GROKO und Energiewende



8. Januar 2014


Mit Spannung erwartet wurden die Ziele der Großen Koalition auf dem Gebiet der Klima- und Energiepolitik. Im Koalitionsvertrag werden sie unter Ziffer 4 auf den Seiten 49 – 61 dargelegt; unter Ziffer 4.1 werden die Ziele für Wirtschaft, Wachstum und Innovation beschrieben. Die Reihenfolge ist ein gutes Omen; zumindest ist erkennbar, wo die Prioritäten der Regierungsarbeit zu liegen scheinen.

Folgende Punkte sind heraushebenswert:

Zitat:

Die Bundesregierung setzt sich für ambitionierte nationale und internationale Klimaschutzziele ein (40% bis 2020 in Deutschland, 40% in der EU bis 2030, bis 2050 80 – 95% in Deutschland), will aber sicherstellen, dass:“ die Erreichung ambitionierter europäischer Klimaschutzziele darf nicht zu Nachteilen für energieintensive und im internationalen Wettbewerb stehende Industrien führen und ist so zu gestalten, dass carbon leakage vermieden wird.“

Die Energiewende ist ein richtiger und notwendiger Schritt auf dem Weg in eine Industriegesellschaft, die dem Gedanken der Nachhaltigkeit und der Bewahrung der Schöpfung verpflichtet ist. Sie schützt Umwelt und Klima, macht uns unabhängiger von Importen, sichert Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Deutschland.

Die Ziele des energiepolitischen Dreiecks - Klima- und Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit - sind für uns gleichrangig. Die Energiewende wird nur dann bei Bürgern und Wirtschaft Akzeptanz finden, wenn Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit gewährleistet sowie industrielle Wertschöpfungsketten und Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Reform des EEG

Die Koalition strebt eine schnelle und grundlegende Reform des Erneuerbare- Energien-Gesetzes (EEG) an und legt sie bis Ostern 2014 vor mit dem Ziel einer Verabschiedung im Sommer 2014, um verlässliche Rahmenbedingungen in der Energiepolitik zu schaffen. Altanlagen genießen Bestandsschutz. Der Vertrauensschutz im Hinblick auf getätigte und in der Realisierung befindliche Investitionen ist entsprechend zu gewähren.

Der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien erfolgt in einem gesetzlich festgelegten Ausbaukorridor: 40 bis 45 Prozent im Jahre 2025, 55 bis 60 Prozent im Jahr 2035. Jährlich wird der Fortgang des Ausbaus im Hinblick auf Zielerreichung, Netzausbau und Bezahlbarkeit überprüft (Monitoring).

Die Energiewende ist nicht zum Nulltarif zu haben. Die Gesamtkosten sind in den letzten Jahren aber schnell und stark gestiegen. Private und gewerbliche Stromkunden müssen erhebliche Lasten tragen. Die EEG-Umlage hat mittlerweile eine Höhe erreicht, die für private Haushalte und weite Teile der Wirtschaft, insbesondere auch mittelständische Unternehmen, zum Problem wird, wenn es nicht gelingt, die Kostendynamik zu entschärfen.

Die Förderung der Erneuerbaren will die Koalition mit Blick auf bezahlbare Strompreise kosteneffizienter gestalten. Überförderungen werden wir schnell und konsequent bei Neuanlagen abbauen; Altanlagen genießen Bestandsschutz.

Auch in Zukunft muss die Versorgungssicherheit gewährleistet sein, also jederzeit der nachgefragten Last eine entsprechend gesicherte Erzeugungsleistung in Deutschland gegenüber stehen. Die konventionellen Kraftwerke (Braunkohle, Steinkohle, Gas) als Teil des nationalen Energiemixes sind auf absehbare Zeit unverzichtbar. Durch den kontinuierlichen Aufwuchs der Erneuerbaren Energien benötigen wir in Zukunft hocheffiziente und flexible konventionelle Kraftwerke. Solange keine anderen Möglichkeiten (wie z. B. Speicher oder Nachfragemanagement) ausreichend und kostengünstig zur Verfügung stehen, kann Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie nicht entscheidend zur Versorgungssicherheit beitragen.

Zitat Ende

Zumindest auf dem Papier hören sich diese Vorschläge relativ vernünftig an und es scheint, als hätten die Koalitonäre begriffen, dass es so nicht weitergehen kann mit der unbegrenzten Subventionierung erneuerbarer Energien. Aber wie wir wissen, ist Papier geduldig, und das Entscheidende ist, wie diese vertraglichen Vereinbarungen umgesetzt werden.

