Wieso werden die Sommer eigentlich immer wärmer?

9. September 2017

Diese Frage scheint angesichts der eher wechselhaften und überwiegend wenig hochsommerlichen Witterung in diesem Jahr kaum aktuell und wenig zeitgemäß zu sein. Aber Climatetruth kümmert sich ja ansonsten auch nicht darum, ob etwas zeitgemäß ist oder nicht oder ob es in die mediale Landschaft passt oder nicht.

Zudem haben wir uns der Frage, ob bestimmte Jahreszeiten in Deutschland wärmer geworden sind oder nicht, und wenn ja, was die Ursachen sind, bereits in der Vergangenheit mehrfach zugewandt.

Bezogen auf die Sommermonate und auf das gesamte Sommerhalbjahr April – September hatten wir bereits 2011 die Schlussfolgerung gezogen, dass die Sommer wärmer geworden sind.
Wir hatten das seinerzeit hauptsächlich mit veränderten Zirkulationsparametern über dem Ostatlantik und Europa begründet, aber auch mit einer steigenden Sonnenscheindauer und, auf anthropogene Faktoren bezogen, mehr auf einen deutlichen Rückgang der Sulfatkonzentration über Europa als auf einen gestiegenen Treibhauseffekt.
Der relative Strahlungseffekt über Europa durch sinkende Sulfatkonzentrationen seit ca. 1980 wird in der Literatur mit etwa 3 Wm-2 pro Jahrzehnt angegeben, insgesamt also ca. 10 W-2. Der Anstieg des anthropogenen Treibhauseffektes im gleichen Zeitraum insgesamt mit etwa 1.0 bis 1.5 Wm-2. Der Erwärmungseffekt durch die gesunkenen Sulfatkonzentrationen über Europa ist also fast eine Zehnerpotenz größer als der Effekt durch steigende Treibhausgaskonzentrationen.

In den vorangangenen Beiträgen haben wir Klimadaten bis 2009 bzw. bis 2010 betrachtet. Nachfolgend wollen wir den Zeitraum bis 2016 berücksichtigen. Ferner wollen wir neue Erkenntnisse aus der Fachliteratur zu dieser Frage mit einbeziehen.

In der nachfolgenden Tabelle 1 ist die Mitteltemperatur der Sommer und der Sommerhalbjahre in Deutschland auf Grundlage der mitteleuropäischen Temperaturreihe von Franz Baur für verschiedene Zeiträume gezeigt.
Die Baur Reihe stellt die Temperaturabweichungen an den vier Stationen De Bilt, Potsdam, Basel und Wien vom Mittel 1761 – 1970 dar. Diese vier Stationen können als repräsentativ für ganz Deutschland gelten, die Korrelation mit anderen deutschen Stationen liegt in der Regel im Bereich von 0,8 bis 0,9.
Ein städtischer Wärmeinseleffekt in den letzten Jahrzehnten ist nicht gänzlich auszuschließen, dürfte aber eher gering sein (kleiner als 0,02° C pro Jahrzehnt).

Anders als in der Original Baur Reihe sind in Tab. 1 die Abweichungen vom Klimamittel 1961 – 1990 gezeigt, um eine bessere Vergleichbarkeit mit der gegenwärtigen Klimanormalperiode zu ermöglichen.

Tabelle 1: Temperatur- und Niederschlagsabweichungen in Mitteleuropa in den vergangenen Jahrzehnten (Abweichungen vom Mittelwert 1961 - 1990 in °C bzw. in l/m2)

1990 – 1999 2000 – 2009 2010 – 2016
Sommer 0,86 1,34 1,52
April - September 0,66 1,35 1,37
April - Juni 0,57 1,60 1,30
Juli - September 0,76 1,02 1,42
Sommer Niederschlag - 5,9 11,1 20,1


Die Tabelle zeigt, dass die Sommer in den Jahren 2010 – 2016 gegenüber dem vorangegangegen 10 – Jahreszeitraum 2000 – 2009 wärmer geworden sind.
Die Erwärmungsrate hat aber im Vergleich zu den vorangegangenen Zeiträumen deutlich abgenommen. So ist 2010 – 2016 0,18° wärmer als 2000 – 2009, aber 2000 – 2009 war 0,48° C wärmer als 1990 – 1999 und 1990 – 1999 war 0,86° wärmer als 1961 – 1990. Die Erwärmung der Sommer in den letzten Jahrzehnten war also im Wesentlichen ein Effekt (wie hier bereits gezeigt) zwischen den 1970er bzw. den 1980er und den 1990er bzw. den 2000er Jahren.

