Der Einstieg in den Ausstieg aus der Braunkohle21. Juli 2015Anfang Juli hat das Bundeskabinett beschlossen, die umstrittene Klimaabgabe für alte Braunkohlenkraftwerke nicht einzuführen und stattdessen 2,7 GW Kapazität an Braunkohlekraftwerken ab 2017 sukzessive abzuschalten – aber nicht stillzulegen – und in eine Reservekapazität zu überführen.Anschliessend sollen diese Kraftwerke aber doch nach und nach innerhalb von vier Jahren stillgelegt werden, was einem sukzessiven Braunkohleausstieg gleichkommt. Die Kraftwerksbetreiber sollen für die Bereithaltung der Reservekapazität mit ca. 800 Mio. EUR pro Jahr entschädigt werden. Dass sich ausgerechnet die Windenergielobby, die in Deutschland Jahr für Jahr hohe Milliardensubventionsbeträge von den Stromverbrauchern einkassiert, darüber aufregt, dass Braunkohlekraftwerke für einen begrenzten Zeitraum 800 Mio. EUR pro Jahr für die Aufrechterhaltung einer Reservekapazität erhalten sollen, hat einen recht unangenehmen Beigeschmack. Vorausgegangen waren Proteste sowohl der Gewerkschaften, die einen Arbeitplatzverlust im Braunkohlenbergbau und im Kraftwerksbereich befürchteten als auch Proteste der Kraftwerks- und Braunkohlentagebaubetreiber. Inwiefern sich die jetzt getroffene Vereinbarung für die Arbeitsplatzsituation langfristig besser auswirkt, als der erfolgreich abgewehrte Versuch, ältere Braunkohlekraftwerke einer Zwangsbesteuerung zu unterwerfen, bleibt abzuwarten. 2,7 GW Braunkohlekapazität entsprechen immerhin etwa 13% der insgesamt installierten Leistung. Wenn sie nach einer Wartezeit von vier Jahren stillgelegt werden, wird auch das notwendigerweise Auswirkungen auf die Arbeitsplätze haben. Durch die jetzt vereinbarte Lösung sollen die CO2 Emissionen aus Braunkohlekraftwerken bis 2020 nicht um zusätzliche 22 – wie ursprünglich geplant - sondern nur noch um 12,5 Mio t reduziert werden. Dies hat absehbar in den links – alternativen Medien Empörung ausgelöst (s, z. B. den Kommentar von Gerald Traufetter im Spiegel 28/2015 auf S. 67). Sigmar Gabriels zutreffender Auffassung, wir können nicht gleichzeitig aus der Kernenergie und der Kohleverstromung aussteigen, setzt er entgegen, dass genau dies passieren müsse. Und je länger man warte (mit dem Ausstieg aus der Kohleverstromung), desto teurer werde es. Da irrt Traufetter: Je schneller das passiert, desto teurer wird es. Er begreift offenkundig nicht, dass durch einen schnellen Ausstieg aus der Kohleverstromung die Grundlast, die durch das Abschalten der Kernkraftwerke bis 2022 verloren geht, nicht mehr bereitgestellt werden könnte. Wo soll der Strom denn herkommen, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht? Wenn man dann keine Kohlekraftwerke mehr hat, gibt es halt keinen Strom mehr – und das wird dann richtig teuer für die Bürger und die Wirtschaft. Er begreift ferner nicht, dass durch ein vorzeitiges Abschalten der deutschen Kohlekraftwerke, die alle dem europäischen Emissionshandelssystem EU – ETS unterliegen, keine CO2 Emissionen eingespart werden, weil die Emissionen europaweit gedeckelt sind, und alles, was hier eingespart wird, anderweitig in Europa mehr emittiert werden kann. Im Gesamtsystem werden dann keine CO2 Emissionen reduziert, obwohl in Deutschland CO2 eingespart wurde. Das weiß auch Sigmar Gabriel ganz genau. Zudem ist der entscheidende Faktor für das Erreichen des klimapolitischen Zieles der Bundesregierung, die CO2 Emissionen bis 2020 um 40% gegenüber 1990 zu reduzieren, nicht die Minderung zusätzlicher 22 Mio t aus Braunkohlekraftwerken, sondern ganz grundsätzlich die Frage, ob und wie denn bis 2020, innerhalb von fünf Jahren gegenüber heute ca. 25% der Emissionen (etwa 200 Mio. t) gemindert werden können, was einer Reduktion von 40% gegenüber 1990 entspräche. Die Versteifung auf eine politische Zielvorgabe, für die es keine naturgesetzliche Notwendigkeit gibt, und die nur eine politische Absichtserklärung ist, erscheint kontraproduktiv, wenn dadurch andere politische Ziele gefährdet werden, wie eine Vermeidung zusätzlicher Belastungen für sozial Schwache, oder die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Eine klimapolitische Zielvorgabe kann kein Selbstzweck sein, der umgesetzt werden muss, koste es, was es wolle, sondern sie muss im Konsens mit anderen politischen Zielen erfüllt werden. Die Kosten einer solchen Politik dürfen nicht größer sein als ihr Nutzen. Wie dem auch sei, eine 25%ige CO2 Emissionsminderung gegenüber heute wird es in Deutschland bis 2020 nicht geben, egal, was behauptet, gefordert, an Klimaprogrammen oder –paketen verkündet, oder sonst wie „auf den Weg gebracht“ wird. Denn dies würde völlig unrealistische Dekarbonisierungsraten von knapp 5% pro Jahr erfordern, was einfach nicht darstellbar ist. 25% Minderung in fünf Jahren hat selbst Griechenland nicht geschafft, wo die Wirtschaftsleistung wegen des rigiden Sparkurses in den letzten fünf Jahren um ca. 25% geschrumpft ist. Ich biete hiermit jemandem, der anderer Aufassung ist, noch einmal, wie bereits hier, eine Wette über EUR 1000 an. Wenn Deutschland seine CO2 Emissionen bis 2020 gegenüber heute (Zahlen 2013) um 25% reduziert, verliere ich 1000 EUR, wenn weniger reduziert wird, gewinne ich 1000 EUR. Any takers out there? Vielleicht ist Wirtschaftsminister Gabriel, Umweltministerin Hendricks, Greenpeace, oder Gerald Traufetter ja bereit, diese Wette anzunehmen. |
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