Die „üblichen Verdächtigen“ wittern bereits Unrat und befürchten, unter Aufbietung recht eigenartiger Argumente (z. B. die Aussage, durch die Energiewende wurden in den letzten 10 Jahren pro Jahr 10 Mrd. EUR an importierten fossilen Energien eingespart; nicht die Energiewende, sondern die Nicht – Energiewende verursacht Kosten – Tsunamis, allein deswegen schon nicht stimmen kann, weil man den erneuerbaren Strom auch in fossilen Kraftwerken mit den heimischen Energieträgern Braunkohle und/oder Steinkohle hätte erzeugen können), die GROKO würde die Energiewende verspielen.

Auf der anderen Seite konnte man auch einem interessanten Vortrag von Hans Werner Sinn vom Münchener Ifo Institut entnehmen, weswegen der deutsche Weg einer Energiewende eine Energiewende ins Nichts darstellt, was wir hier auf climatetruth.com bereits vor knapp drei Jahren befürchtet haben.

Der Vortrag von Hans Werner Sinn ist aus einer Reihe von Gründen sehens- und hörenswert, wenn man einmal davon absieht, dass er die Klimakatastrophenpolemik unkritisch übernimmt, was aber ein anderes Thema ist.

1. Erneuerbare können fast keinen Beitrag zur Grundlaststromversorgung leisten, da es keine Speichersysteme im groß - industriellen Maßstab gibt.
2. Die Jahres - Durchschnittsleistung Erneuerbarer (Wind und Sonne) beträgt weniger als 10 % der installierten Leistung bei Sonne und weniger als 20 % bei Wind.

3. Durch erneuerbare Energien in der Stromerzeugung wird keine einzige Tonne CO2 eingespart, da die fossile Stromerzeugung in Deutschland dem europäischen Emissionshandelssystem EU – ETS unterliegt, weswegen hierzulande (durch Erneuerbare) eingesparte CO2 Emissionen anderen Emittenten Spielraum eröffnen, mehr CO2 zu emittieren. Die CO2 Emissionen sind durch das EU – ETS europaweit gedeckelt, in der Summe wird nicht weniger CO2 emittiert.

4. Erneuerbare in der Stromerzeugung tragen derzeit nur etwa 3% zum Endenergieverbrauch bei, über 80% werden von fossilen Energien gedeckt, vor allem im Verkehrsbereich, bei der Gebäudeheizung und in der Warmwasserbereitung.

Ohne die Koalitionsvereinbarung zur Klima- und Energiepolitik in ihrer vollen epischen Breite kommentieren zu wollen, hier nur einige grundsätzliche Anmerkungen:

Klimaziel 2020 -40% CO2 gegenüber 1990:

Das Klimaziel von -40% gegenüber 1990 würde gegenüber heute (Zahlen aus 2012, 2013 waren die CO2 Emissionen aber höher als 2012) eine Minderung von ca. 21% bedeuten. Dies würde innerhalb eines 7-jährigen Zeitraums bis 2020 eine höhere Dekarbonisierungsrate erfordern, als sie real in den 1990er Jahren durch den Zusammenbruch der DDR Industrie erreicht wurde. Muß man aus heutiger Perspektive als völlig unrealistisch bezeichnen, besonders, da der Trend in den vergangenen 5 – 10 Jahren kaum noch nach unten gewiesen hat.

900 Mio. Emissionsrechte dürfen nicht dauerhaft aus dem Europäischen Emissionshandelssystem entzogen werden („backloading“):

Wenn man eine solche Forderung liest, weiß man, dass genau dies nicht passieren wird: Die 900 Mio. Emissionsrechte werden nicht – wie geplant 2019 – wieder in das EU – ETS eingespeist, sondern werden ihm dauerhaft entzogen.
Wer weiß, wie Klima- und Umweltpolitik in Brüssel mit den vereinten Kräften der Kommission und den Umweltlobbygruppen gemacht wird, der weiß auch, wie das in der Regel abläuft:
Nämlich nach der altbekannten Salamitaktik. Forderungen aufstellen, politischen Druck machen, Forderungen durchsetzen, ein paar Jahre Ruhe halten, dann erneut Druck machen, bestehende Regelungen verschärfen.
So hat es in den letzten Jahrzehnten immer funktioniert, so wird es auch diesmal funktionieren. Bislang hat sich in Brüssel die Umweltlobby immer gegen die Industrielobby durchgesetzt.