Zwar ist die Erwärmung nach 2009 weiter gegangen, sie ist aber recht geringfügig und statistisch nicht signifikant.

Ein ähnliches Bild zeigt sich, wenn man die Sommerhalbjahre April - September betrachtet. 2010 – 2016 ist gerade mal 0,02°C wärmer gewesen als 2000 – 2009, statistisch gesehen im Irrelevanzbereich (eine Zehnerpotenz unterhalb der Meßgenauigkeit).

Allerdings haben sich die Erwärmungsraten zwischen den Monaten des Sommerhalbjahres deutlich verschoben:

Während sich das frühe Sommerhalbjahr April – Juni 2010 – 2016 um 0,3° gegenüber 2000 – 2009 etwas abgekühlt hat, ist das späte Sommerhalbjahr Juli – September mit plus 0,4° deutlich wärmer geworden.

Instruktiv ist ein Blick auf den zeitlichen Verlauf der Temperaturabweichungen seit den 1950er Jahren (Abb. 1 und Abb. 2), der als durchgezogene Linie einer Least Square Ausgleichskurve gezeigt ist, die eine bessere Darstellung des zeitlichen Ablaufs gestattet, als ein einfacher linearer Trend.

Abb. 1 Verlauf der Sommertemperaturen

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Man erkennt, dass die größten Veränderungsraten in den 1990er Jahren aufgetreten sind, während vor den 1980er und nach den 1990er Jahren nur geringe Verändeungen aufgetreten sind.

Diese Abbildungen zeigen zudem recht deutlich die Änderungen in der statistischen Verteilung warmer und kühler Sommer.

Während bis zum Jahre 1980 die Verteilung kühler und warmer Sommer in etwa ausgeglichen war, überwogen in den 1980er Jahren bereits die warmen Sommer. Nach 1990 gab es nur einen Sommer, der im Vergleich zum langfristigen Mittel 1761 – 1970 zu kühl war, nämlich 1993.

Demgegenüber gab es bereits in den 1980er Jahren einen Sommer, der mehr als 2° zu warm war, nämlich 1983, in den 1990er Jahren zwei, in den 2000er Jahren ebenfalls zwei und in den 2010er Jahren bislang einen (2015). Eine starke Zunahme extrem warmer Sommer ist bislang also nicht zu beobachten.

Was demgegenüber zu beobachten ist, ist eine starke Abnahme extrem kühler Sommer.


Der letzte zu kühle Sommer trat 1993 auf; nach dem Jahr 2000 gab es nur zwei Sommer, die weniger als ein Grad zu warm waren, nämlich 2004 und 2005. Aus der Grafik erkennt man, dass die kühlen Sommer nach dem Jahr 2000 in etwa so warm waren, wie die warmen Sommer vor dem Jahr 1980.

Hier zeigt sich der Charakter des Klimawandels in Deutschland sehr deutlich: Nach dem Jahr 2000 hat es im Vergleich zu 1990 – 1999 kaum eine Zunahme extrem warmer Sommer gegeben, aber eine deutliche Abnahme sehr kühler Sommer: Die statistische Verteilung hat sich geändert.

Mit anderen Worten: Die Sommer sind wärmer und ausgeglichener geworden.


Ein ähnliches Bild zeigt sich, wenn man die gesamte Vegetationsperiode (das Sommerhalbjahr) April – September betrachtet.

Abb. 2: Temperaturverlauf April - September

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Der größte Unterschied im Vergleich zum Sommer ist, dass der Temperaturanstieg zwischen den 1990er und den 2000er Jahren im Sommerhalbjahr mit plus 0,69° größer war als im Sommer mit plus 0,48°.

