa 12.000 an der Zahl.Dieser Emissionshandel wurde als Pilotphase für die Zeit 2005 – 2007 und als erste Handelsphase für die Zeit 2008 – 2012 eingeführt. Die Regelungen für die Handelsperiode 2013 – 2020 wurden vom EU Parlament am 17. Dezember 2008 beschlossen. Wie funktioniert ein Emissionshandel als klimapolitisches Instrument? Im Vorfeld der Einführung des Emissionshandels in der EU in 2005 durch die Verabschiedung der EU Emissionshandelsrichtlichtlinie im Oktober 2003 bestand bei vielen Unklarheit über die Wirkungsweise eines Handelssystems. So setzte sich die Industrie Ende der 1990er Jahre stark für einen Emissionshandel ein, weil sie die von der EU Kommission ursprünglich geplante CO2 Steuer ablehnte. Steuerbeschlüsse müssen von den EU Mitgliedsstaaten einstimmig gefällt werden. Diese Einstimmigkeit war jedoch nicht herbeizuführen und scheiterte am Widerstand einiger Mitgliedsstaaten. Die Industrie war der Auffassung, sie könne von einem Emissionshandelssystem profitieren. Grüne Gruppierungen hingegen lehnten einen Emissionshandel ab, weil sie argumentierten, die Wirtschaft würde sich durch einen Emissionshandel von ihren CO2 Minderungsverpflichtungen freikaufen. Das ginge natürlich nicht. Offenbar hatten damals weder die Industrie noch die Grünen begriffen, wie ein Emissionshandelssystem funktioniert. Denn der Kern eines CO2 - Emissionshandelssystems, das im Englischen “cap and trade” heißt, ist die ordnungsrechtliche Festlegung einer Emissionsobergrenze, quasi ein Brennstoffrationierungssystem. Denn die CO2 Emissionen sind mit einem festgelegten Brennstoffeinsatz verknüpft. Wird für eine Industrieanlage die CO2 Emission begrenzt, heißt das automatisch, dass nur eine bestimmte Brennstoffmenge eingesetzt, sprich verbrannt, werden kann. Korrekterweise müßte man eigentlich Kohlenstoffmenge sagen, denn die verschiedenen fossilen Energieträger weisen, auf den Energiegehalt bezogen, einen unterschiedlichen Kohlenstoffgehalt auf. Als Faustregel kann man sagen, dass das Verhältnis der Kohlenstoffgehalte der einzelnen Brennstoffe folgendermassen aussieht: Braunkohle 120, Steinkohle 100, Erdöl 80 und Erdgas 60. Das bedeutet beispielsweise, dass durch den Einsatz von Erdgas statt Braunkohle die CO2 Emissionen etwa halbiert werden (60/120 = 0,5) können. Ein Emissionshandel kommt jetzt dadurch ins Spiel, dass ein Emittent für jede Kohlenstoffmenge des eingesetzten und verbrannten Brennstoffes (und des in die Atmosphäre emittierten CO2s) einen Erlaubnisschein, ein Emissionszertifikat benötigt. Diese Zertifikate haben eine zweifache Funktion: Einerseits muss der Anlagenbetreiber anhand dieser Zertifikate gegenüber der zuständigen Behörde nachweisen, dass er seine gestatteten Emissionen im abgelaufenen Jahr nicht überschritten hat. Andrerseits sind diese Zertifikate an speziell hierfür eingerichteten Märkten handelbar und innerhalb der Hndelsperiode zwischen den einzelnen Jahren auch übertragbar (banking und borrowing). Die Gesamtemissionen der Handelsperiode dürfen dabei aber nicht überschritten werden. Diese Zertifikate muss der Emittent kostenpflichtig von der zuständigen Behörde (in Deutschland die Deutsche Emissionshandelsstelle DEHSt) erwerben (in der Pilotphase 2005 – 2007 wurden diese Zertifikate kostenfrei zugeteilt). Jede der Industrieanlagen unterliegt einem stringenten Monitoringsystem, mit dem nachgehalten wird, wieviele Brennstoffe sie im Laufe eines Jahres eingesetzt bzw. wieviel CO2 sie emittiert hat. Sie muss dann der zuständigen Behörde nach Ablauf eines Jahres ausreichend Zertifikate in Höhe der während des abgelaufenen Jahres emittierten CO2 Mengen vorweisen. Während des Jahres sind die Zertifikate an