Ausbaukorridor für Erneuerbare 40 – 45% bis 2025:

Wenn man davon ausgeht, dass damit die Stromerzeugung durch Erneuerbare gemeint ist, würde das gegenüber dem Stand von heute in etwa eine Verdoppelung bedeuten, denn gegenwärtig tragen Erneuerbare etwa 23% (ca. 140 Twh) zur Stromerzeugung von ca. 630 Twh bei, und von diesen 140 Twh Wind und Sonne gemeinsam etwa die Hälfte (Wind ca. 8%, Sonne ca. 4,2%, siehe z. B. hier ).

Da das Potential der Wasserkraft in Deutschland in etwa ausgereizt ist, und das Potential der Biomasse ebenfalls nur sehr stark eingschränkt steigerbar ist (schießlich will niemand den geliebten deutschen Wald abholzen, um daraus Brennholz oder Holz zur Stromerzeugung zu gewinnen, obwohl man bei den Klimaideologen nie so recht weiß), kann das realistischerweise nur durch einen massiven Ausbau von Wind und Sonne geschehen.
Nimmt man an, dass der Beitrag der Biomasse gegenüber heute maximal um 50% auf ca. 55 Twh gesteigert werden kann, müssten gegenüber heute rd. 120 Twh zusätzlich durch Wind und Sonne erzeugt werden, um einen Wert von etwa 280 Twh zu erreichen.

Bei diesem Ausbau sollen bei Neuanlagen Überförderungen vermieden werden; auch soll die Erzeugung von Stromspitzen durch Erneuerbare nur noch eingeschränkt vergütet werden, um das leidige und absurde Problem der Abnahme- und Vergütungsverpflichtung von Strom, der nicht gebraucht wird und dann zum Nulltarif ins Ausland verschleudert werden muss, wenigstens etwas zu entschärfen.

Ein Systemwechsel, bei dem der erneuerbare Stromerzeuger keinen grundsätzlichen Anspruch mehr auf Vergütung hat, egal, ob für seinen Strom Bedarf vorhanden ist, oder nicht (die eklatanteste Fehlsteuerung des EEGs, die man zu allererst hätte beseitigen müssen) findet jedoch nicht statt, weil dafür der politische Mut offenbar fehlt. Die Lobby der Erneuerbaren Energien hat sich hier durchgesetzt.

So akzeptiert die GROKO offenkundig, dass die Strompreise wegen des weiterhin steigenden Zubaus an Erneuerbaren Energieanlagen auch in Zukunft steigen werden, obwohl man den ungezügelten Zubau beenden und eingrenzen will. Die EEG Umlage wird deswegen auch in den kommenden Jahren steigen, aber die Anstiegsrate soll eingegrenzt werden.

Wie das realisiert werden soll, bleibt im Dunkeln. Immerhin würde die Planung bis 2025 einen Zubau von ca. 120 Twh Wind- und Sonnenstrom erfordern, gegenüber der heutigen Erzeugung von ca. 70 Twh, für die dem Stromverbraucher Einspeisevergütungen in Höhe von ca. 23 Mrd. EUR pro Jahr in Rechnung gestellt werden.
Die Einspeisevergütung wird nicht linear mit der zunehmenden Erzeugung steigen, sondern wegen des Preisverfalls bei Solaranlagen stark abgeschwächt. Wenn verstärkt Offshore Windanlagen ans Netz gehen, für deren Einbindung ins Stromnetz neue Stromübertragungsleitungen gebaut werden müssen, wird´s allerdings erst richtig teuer.
Sinken werden die EEG Vergütungen bis 2025 mit Sicherheit nicht, die Frage ist lediglich, wie stark sie steigen werden. Unangenehme Überraschungen sind nicht ausgeschlossen.

Durch den geplanten Zubau bis 2025 und eine zusätzliche Erzeugung von ca. 120 Twh kann rein rechnerisch die Erzeugung durch die bis dahin stillgelegten Kernkraftwerke in Höhe von etwa 100 Twh ersetzt werden. Da Kernkraftwerke grundlastfähig sind, EEG Anlagen aber nicht, wird es aber Zeiten geben, in denen EEG Anlagen keinen Strom erzeugen (wenn kein Wind weht und/oder keine Sonne scheint). Sie können dann nicht den Strom der stillgelegten Kerkraftwerke ersetzen, weswegen der Strom in konventionellen Kohle- und Gaskraftwerken erzeugt werden muss.

Die fossile Stromerzeugung wird dann nicht trotz, sondern wegen der „Energiewende“ zunehmen. Dies haben die Autoren eines Beitrages auf Spiegel Online nicht erkannt, wohl aber einige der Foristen, was einen hoffen lässt, dass die mentale Verblödung durch öko-sozialische Propaganda in diesem Land doch noch nicht so weit gediehen ist, wie man manchmal befürchtet.