Dieselchaos

18. Dezember 2017

Die Dieseldiskussion in Deutschland wird immer chaotischer und teilweise auch peinlicher. Neuer Höhepunkt ist die Forderung von VW Chef Müller, die „Dieselsubventionen“ abzubauen und stattdessen die Elektromobilität mehr zu fördern, sprich mehr zu subventionieren. Müller hat sich mit ähnlichen Forderungen bereits im Sommer 2016 hervorgetan.

Wir erinnern uns: Die deutsche Automobilindustrie (um nicht den jetzt üblichen Terminus „Autobauer“ zu verwenden) hat voll auf die Weiterentwicklung der Dieseltechnologie gesetzt, um die immer schärferen Verbrauchsvorgaben der EU zu erfüllen.

Die Rechnung ging auch eine Reihe von Jahren auf, bis bis vor zwei Jahren aufflog, dass VW (und wohl auch andere „Autobauer“) mit einer „Schummelsoftware“ die NOX Emissionen ihrer Dieselfahrzeuge kleingerechnet haben. Hinzu kam, dass in Deutschland laut über Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in belasteten Innenstädten nachgedacht wird. Die Ursache für erhöhte NOX Werte in Innenstädten wird in erhöhten NOX Emissionen von Dieselfahrzeugen gesehen.

Als Folge dieser Unsicherheiten ist der Absatz von Dieselfahrzeugen in den vergangenen zwei Jahren deutlich zurückgegangen.

Der eigentliche Push in Richtung E-Mobility und weg vom Verbrennungsmotor kommt jedoch aus der klimapolitischen Ecke. Besonders die Grünen fordern aus Klimaschutzgründen ein Verbot von Neuzulassungen von Verbrenungsmotoren ab 2030, was mit anderen politischen Akteuren (CSU, FDP) nicht machbar ist.

Im europäischen Ausland, z. B. in GB und in F will man den Verbrennungsmotor 2040, in NL und A sobald wie möglich abschaffen.

In der VR China, weltweit größter Automobilmarkt und größter Exportmarkt für die deutsche Automobilindustrie, existiert in vielen Metropolregionen bereits heute ein quasi-Zulassungsverbot für Verbrennungsmotoren, weswegen die Zulassungen für Elektrofahrzeuge in den letzten zwei bis drei Jahren sprunghaft angstiegen sind.
Landesweit soll in den kommenden Jahren eine Elektroquote eingeführt werden, wodurch die Elektrozulassungen noch einmal stark steigen werden. Klar ist, dass die deutsche Automobilindustrie sich an die politischen Gegebenheiten anpassen muss, wenn sie weiter auf diesem wichtigen Markt präsent sein will.

Aber wenn dies so ist, sollte man das auch ganz klar sagen und nicht hier in Deutschland so tun, als müsse man die „Dieselsubventionen“ abschaffen und durch Elektrosubventionen ersetzen.

Zudem: Elektrofahrzeuge werden bereits hoch subventioniert, aber von den Autokäufern trotzdem links liegen lassen, weil jeder weiß, dass die Elektromobilität soviele praktische Nachteile aufweist, dass ein Kauf nicht in Frage kommt.

Auch wenn man hört, der Diesel wird subventioniert, dann muss man sich doch mal einige Fragen stellen.
Zwar ist die steuerliche Belastung von Dieselkraftstoff ca. 18 Cents/l niedriger als die von Otto – Kraftstoffen, aber inwieweit eine geringere steuerliche Belastung eine Subvention darstellt, muss einem jemand mal erklären.
Eine Subvention ist ein Mittelabfluss aus der Staatkasse, um eine Aktivität zu finanzieren, die anderweitig nicht wirtschaftlich wäre, wie z. B. das Betreiben von Photovoltaik- oder Windkraftanlagen (obwohl natürlich auch hier der Begriff der Subvention im engeren Sinne nicht zutrifft, da diese Finanzierung nicht mit Steuergeldern erfolgt, sondern durch eine Umlage auf die Stromverbraucher).

Hinzu kommt, dass Dieselfahrzeuge in der Anschaffung ca. 10% teurer sind, als vergleichbare Fahrzeuge mit Otto – Motor und, sehr wichtig, eine erheblich höhere KfZ Steuer erhoben wird, wodurch die angeblichen Subventionen in Höhe von mehr als 7 Mrd. EUR auf nur etwas mehr als1 Mrd EUR reduziert werden.