einer speziell hierfür eingerichteten Handelsplatform handelbar. Das kann z. B. bedeuten, dass ein Anlagenbetreiber Zertifikate kauft, wenn er abzusehen meint, mit den zugeteilten Emissionsrechten nicht auszukommen, oder verkauft, wenn er meint, am Ende des Jahres Zertifikate übrig zu haben, also weniger emittiert, als er zunächst glaubte. Die meisten Anlagenbetreiber werden versuchen, sich strategisch zu verhalten, nämlich zu kaufen, wenn die Zertifikate billig sind und zu verkaufen, wenn sie teuer sind. Im Emissionsrechtehandel spielt also ein erhebliches spekulatives Moment mit, d. h. also nicht nur die physische Verknappung oder eine Überzahl von Emissionsrechten, sondern auch Markterwartungen, die eintreffen können, oder auch nicht, so wie das auf den Finanzmärkten und im Rohstoffhandel üblich ist. Für das Verständnis des Emissionshandels ist es ferner wichtig zu wissen, dass das EU – ETS ein sog. ex ante System ist. Das bedeutet, die gesamte während einer Handelsperiode zugeteilte Emissionsmenge wird vor dem Beginn der Handelsperiode für den gesamten Zeitraum festgelegt, für den Zeitraum 2013 – 2020 durch einen Beschluß des EU Prlamentes vom 17. Dezember 2008. Ferner wird auch der Minderungspfad während dieser Handelsperiode festgelegt; er betrug im EU – ETS 2013 – 2020 -1,74% pro Jahr, also die zulässige Emissionsmenge reduziert sich von Jahr zu Jahr. Für den Zeitraum 2021 – 2030 soll der Reduktionspfad -2,24% pro Jahr betragen, wird aber im Rahmen der totalen De – Karbonisierungsstrategie der EU nachverschärft. Man erkennt unmittelbar, dass ein “Emissionshandelssystem” nicht originär ein marktwirtschaftliches, sondern ein stringentes planwirtschaftliches Instrument ist, da entlang einer Zeitachse strikt vorgegeben wird, wieviel CO2 ein Anlagenbetreiber emittieren darf, verbunden mit der Pflicht, über die Höhe der Emissionen ein Monitoring durchzuführen und darüber in Form der vorzulegenden Emissionsrechte einen genauen Nachweis zu führen. Der marktwirtschaftliche Aspekt kommt dadurch ins Spiel, dass dem Anlagenbetreiber überlassen bleibt, wie er die ihm durch die begrente Zuteilung von Emissionsrechten auferlegten planwirtschaftlichen Minderungsverpflichtungen erfüllt: Durch technologische Veränderungen an seiner Anlage, durch Produktionsminderung oder durch Zukauf von Zertifikaten. Der Charme des Systems besteht darin, dass ordnungsrechtlich festgelegte CO2 Minderungen exakt erfüllt und die Kosten der Zielerreichung minimiert werden, weil durch den Handel mit den Emissionsrechten der Markt den kostengünstigsten Weg sucht, die vorgegebenen Minderungen zu erreichen. Diese sind mit einem Emissionshandel nach den bisher vorliegenden Erfahrungen erheblich kostengünstiger zu erzielen, als mit strammen ordnungsechtlichen Vorgaben, wie z. B. in diesem Gutachten für die FDP gezeigt wurde. In den letzten Jahren ist vermehrt Kritik laut geworden, das EU – ETS würde nicht funktionieren, weil die Preise für Emissionsrechte zu niedrig seien. Man brauche wesentlich höhere Preise, um Anlagenbetreiber dazu zu bewegen, in klimafreundliche Technologien zu investieren. Das zeigt, dass diese Kritiker nicht verstanden haben, wie ein Emissionshandelssystem funktioniert. Denn dieses System stellt über die begrenzte Zuteilung von Zertifikaten sicher, dass die ordnungsrechtlichen Minderungsvorgaben erfüllt werden, egal ob der Preis für Emissionsrechte hoch oder niedrig ist. Das entscheidende sind die Verkappungsvorgaben im System durch die begrenzte Ausreichung von Emissionszertifikaten. Der Preis ist die abhängige Variable in diesem System (s. dazu auch die Diskussion hier). Der Grund, weswegen die Preise einige Jahre recht niedrig