Die Ökodiktatur

11. März 2018

Seit dem 27. Februar 2018 heißt der meistgehasste Mann Deutschlands Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe. Er war für die Klage beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen Dieselfahrzeuge verantwortlich, in der am 27. Februar 2018 ein Urteil ergangen ist.

In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht verkündet, dass Fahrverbote in Städten zulässig sind, in denen die Luftqualitätsgrenzwerte überschritten werden.
Es zielt besonders auf Dieselfahrzeuge ab, die für erhöhte NOX Werte in einigen Städten verantwortlich gemacht werden.

Das Urteil hat Freudenfeuer ((s.B. Der Spiegel 10/2018)) im links – liberal grün – alternativen Lager ausgelöst, aber Entsetzen bei 15 Millionen Dieselfahrern .

Die professionellen Autohasser sehen sich in ihrer Auffassung bestätigt, dass die Autos schon seit Jahrzehnten aus den Innenstädten hätten verbannt werden müssen.

Und überhaupt: Jetzt müssen wir endlich aus der Verbrennungstechnologie aussteigen und wer sich ein neues Auto anschafft, sollte an sich nur zur Elektromobilität greifen, da alles andere in Bezug auf Fahrverbote zu unsicher ist.

Autos mit Verbrennungsmotoren werden in der grün – alternativen Kampfpresse gemeinhin als „Stinker“ bezeichnet – niemandem scheint aufgefallen zu sein, dass Fahrzeuge mit Katalysator seit mehr als zwei Jahrzehnten Abgase produzieren, die farblos und geruchlos sind. Also auf jeden Fall keine qualmenden Stinker, wie vielleicht noch in den 1960er oder 1970er Jahren.

In der internationalen Presse war das Echo auf das Urteil teilweise etwas verhaltener, so z. B. in der NZZ:

Beim Feinstaub werden die Grenzwerte auch dank der Arbeit der Ingenieure in Deutschland fast überall eingehalten. Und die im Urteil im Vordergrund stehenden Stickstoffoxide aus dem Verkehr sind seit 1990 stark rückläufig, wenn sie auch punktuell noch zu hoch sind. Diese Fortschritte gehen weiter. Wenn die Deutsche Umwelthilfe, die hinter den Klagen gegen die Städte steckt, die Autoindustrie wegen der Stickstoffoxide der 'vorsätzlichen Körperverletzung mit Todesfolge in Tausenden Fällen' bezichtigt, hat sie deshalb jedes Maß verloren. (...)

Auch anderswo wurde das Dieselurteil eher sehr zurückhaltend bewertet

Auch auf diesen Seiten hatten wir kürzlich für etwas Mässigung in dieser Diskussion plädiert.

Dieser Abschnitt ist nachfolgend noch einmal wiedergegeben:

Im öffentlichen Diskurs über Schadstoffemissionen aus dem Strassenverkehr scheint verlorengegangen zu sein, dass wir bereits seit mehr als drei Jahrzehnten Schadstoffemissionen von KfZ reduziert haben, mit dem Ergebnis, dass diese Emissionen heute bereits um mehr als 90% reduziert wurden.
Die Luft auch in den Innenstädten ist heute deswegen unvergleichlich sauberer als vor 30 Jahren. Trotzdem wurden und werden die Grenzwerte immer weiter verschärft.

Die Tatsache, dass heute noch in einigen urbanen Regionen NOX Grenzwerte überschritten werden, ist nicht in erster Linie den Emissionen zuzuschreiben, sondern einer immer ambitionierteren Grenzwertverschärfung.

Begründet wurde dies mit statistisch – epidiomologischen Untersuchungen, denen zufolge ein statistischer Einfluss auf Morbidität und Mortalität nachgewiesen werden soll.
Toxikologisch ist eine gesundheitliche Auswirkung bei den heutigen (im Vergleich zu früher) geringen Konzentrationen nicht darstellbar und belegbar.

Die scharfen Grenzwerte wurden als Vorsorgewerte für die menschliche Gesundheit eingeführt, weil man grundsätzlich nicht völlig ausschliessen wollte, dass eine Auswirkung auch bei diesen geringen Werten auftreten könnte.
Deswegen handelt es sich um politisch definierte scharfe Grenzwerte, aber nicht um Grenzwerte, die zwingend aus epidiomologischen oder toxikologischen Erkenntnissen abzuleiten sind (s. dazu auch Die Grüne Machtergreifung).
Sehenswert hierzu ist auch die Aufarbeitung dieses Themas von Dieter Nuhr im Jahresrückblick 2017, der das sehr schön auf den Punkt gebracht hat.