Das letzte zu kühle Sommerhalbjahr ist 1996 aufgetreten; seit dem Jahr 2000 sind alle Sommerhalbjahre mit Ausnahme von 2001, 2004 und 2010 mehr als 1°C wärmer als 1761 – 1970 gewesen. 2003, 2006, 2009 und 2016 waren sogar mehr als 2°C wärmer gewesen.

Seit dem Jahr 2000 waren die kühlen Jahre etwa so warm wie die warmen Jahre vor 1980.

Wie bei den Sommern, hat sich der Temperaturanstieg nach 2009 abgeflacht, bzw. war überhaupt nicht mehr signifikant (s. oben).

Ein Indikator für sommerliche Hitze- und Wärmeperioden ist die Zahl der sog. Sommer- und heißen Tage. Sommertage sind Tage mit einer Höchsttemperatur von mehr als 25 und heiße Tage sind Tage mit einer Höchsttemperatur von mehr als 30°C.
Wir hatten hier bereits den zeitlichen Verlauf in der Zahl derartiger Tage an mehreren deutschen Wetterstationen in den letzten Jahrzehnten gezeigt.
Ergebnis war, dass sich die Zahl der heißen Tage seit den 1990er Jahren bis 2009 im Vergleich zu den vorangegangenen Jahrzehnten in etwa verdoppelt hat und die Zahl der Sommertage etwa um 40 – 50% gestiegen ist – ein hochsignifikanter Anstieg.

Am Beispiel der Station Berlin – Dahlem ist der Verlauf der Heißen Tage, der Sommertage, der Tage mit Niederschlagsmengen von mehr als 10 l/m2 und der maximalen Tages - Niederschlagsmenge bis einschließlich 2016 in Tabelle 2 gezeigt. Die Niederschlagswerte beziehen sich auf den Zeitraum bis einschliesslich 2015.

Tabelle 2:

1955 – 1989 1990 – 1999 2000 – 2009 2010 – 2016
Heisse Tage 5,6 9,8 10,9 11,6
Sommertage 32,1 43,5 47,0 44,4
ExtrNiederschlag 36,3 32,3 35,8 35,5
ExtrNiedGT10mm 12,2 12,1 13,7 12,8


In den Jahren 2010 – 2016 ist die Zahl der Sommertage im Mittel von 47 Tagen in 2000 – 2009 auf 44.4 Tage gesunken. Die Zahl der heißen Tage ist in dieser Zeit von 10.9 auf 11.6 Tage gestiegen; beide Veränderungen sind statistisch nicht signifikant. Das heißt, im Rahmen der statistischen Unsicherheit hat es keine weitere Veränderung gegeben, was schlußendlich auch die geringfügigen Veränderungen der Sommertemperaturen in dieser Zeit widerspiegelt.

Die Extremniederschläge in Berlin sind in Tabelle 2 informationshalber mit aufgelistet und haben sich seit 1955 wenig verändert (trotz deutlicher Erwärmung!) Die maximalen Tagesmengen liegen relativ konstant bei etwa 36 l/m2, die Anzahl der Tage mit mehr als 10 Liter Niederschlag ist von ca. 12 auf ca. 13 angestiegen.

Ein kurzer Blick auf die Veränderungen der sommerlichen Niederschlagsbilanz in den vergangenen Jahrzehnten, dies wieder auf der Grundlage der Baur´schen Klimareihe.
In den 1990er Jahren sind die Sommerniederschläge im Vergleich zum Zeitraum 1961 – 1990 um 5,9 l/m2 gesunken, in den 2000er Jahren sind sie dann gegenüber den 1990er Jahren um 17 l/m2 gestiegen und in den 2010er Jahren bis 2016 sind sie im Vergleich zu den 2000er Jahren um weitere 9 l/m2 gestiegen.

Der Verlauf der Sommerniederschläge ist in Abb. 3 gezeigt.