Das ist noch nicht alles: Wie BILD meldet, müssen Dieselfahrer auch noch eine deutlich höhere KfZ Versicherung zahlen, zum einen, weil Dieselfahrzeuge meist höherpreisig sind und zum anderen, weil Dieselfahrzeuge in der Regel eine deutlich höhere Laufleistung haben.

Ein Dieselfahrzeug lohnt sich deswegen in der Regel erst, wenn man im Jahr mehr als 20 Tausend km fährt. Darum prüfe sorgfältig, wer sich einem Diesel anvertraut.

Was aber bleibt, ist der Klimavorteil eines Diesels gegenüber einem Benziner.

Das Problem hierbei: Die EU-Verbrauchsvorgaben sollen künftig soweit verschärft werden, dass auch der Diesel das nicht mehr schafft, auch wenn die ursprünglich geplanten Verschärfungen letzlich etwas abgemildert wurden.

Deswegen setzt die Automobilindustrie auf die Elektromobilität: Durch die klimapolitischen Beschlüsse der EU Kommission wird der Verbrennungsmotor (und nicht nur der Diesel) in der EU vom Markt verdrängt, weil er die klimapolitischen Vorgaben technisch nicht mehr einhalten kann.
Dass dabei die EU-typische bürokratische Überregulierung zum Zuge kommt, nämlich einerseits Verbot in einigen Mitgliedsstaaten und gleichzeitig ein quasi-Verbot durch stringente Verbrauchs- und CO2-Vorschriften, sei nur am Rande erwähnt.

Aber jetzt rückt die eigentliche Frage mehr und mehr in den Mittelpunkt: Ist die Elektromobilität wirklich klimafreundlicher als der Verbrennungs (auch Diesel) Motor?

Wir hatten in der Vergangenheit bereits mehrfach diese Frage aufgegriffen meist mit dem Ergebnis, das dem keineswegs so ist.

In letzter Zeit mehren sich nun Studien wie diese , die diesen Eindruck immer weiter festigen.

Bei der Betrachtung der Klima-Auswirkungen verschiedener Antriebstechnologien reicht es nämlich nicht aus, lediglich die Auspuffemissionen am Fahrzeug miteinander zu vergleichen. Vielmehr ist es wichtig, die gesamten Lebenszyklusemissionen von der Herstellung des Fahrzeugs über den Betrieb und der durch den Betrieb entstehenden Treibhausgas – Emissionen zu berücksichtigen.

In letzter Zeit wurde eine Reihe von Studien veröffentlicht, die eigentlich nur einen Schluß zulassen: das mit der Klimafreundlichkeit der Elektromobilität ist – wie so vieles, was einem die Mainstream Massen Medien vor allem im Umweltbereich weismachen wollen – Fake News.

So gelangen beispielsweise diese Autoren zum Ergebnis, dass bei der Herstellung eines Elektrofahrzeuges (BEV) zu den Bedingungen in der VR China ca. 50% mehr CO2 emittiert werden, als bei der Herstellung eines herkömmlichen Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor (ICEV) (ca. 15t CO2Eq statt ca. 10tCO2Eq).

Die Autoren weisen allerdings darauf hin, dass unter anderen Produktionsbedingungen in den USA oder Europa ganz andere Werte vorliegen können. So lägen die BEV Emissionen einer amerikanischen Studie zufolge ca. 34% über denen eines vergleichbaren ICEV Fahrzeuges ca. 9,4tCO2Eq statt a. 7,1tCO2Eq), in Europa sogar bei 13- 14 im Vergleich zu 6,5t CO2Eq; in Australien bei 13 im Vergleich zu 8tCO2Eq.
Absolut gesehen liegen die Werte in China am höchsten, was teilweise durch vergleichsweise geringere Energieeffizienz des Herstellungsprozesses und durch eine höhere Kohlenstoffintensität des Energieträgereinsatzes erklärt werden kann.

Den größten Beitrag zur Mehremission bei der Herstellung eines Elektrofahrzeugs stellt die Batterieproduktion dar. Es wird geschätzt, dass die Batterieproduktion pro KW ca. 150 – 200 kg CO2 emittiert. Das heißt, die Herstellung einer 60 KW Batterie (Basisausführung eines Tesla) würde bei Zugrundelegung des niedrigen Wertes allein schon 9t CO2 emittieren (s. auch hier ).

Im Mittel dieser Studien emittiert die Herstellung eines BEV etwa 5 t mehr CO2 als die Herstellung eines herkömmlichen ICEV.