Das sollte man in der momentanen emotional stark aufgeheizten Debatte vielleicht auch mal berücksichtigen.

Zitat Ende

Die EU - Vorsorgewerte für die menschliche Gesundheit sind zu einklagbaren Grenwerten geworden. Das verleiht ihnen eine völlig andere Qualität.

Es war absehbar, dass die Behörden in den besonders stark belasteten Regionen eingreifen könnten, da sie für die Einhaltung dieser Grenzwerte zu sorgen haben.
Dies ist zunächst einmal unabhängig davon zu sehen, ob diese scharfen Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit tatsächlich erforderlich sind, oder nicht: Sie sind geltendes Recht.

Das bedeutet: In erster Linie ist die EU wegen der stringenten Grenzwertfestlegung für das Desaster verantwortlich, und erst in zweiter Line Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe. Er fordert nur das ein, was die EU beschlossen hat.

Offen ist ferner, ob die Behörden tatsächlich Fahrverbote für Dieselfahrzeuge verhängen oder nicht. Das Leipziger Urteil räumt ihnen lediglich die rechtliche Möglichkeit hierfür ein.

Unklar ist zudem, welche Dieselfahrzeuge davon betroffen wären, da auch neuere Dieselfahrzeuge (Euro 5 und Euro 6) einen zu hohen NOX Ausstoß haben könnten.

Wie dem auch sei, was in dieser ganzen Debatte abstoßend wirkt, ist die extreme Polemik des grünen Lagers. Da wurde konfabuliert, wie z. B. von der Deutschen Umwelthilfe (s. NZZ):

Wenn die Deutsche Umwelthilfe, die hinter den Klagen gegen die Städte steckt, die Autoindustrie wegen der Stickstoffoxide der 'vorsätzlichen Körperverletzung mit Todesfolge in Tausenden Fällen' bezichtigt, hat sie deshalb jedes Maß verloren. (...)

Ja, das hat sie ganz klar, wie die meisten der grünen Vordenker in dieser Debatte. Denn man zeige einem einmal einen einzigen Toten, auf dessen Totenschein steht: NOX Vergiftung.

Diese sog. zusätzlichen Todesfälle sind statistisch gesehen keine zusätzlichen Toten, sondern lediglich Lebenszeitverkürzungen. Da ist jemand z. B. statt 82 Jahren, vier Monaten 10 Tagen nur 82 Jahre, vier Monate 2 Tage alt geworden.

Was bei dieser Diskussion von statistischen Lebenserwartungen ebenfalls unter den Tisch fällt ist, dass die Lebenserwartung in fast allen Lädern der Welt, so auch in Deutschland, in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen ist. Es ist statistisch und epidimiologisch sehr schwierig, einen Effekt von NOX bei den heute auftretenden sehr niedrigen Konzentrationen von anderen Einflussparametern (wie z. B. Feinstäube, SO2, Ozon, Raucher/Nichtraucher, Temperatur, Sommer/Winter, sozio- ökonomischer Status, Innenraum vs. Aussenbelastung etc. ) zu trennen, insbesondere dann, wenn toxikologisch überhaupt nicht belegbar ist, wie eine Schädigung der menschlichen Gesundheit bei den heute auftretenden niedrigen Konzentrationen zustande kommen soll.

Hinzu kommt das Paradoxon, dass die Lebenserwartung in manchen hochbelasteten Regionen, wie z. B. in China (Shanghai), höher ist, als in vielen Industrieländern mit erheblich sauberer Luft, wie z. B. in den USA.

Was aber am meisten irritiert – und was ein klarer Hinweis darauf ist, das wir es bei uns mit politisch definierten Grenzwerten zu tun haben und nicht mit Grenzwerten, die aus epidiomologisch – toxikologischen Erkenntnissen zwingend abzuleiten sind – ist die Tatsache, dass die amerikanische Umweltbehörde EPA auf Grundlage der gleichen epidiomologisch – toxikologischen Erkenntnisse wie in Europa einen NOX Grenzwert festgelegt hat, der mehr als doppelt so hoch ist, wie der europäische.

Hier ein Vergleich der europäischen und amerikanischen Luftqualitätsgrenzwerte.