waren ist, dass man 2008, als man den Minderungspfad für 2013 – 2020 ex ante festgelegt hat, nicht damit gerechnet hat, dass es nach 2008 in Europa zu einer Wirtschaftskrise kommen würde, besonders in den südlichen Staaten der EU, wodurch die die Nachfrage nach Zertifikaten europaweit zurückgegangen ist. Die CO2 Minderungen wurden in diesem Fall eingehalten, weil die Produktion zurückgegangen ist; weniger Nachfrage nach Zertifikaten, sinkende Preise. Das zeigt aber darüber hinaus, dass eine Planwirtschaft nicht perfekt ist und nicht einige Jahre im Voraus erkennen kann, wie die wirtschaftliche oder technologische Entwicklung voranschreitet. Wie dem auch sei, das EU – ETS System soll mit dem KSG und dem BEHG auch auf die Bereiche ausgeweitet werden, die ihm nicht unterliegen, insbesondere der Brennstoffeinsatz in den Bereichen Haushalte und Verkehr (s. die Diskussion hier). Die Festlegung sektoraler Ziele ist jedoch ein grundsätzliche falscher Ansatz, da die Kosten der Emissionsminderung in den einzelnen Sektoren sehr unterschiedlich sind. Stattdessen sollte es ein globales Minderungsziel geben, das den gesamten Nicht – EU – ETS Bereich umfasst und zusätzlich noch flexible Instrumente zulassen sollte. Will heißen: Es können auch außerhalb dieses Bereiches Zertifikate generiert werden, die zur Emissionsminderung in diesem Bereich eingesetzt werden können. Da der Emissionshandel gerade die Kosten der Emissionsminderung minimieren soll, sollte der Bereich, der den Emissionshandel umfasst, so groß wie möglich gewählt werden, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass besonders viel dort gemindert wird, wo die Kosten am geringsten sind. Wir haben hier auf diesen Seiten bereits vor 10 Jahren einen Vorschlag unterbreitet, wie ein solches System aussehen könnte. Der Beitrag sollte eigentlich eine Satire sein, aber manchmal überholt die Realität die Satire. Wir hatten damals bereits die Auffassung vertreten, dass die Ausweitung eines Emissionshandelssystems auf alle Lebensbereiche der einfachste Weg ist, die Klimadiktatur durchzusetzen. Denn damit erspart man sich ein undurchdringliches regulatorisches Dickicht mit Vorschriften, Verboten und Strafen und ersetzt es durch eine einzige Zahl: Nämlich die in einem jeweiligen Jahr zulässigen Emissionen und reicht die hierfür erforderlichen Emissionsrechte entweder an den Indenverkehrbringer fossiler Brennstoffe oder – wie in unserem Beispiel - an die Bürger selbst aus, die dann entscheiden können (und müssen) wie sie ihre CO2 Ration aufbrauchen. Falls ein erhöhter Bedarf an Emissionsrechten besteht, können diese auf den hierfür geschaffenen Markt zugekauft werden. Wird weniger verbraucht als zugeteilt, können die Emissionsrechte verkauft werden. Dieses System erspart wie gesagt ein Dickicht aus Ordungsrecht und Verboten. Denn dann können die Bürger selbst entscheiden, wie sie CO2 sparen: Entweder durch Verzicht (z. B. weniger Auto fahren, weniger Heizen), durch Anschaffung eines Elektroautos, oder durch Heizungsmodernisierung, oder Photovoltaik auf dem Dach, Wärmepumpe oder durch Zukauf von Emissionsrechten: CO2 Sparen wird zu einer wirtschaftlichen Entscheidung des Einzelnen. Das verdeutlicht aber auch, dass das angeblich marktwirtschaftliche Instrument eines Emissionshandels in Wahrheit ein stringentes System der Kohlenstoffzwangsbewirtschaftung ist, denn der zulässige Verbrauch von Kohlenstoff – in der Form von CO2 – Emissionen – ist strikt reglementiert und begrenzt (und unterliegt einer strengen Überwachung durch Monitoringsysteme). Die Vorteile eines Emissionshandelssystems gegenüber dem Ordnungsrecht kännen jedoch nicht den Blick darauf verstellen, dass die