Abb. 3

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Aus Klimamodellrechnungen abgeleitete Befürchtungen, Deutschland würde sich durch den Klimawandel in eine Steppe verwandeln, erhalten durch derartige Zahlen sicherlich keine Nahrung.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Sommer in Deutschland in den letzten Jahrzehnten wärmer, aber nicht extremer geworden sind.

Die Häufigkeit sehr kühler Sommer hat wesentlich stärker abgenommen, als die Häufigkeit sehr heißer Sommer zugenommen hat. Deswegen sind die Sommer wärmer, aber ausgeglichener geworden.

Gleichzeitig sind die Sommer etwas feuchter geworden, weswegen Befürchtungen, Deutschland würde sich in eine Steppe verwandeln, unbegründet sind.

Kommen wir nun zur eigentlichen Frage, nämlich, was ist der Grund dafür, dass die Sommer in den vergangenen Jahrzehnten wärmer geworden sind. Dieser Frage sind wir bereits hier genauer nachgegangen und haben sie für den Zeitraum bis 2009 beantwortet.

Unserer damaligen Einschätzung nach ist der Hauptgrund für die Erwärmung nicht nur des Sommers sondern des gesamten Sommerhalbjahres April – September eine Änderung der atmosphärischen Zirkulationsverhältnisse über dem Ostatlantik und Westeuropa, unterstützt von einem Anstieg der Sonnenscheindauer in den letzten Jahrzehnten und einem deutlichen Rückgang der abkühlenden Schwefelemissionen über Europa. Der Einfluss von Treibhausgasen wurde eher als unbedeutend angesehen, allein schon deswegen, weil die Zunahme des Treibhausgasbedingten Strahlungsforcings etwa eine Zehnerpotenz geringer war, als der Rückgang des kühlenden Strahlungsforcings durch Schwefelaerosole.

Hat sich an dieser Einschätzung etwas geändert hat, wenn man die Daten 2010 – 2016 mit berücksichtig?

Hierzu ist in Abb.4 der zeitliche Verlauf der 500 mb Geopotentialdifferenz zwischen dem Atlantik und Mitteleuropa gezeigt. Positive Werte bedeuten dabei eine verstärkte Südströmung und negative Werte eine verstärkte Nordströmung.

Abb. 4

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Man sieht, dass im Zeitraum 2010 – 2016 positive Werte eindeutig überwogen haben und dass sich demnach der Trend zu häufigeren und verstärkten Südströmungen im Sommer fortgesetzt hat. Dies war auch in den Sommerhalbjahren April – September generell der Fall.

Auch der Trend zu sonnigeren Sommern hat sich nach 2009 weiter fortgesetzt, ein weiterer Faktor, der in Richtung wärmere Sommer wirkt.

Ein weiterer Faktor, den wir bereits erwähnt hatten, ist die Abnahme der Schwefelkonzentration in der Luft. Der Haupteffekt des Rückgangs der Schwefelbelastung ist in den 1990er und 2000er Jahren aufgetreten.
Seit mehr als 10 Jahren sind die Schwefelkonzentrationen in der europäischen Umgebungsluft sehr gering und sind kaum noch zurückgegangen. Ein Erwärmungseffekt durch eine weitere Schwefelabnahme war und ist deswegen kaum zu erwarten.

Die Erwärmung der Sommer in Europa ist in den letzten Jahren zu einem populäreren Forschungsgegenstand geworden.
So wurde hier über die Zunahme heißer Tage in Europa berichtet. Auch über die Ursachen der Erwärmung wurde berichtet; hier wurde beispielsweise postuliert, dass es in den vergangenen Jahren häufiger zu bestimmten Wetterlagen gekommen ist, bei denen bestimmte Zirkulationsmuster quasi „eingefroren“ sind und in einigen Regionen zu teilweise extremen Wetteranomalien führen.

Auch wir konnten hier zeigen, dass sich die Zirkulationsverhältnisse über dem Ostatlantik in den letzten Jahren so verändert haben, dass Tiefdruckgebiete über dem Ostatlantik und Südwestströmungen über Europa jetzt häufiger auftreten als früher und dass dies der Hauptgrund für die Erwärmung der Sommer in Mitteleuropa (und Deutschland) ist.