Nun ist die EPA durchaus nicht zimperlich und geht hart gegen Umweltsünder vor, wie wir spätestens seit der VW Abgasaffäre wissen. In einer Verlautbarung der EPA vom Juli 2017 heißt es zu den NOX Grenzwerten:

On July 14, 2017, based on a review of the full body of scientific evidence, EPA proposed to retain the current national ambient air quality standards (NAAQS) for oxides of nitrogen (NOx). EPA proposes that the current NAAQS don’t need to be changed because they provide the appropriate public health protection, with an adequate margin of safety, including for older adults, children and people with asthma. The NAAQS for nitrogen oxides are a 1-hour standard at a level of 100 ppb based on the 3-year average of 98th percentile of the yearly distribution of 1-hour daily maximum concentrations, and an annual standard at a level of 53 ppb.

Will heißen: Hätten wir bei uns die NOX Grenzwerte, die in den USA als völlig ausreichend für den Schutz der menschlichen Gesundheit angesehen werden (auch von Kindern und älteren Menschen), hätten wir diese ganze Debatte erst gar nicht, denn Werte im Jahresmittel von 100 (statt 40 Mikrogramm/m3) werden bei uns fast nirgendwo, auch nicht in den belasteten Regionen, erreicht, geschweige denn überschritten.

Deswegen ist es wichtig, diese ganze Debatte richtig einzuordnen:

Richtig ist, dass in Deutschland rechtlich verbindliche Grenzwerte in einigen belasteten Regionen überschritten werden.

Nicht richtig ist, dass dadurch die menschliche Gesundheit erkennbar oder darlegbar gefährdet wird.


Bei der Verhängung von Fahrverboten sollte der Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachtet werden. Dabei gilt es abzuwägen, inwieweit politisch dekretierte (aber zum Schutz der menschlichen Gesundheit wenig relevante, s. o.) Grenzwerte einen höheren Stellenwert einnehmen, als der Schutz des Eigentums von 15 Millionen Dieselfahrern, die eine rechtsgültige Betriebsgenehmigung für ihr Fahrzeug haben.

Grundsätzlich wird immer deutlicher, in welche Richtung die Klima- und Umweltpolitik der EU, aber auch Deutschlands läuft (wo relativ wenig eigenständige Umweltpolitik gemacht, sondern nur EU Recht umgesetzt wird).

Der Verbrennungsmotor wird von zwei Seiten in die Zange genommen:

- Die Abgasvorschriften für Luftverunreinigungen werden immer weiter verschärft, bis der Punkt erreicht ist, dass die Vorgaben von Verbrennungsmotoren nicht mehr erreicht werden können.

- Die CO2 Grenzwerte (d. h. Verbrauchsvorgaben) werden immer weiter verschärft, bis der Punkt erreicht ist, dass die Vorgaben von Verbrennungsmotoren nicht mehr erreicht werden können.


Zwangsläufig führt das in wenigen Jahren dazu, dass nur noch Elektrofahrzeuge zulassungsfähig sind.

Deswegen braucht man für die Einführung der Elektromobilität kein fixes Datum, wie es die Grünen gefordert haben, sondern das ergibt sich dann zwangsläufig durch die CO2- und Abgasvorschriften der Klima- und Umweltpolitik der EU.

Will heissen: Die Elektromobilität wird sich nicht von allein am Markt durchsetzen, sondern wird über den Umweg der immer schärferen CO2- und Abgasvorschriften den Bürgern zwangsweise aufgedrückt,d. h. zwangsweise in den Markt gedrückt (wie auch die Erneuerbaren Energien mit dem EEG) trotz aller praktischen Nachteile, die sie derzeit hat und noch lange Zeit weiter haben wird.

Wer sich jetzt ein neues Auto anschaffen will, wird solange es irgendwie geht, ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor erwerben und kein Elektromobil, um genau die Nachteile der Elektromobilität zu umgehen.

Aber schlussendlich geht es der Grünen Bewegung nicht um eine marginale Verbesserung der Umweltqualität, (denn mehr wird durch Fahrverbote nicht erreicht werden) sondern grundsätzlich um die Abschaffung der verhassten Industriegesellschaft und eines ihrer Symbole, nämlich dem Automobil.

Die Forderung nach Fahrverboten ist nur ein kleines Mosaiksteinchen auf diesem Weg. Dieser Weg wird nicht nur von der Grünen Bewegung beschritten, sondern auch von der neuen GROKO in ihrem Klima- und Energieprogramm .

Der Weg in die Ökodiktatur zeichnet sich immer deutlicher ab.