Preise von Emissonsrechten sehr volatil sind. Im EU – ETS haben sie sich in den letzten 2 – 3 Jahren etwa Verzehnfacht, von ca. 5 – 10 auf 50 – 60 EUR/tCO2. Die niedrigen Preise der letzten Jahre haben die Illusion genährt, dass Emissionsminderungen in einem Handelssystem immer besonders preisgünstig sind. Diese Auffassung läßt ausser acht, weswegen dies in der Vergangnheit so war. Nämlich, wie bereits oben ausgeführt, überwiegend wohl deswegen, weil man bei der Festlegung des Emissionspfades im Jahre 2008 nicht wußte, dass es nach 2008 zu einer Wirtschaftskrise in Europa kommen würde, wodurch die Nachfrage nach Emissionszertifikaten gesunken ist. Ferner sind die frühen Emissionsminderungen in einem solchen System immer die billigsten (low hanging fruit). Je stärker die Anforderungen an Emissionsminderungen entlang der Zeitachse zunehmen, was im System ja so angelegt ist, desto kostspieliger werden sie. Der Preis von Emissonsrechten steigt absehbar – wie hoch ist unbekannt. Exorbitante Preissprünge sind durchaus denkbar, denn bereits geringfügige Verknappungen können zu großen Preissprüngen bei fossilen Energien und Emissionsrechten führen, wie wir dieses Jahr gesehen haben. Möglicherweise wird dann ein weiteres Problem eines Emissionshandels sichtbar: Die Grenzvermeidungskosten können deutlich höher werden, als die Grenzschadenskosten für das Klima (also die Kosten einer zusätzlichen vermiedenen t CO2 im Vergleich zu den Schäden, die diese zusätzliche t CO2 im weltweiten Klima bewirkt hätte, insoweit wie diese Schäden überhaupt monetisierbar sind; in der klima – ökonomischen Literatur gibt es eine große Spannweite hierüber). Will heißen: Die Medizin kann schlimmer sein, als die Krankheit. In dem Fall wird ein Emissionshandelssystem ineffizient. Vorher festgelegte Minderungsziele werden zwar eingehalten, sind aber zu teuer im Vergleich zu den vermiedenen Klimaschäden. Die internationale und die nationale Klimapolitik vieler Länder haben sich jedoch auf die Reduzierung einer bestimmten CO2 Menge festgelegt, nämlich oftmals auf Net – Zero bis 2050, OHNE nach den Kosten zu fragen. Es wird einfach behauptet, das muss so sein, wir müssen die 1,5 Grad Vorgabe des Pariser Klimaabkommens einhalten, egal, zu welchen Kosten. Es ist offensichtlich, dass die gegenwärtige klimapolitische Architektur von fixen Reduzierungsmengen innerhalb eines bestimmten Zeitraums hochgradig ineffizient ist. Ein Ausweg könnte darin bestehen, fixe Reduzierungsziele, wie Net – Zero bis 2050, abzuschaffen, oder sicherzustellen, dass die Kosten der Zielerreichung nicht die Kosten der Klimaschäden übersteigen. Möglicherweise wäre es sinnvoller (und auch einfacher administrierbar) eine CO2 Steuer einzuführen, die sich etwa an den Werten der Klimaschäden einer zusätzlich emittierten t CO2 orientiert. In Deutschland werden oft Zahlen von etwa 180 EUR/t CO2 genannt, die aber im Lichte der international in der Literatur diskutierten Werte absolute Ausreißerwerte darstellen; die amerikanische Umweltbehörde EPA z. B. nennt Zahlen für die sog. “Social Cost of Carbon” von etwa 40 USD pro t CO2. Die internationale Klimapolitik und die Festlegung von bestimmten Klimagas – Minderungszielen sollten grundlegend überarbeitet werden. Das starre Festhalten an “gestatteten” Temperaturanstiegen, verbunden mit “gestatteten” nationalen Emissionsbudgets ist zum Scheitern verurteilt, da es zu ruinösen Auswirkungen für einzelne Volkswirtschaften führen kann, weil die Kosten der Emissionsminderungen den Nutzen durch vermiedene Klimaschäden erheblich übersteigen können. Eine solche Klimapolitik wäre zutiefst irrational. |
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