Wir haben diesen Wetterlagentypus gelegentlich als TR20W Wetterlage bezeichnet, also ein Tiefdruckgebiet auf der Position 20W und 50N stellvertretend für den Ostatlantik. Im Detail kann diese Position natürlich schwanken, manchmal liegt sie eher auf 10W, manchmal eher auf 30W. Wichtig hierbei ist auch, ob dieses Tief dann Teil einer hemisphärischen 5er, 6er oder 7er Welle (Wellenzahlen 5 – 7) ist, d. h. also, ob die Nordhemisphäre dann von 5, 6 oder 7 Wellen umspannt wird. 6er und 7er Wellen mit Tiefpositionen auf dem Ostatlantik sind in Deutschland meist mit sehr warmer und stabiler Witterung verknüpft, wie z. B. im Sommer 2003.
Wellenzahlen 6 – 8 wurden z. B. auch bei Coumou et al (2014) und Petoukhov et al (2016) als diejenigen beschrieben, die im Sommerhabjahr stationär werden und zu regionalen Witterungsextremen führen können.

Allerdings entscheiden Details darüber, ob eine Südwestströmung bei uns eher feucht oder eher trocken ist. Allgemein kann man davon ausgehen, dass Wellentäler (Tiefdruckgebiete) auf 10°W oder noch etwas weiter östlich bei uns eher zyklonale (feuchte) Witterung verursachen, als Wellentäler (Tiefdruckgebiete) auf 30°W, die bei uns eher antiyzklonale (sonnige und trockene) Witteung verursachen.

Trotz häufigerer Südwestströmungen und wärmerer Witterung ist es in Deutschland im Sommer allgemein nicht trockener geworden.

Manchmal gehen derartige Wettersituationen mit sog. Blockierungssituationen einher, d. h. ortsfeste Hochdruckgebiete, die die normale Westströmung blockieren (manchmal auch als Omega Blocks bezeichnet), und das Übergreifen von Niederschlagsgebieten verhindern und zu Dürre und Hitze führen.

Gelegentlich wird in der Literatur die Auffassung vertreten, die Häufigkeit und intensität derartiger Wetterlagen hätte in letzter Zeit zugenommen (evtl. durch die Einwirkung von Treibhausgasen), besonders deswegen, weil sich die polaren Regionen stärker erwärmen als die mittleren Breiten (sog. Arctic oder Polar Amplification) und dass deswegen die Stärke der Westwindströmung in den mittleren Breiten abnehmen und sich die Tendenz zu Blockierungen verstärken müsse.

Das Argument hört sich zunächst durchaus vernünftig an. Allerdings konnten andere Forscher dies mit ihren Analysen nicht bestätigen; auch andere Beobachtungen zeigen nicht, dass sich die Häufigkeit von Blockierungen in den vergangenen Jahrzehnten im Sommer erhöht hätte.

Auch wir können auf der Grundlage der monatlichen Klimadaten des Meteorologischen Instituts der Freien Universität Berlin nicht bestätigen, dass die Stärke der Westwinddrift in 500mb ( in ca. 5,5 km Höhe) über Westeuropa (zwischen 45°N und 60°N) in den vergangenen Jahrzehnten abgenommen hat; im Gegenteil hat sie etwas zugenommen, so wie auch die Südkomponente der Strömung, was unserer Auffassung nach der Hauptgrund für die Erwärmung der Sommer in Deutschland ist.

Die Ursache für die Zunahme der sommerlichen Westdrift über Europa in den vergangenen Jahrzehnten ist ein vergleichsweise starker Geopotentialanstieg (d. h. die Höhe der 500 mb Fläche hat zugenommen) über Südwesteuropa dem nur geringe Veränderungen bzw. eine leichte Abnahme in der Höhe der 500 mb Fläche über Nordwesteuropa gegenüber stehen.