Kann ein Elektrofahrzeug diesen Nachteil während seiner Lebensdauer wieder einholen?

Das hängt entscheidend davon ab, wie der Strom zum Aufladen des Fahrzeugs erzeugt wird
, wie bereits in anderen Studien gezeigt wurde.

Wenn man für die Situation in Deutschland eine Vergleichsrechnung durchführt, ergibt sich folgendes Bild:

Bei uns werden zur Erzeugung einer KWh Strom ca. 560 g CO2 emittiert, ein Wert, der sich in den kommenden Jahren wenig ändern wird, da die CO2-freie Kernenergie vom Netz genommen wird und nur teilweise durch CO2-freie Erneuerbare ersetzt werden wird (mangelnde wetterbedingte Verfügbarkeit). Der typische Stromverbrauch eines Elektrofahrzeugs liegt bei 15kWh pro 100 km, also bei 2250kWh bei einer typischen Fahrleistung von 15000 km pro Jahr. Dadurch werden dann 1,26t CO2 emittiert, in 10 Jahren 12,6t.

Nicht eingerechnet ist der mögliche Ersatz der Batterie, wodurch die Emissionen bei der Batterieherstellung noch einmal hinzuzurechnen wären.

Ein Dieselfahrzeug, das etwa 5l/100 km verbraucht, typische realistische Werte für moderne Dieselfahrzeuge, würde dann pro Jahr unter Zugrundelegung eines Emissionsfaktors von ca. 2,6 kg CO2 pro Liter Diesel und einer Laufleistung von 15000 km pro Jahr ca. 1,95t CO2 emittieren, etwa 0,7t mehr als der Betrieb eines Elektrofahrzeugs. In 10 Jahren würde diese Differenz dann ca. 7t betragen.
Anders ausgedrückt würde in diesem Rechenbeispiel ein Elektrofahrzeug erst nach einer Betriebszeit von ca. sieben Jahren (5/0,7) den Emissionsnachteil bei der Herstellung einholen.

Allerings sollte man beachten, das dies nur grobe Abschätzungen sind, die je nach Annahmen durchaus um plus/minus 20 – 30% schwanken können (s. dazu auch die Uncertainty Analysis hier).

Zu einem vergleichbaren Ergebnis ist Björn Lomborg bereits in einem Beitrag im Frühjahr 2016 hier gelangt. D. h. auch nach Berücksichtigung neuerer Literatur hat sich an dem grundsätzlichen Ergebnis nichts geändert:

Die Elektromobilität ist nicht klimafreundlicher als effiziente, moderne Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.

Der ganze E-Mobility Hype ist ein typischer Umwelthype ohne irgendwelche Substanz.


Der einzige umweltpolitische Vorteil der Elektromobilität: Keine Auspuffemissionen, Verbesserung der Luftqualität in belasteten Regionen – wobei die Luftqualität in Chinas Ballungsgebieten in keiner Weise vergleichbar mit der in Deutschland ist: Sie ist nämlich unvergleichbar schlimmer. Trotzdem ist die Lebenserwartung in China genauso stark gestiegen wie in den westlichen Industrieländern, wie z. B. in den USA. In Shanghai ist die Lebenserwartung sogar deutlich höher als in den USA, obwohl die Luftqualität erheblich schlechter ist.
Da sollte man auch mal drüber nachdenken, wenn behauptet wird, durch die Luftverschmutzung in Deutschland würden pro Jahr soundsoviel Tausend Menschen sterben. Aber das nur am Rande.

Dass die Politik, vor allem die Grünen, auf diesem Thema herumreiten und Deutschland zwangsweise in die Elektromobilität treiben wollen, zeigt nur ein weiteres Mal, das es häufig einen völligen Disconnect zwischen sachlichen Inhalten und politischen Forderungen gibt:
Politische Forderungen folgen ihrer eigenen Logik, die mit Sacherwägungen wenig oder gar nichts zu tun haben muss.

Im Gegenteil: Wenn politische Entscheidungen einmal getroffen wurden, stören sachliche Erwägungen eher, besonders dann, wenn sie die politischen Entscheidungen in Frage stellen. Etwas, was man in der Umweltpolitik und besonders in der Klimapolitik häufig sieht.


Disclaimer: Obwohl ich hier ein positives Votum für den Diesel abgebe, fahre ich selber kein Dieselfahrzeug. Stattdessen fahre ich amerikanische Fahrzeuge. Wichtigste Gründe: Die Fahrzeuge sind billig, robust und halten ewig.