Dies scheint die subjektive Empfindung zu untermauern, dass es in den letzten Jahren kaum noch stabile Hochdruckwetterlagen im Sommer gegeben hat (besonders nicht im Sommer 2017); vielmehr scheint wechselhafte, aber relativ warme Witterung zu überwiegen, unterbrochen von gelegentlichen kurzen (1 – 3 Tage andauernden), aber intensiven Heißluftextrusionen aus Südwesteuropa.
Wichtig ist hierfür nahezu immer, dass über dem Ostatlantik ein kräfiges Tief liegt, auf dessen Vorderseite Heißluft von der nordwestlichen Sahara über das spanische Festland nach Mitteleuropa transportiert wird.
In der Regel wirkt diese Heißluft nur kurzfristig auf Westeuropa ein, bevor ein Zweig in das östliche und südöstliche Mitteleuropa und zum Balkan strömt.
Dort dauern die Hitzeextreme dann länger an, besonders dann, wenn das ostatlantische Tief etwas weiter östlich liegt, und der Heißluftstrom aus Algerien über Sardinien und Italien zum Balkan gelangt, während über dem nordwestlichen Mitteleuropa bereits wieder kühlere Luft eingeströmt ist.

Eine genauere Analyse dieser Zusammenhänge wäre sicherlich eine interessante Forschungsaufgabe.

Eine neuere Veröffentlichung wirft ein besonders interessantes Licht auf die Ursachen der Sommererwärmung in Europa.
Die Autoren haben mehrere Modellrechnungen durchgeführt, mit denen sie verschiedene Einflussfaktoren auf die Sommertemperaturen voneinander zu trennen versuchten. Diese Faktoren sind Treibhausgase, Schwefel Aerosolkonzentrationen und Meeresoberflächentemperaturen.

Die Ergebnisse sind in ihren Abbildungen 5 – 8 gezeigt. Hauptfaktoren für die Erwärmung sind demnach eine höhere Meerestemperatur und die zurückgehende Schwefelaerosolkonzentration über Europa. Die Autoren kommen – wie wir auch bereits 2011- zu dem Schluss, dass der klimaerwärmende Effekt zurückgehender Schwefelkonzentration um ein Vielfaches höher ist, als der Einfluss steigender Treibhausgaskonzentrationen.

Interessanterweise haben diesen Modellrechnungen zufolge höhere Treibhausgaskonzentrationen für sich genommen über West- und Mitteleuropa überhaupt nicht zu einem sommerlichen Temperaturanstieg (s. Abb. 5c, 6e und 7e in Dong et al, 2017 ) geführt, sondern zu einer Abnahme.

Die höheren Meerestemperaturen sollen über einen komplizierten Wechselwirkungsmechanismus über Europa zu einer geringeren Bewölkung, einer verstärkten Sonneneinstrahlung und mithin zu einer verstärkten Erwärmung geführt haben.

Diese geringere Bewölkung über Europa muss allerdings nicht notwendigerweise eine Auswirkung höherer Meerestemperaturen sein, sondern könnte ebenso gut eine Auswirkung der (tatsächlich beobachteten, s. Abb. 4) verstärkten und häufigeren Südwestströmungen sein, mit denen wolkenärmere Luft aus Südwesten herantransportiert wurde.

Diese Vermutung wird dadurch untermauert, dass in Deutschland die Sonnenscheindauer im Sommerhalbjahr sehr hoch mit der Stärke der Nord – Süd Strömungsanomalien korreliert, in dem Sinne, dass verstärkte Südströmungen mit einer höheren Sonnenscheindauer einhergehen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die andauernde Warmphase der Sommermonate nach 2010 in Deutschland sehr wahrscheinlich drei Ursachen hat:

1. Fortdauer einer anomalen Süd- bis Südwestströmung über weiten Teilen Europas, mit der Warmluft aus dem Südwesten nach Nordosten transportiert wird

2. Bedingt dadurch Rückgang der Bewölkung und zunehmende Sonnenscheindauer, die die Erwärmung verstärkt

3. Starker Rückgang der Schwefelkonzentrationen über Europa in den Jahrzehnten vor 2010 führte zu einem starken Rückgang des Schwefelbedingten Abkühlungseffektes, was auch nach 2010 dazu beiträgt, die Warmphase aufrecht zu erhalten.