Die Energiewende schönreden - oder schlechtreden?

10. März 2020

Bei der Bewertung der Energiewende haben sich schon seit mehreren Jahren zwei gegensätzliche Lager gebildet: Eines, das die Energiewende in den höchsten Tönen lobt und eines, das eher kritisch bis zurückhaltend ist, wozu auch wir seit vielen Jahren gehören.

Kritik an der Energiewende hat es bislang kaum in die Mainstream Medien geschafft, was kein Wunder ist, da die links – grünen Medien in unserem Land, also eigentlich alle, die massgeblichen Propagandisten der Energiewende sind.

Ausgelöst durch einen Artikel von Claudia Kemfert, eine der bekannteren Protagonisten der Energiewende bei uns, kam es in den letzten Wochen zu einer Diskussion über ihre Thesen auch in den Mainstream Medien, wie z. B. im Handelsblatt und im Spiegel.

Während im Handelsblatt einige bekanntere Wirtschaftswissenschaftler zitiert werden, die sich recht kritisch zu Kemferts Aussagen äußern, bis hin zur Einschätzung, dass eigentlich alles falsch ist, was sie sagt, erfährt Claudia Kemfert von ihrem Institut, dem Berliner DIW und natürlich auch von der links – grünen Presse, Unterstützung.

So schreibt der Spiegel dass die Kritik an Kemfert (und den in ihrem Capital Beitrag vertretenen Auffassungen) dem rechten bzw. konservativen Spektrum entstammt, oder interessengelenkt ist von der fossilen Energiewirtschaft.

Als ob der öko – industrielle Komplex, insbesondere die Windenergiewirtschaft ihre Interessen nicht mit harten Bandagen gegen die Interessen der Anwohner von Windenergieanlagen vertreten würde. Die einen dürfen es halt, die anderen nicht. So sieht die rot – grüne Welt von heute aus.

Kemfert wird als einer der Anwärter auf einen Posten im Klimarat der Bundesregierung, der laut Klimaschutzgesetz bis Ende 2020 eingerichtet warden soll, gehandelt.

In dem Spiegel Artikel heißt es u. a. dazu:

Bei der Personalie geht es im Kern nicht nur um Kemfert, sondern um zwei verschiedene Antworten auf die Klimakrise: Ökonominnen wie Kemfert fordern die Politik auf, klimaschädlichem CO2 über eine Steuer einen Preis zu geben und rasch zu hundert Prozent erneuerbarer Energien zu kommen - also raus aus der Kohle, hin zu Solar- und Windenergie. Das würde der Gesellschaft spätere Kosten für die Folgen des Klimawandels wie Dürren und Hochwasser ersparen. Kemferts Vorschläge würden klimaschädliche Produkte und Energien sofort teurer und damit unwirtschaftlich machen.

Weiter:

Kemferts Vorschläge würden klimaschädliche Produkte und Energien sofort teurer und damit unwirtschaftlich machen. Eine breite Front von Klimaforschern und Ökonomen setzt sich mittlerweile für eine solche CO2-Steuer ein.

Und weiter:

Die Kritiker hingegen lehnen politische Eingriffe weitestgehend ab und wollen klimaschädliche Emissionen zwischen den einzelnen Industrien handeln - die Märkte und nicht der Staat sollen für Klimaschutz sorgen. Meistens plädieren sie für einen weltweiten Emissionshandel.

Allerdings zeigt die Erfahrung der letzten 15 Jahre, dass es lange braucht, um einem solchen Handel richtig Schwung zu geben, sodass er eine Lenkungswirkung entfaltet.

Ohne staatliche Eingriffe wie etwas Mindestpreise oder künstliche Verknappung gibt es keine nennenswerten Preissignale.

Und:

Bei der Vorstellung, dass bald Klimaforschende vom Schlage Kemferts gegenüber der Regierung ein ehrgeiziges Programm einfordern könnten, wird es Energiewendekritikern offenbar unwohl. Also wird nun auf Angriff geschaltet.

Anschliessend gibt es noch eine kleine Attacke auf einen der Autoren des Handelsblatt Artikels, der Kemfert in besonders scharfer Form kritisiert hatte. Wir werden später noch einmal darauf zurückkommen.

Zunächst jedoch einige Anmerkungen zum hier zitierten Spiegel Artikel.

Insoweit, wie dieser Artikel Claudia Kemferts Auffassungen wiederspiegeln soll, hat er entweder Claudia Kemfert völlig falsch verstanden, oder Claudia Kemferts liegt völlig falsch mit dem was sie sagt, oder die Autoren haben unabhängig davon, ob sie Kemferts Auffassung richtig wiedergeben oder nicht, absolut nichts von dem verstanden, worüber sie schreiben.

Als allererstes haben sie offensichtlich nicht verstanden oder wissen nicht, dass es seit Dezember 2019 in Deutschland ein Klimaschutzgesetz und ein Brennstoffemissionshandelsgesetz gibt, in dem all das, was sie einfordern, bereits rechtsgültig umgesetzt wurde.

Und zwar mit einem Emissionshandelssystem, das eine Emissionsobergrenze UND einen Preis für CO2 Emissionen festlegt.

Kemferts und die Vorschläge anderer Klimaökonomen, CO2 mit einem Preis zu versehen, sind in Deutschland seit Dezember 2019 geltendes Recht.

Ob wir dadurch rasch zu 100% erneuerbaren Energien kommen (“rasch zu hundert Prozent erneuerbarer Energien zu kommen - also raus aus der Kohle, hin zu Solar- und Windenergie”), wie es die Autoren sich herbeiwünschen, ist indes mehr als fraglich.

Denn solange es keine bezahlbaren und praktikablen Alternativen zu fossilen Energieträgern gibt, werden fossile Energien weiter genutzt, wobei der Verbraucher den höheren Preis zahlen muss, und dieses Geld dann an anderer Stelle fehlt und dort die Wirtschaft schwächt.

Offensichtlich ist denjenigen, die höhere Preise für fossile Energien fordern, um die Emissionen zu reduzieren, nicht die hohe Inelastizität zwischen den Preisen für fossile Energien und der Nutzung fossiler Energien bekannt.

Beispiele, die wir hier bereits genannt hatten sind die Mineralölsteuererhöhungen zur Finanzierung der deutschen Einheit unter Helmut Kohl sowie die Ökosteuerreform unter Gerhard Schröder (“Rasen für die Rente”).

Denn beide Steuererhöhungen haben natürlich nicht zu einer Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs geführt, sondern waren eine sichere Steuereinnahmequelle, was die Finanzminister seinerzeit natürlich wußten und genau damit gerechnet hatten. Das wird diesmal nicht anders sein.

Deswegen ist die Aussage der Autoren ”Kemferts Vorschläge würden klimaschädliche Produkte und Energien sofort teurer und damit unwirtschaftlich machen” völlig absurd, weil: teurer ja, aber solange nicht unwirtschaftlich, wie es keine bezahlbaren Alternativen gibt.

Völlig abstrus ist die Behauptung, dass wir durch CO2 Steuern “der Gesellschaft spätere Kosten für die Folgen des Klimawandels wie Dürren und Hochwasser ersparen”. Die Autoren sind sich wahrscheinlich der Erkenntnisarmut ihrer Aussagen noch nicht einmal bewusst. Wenn man durch CO2 Steuern keine CO2 Emissionen einsparen kann, kann man damit auch den Klimawandel nicht bremsen.

Ferner wissen sie offenbar nicht, dass durch den Klimawandel bislang Witterungsextreme, die er hier zitiert, wie Dürren und Hochwasser weltweit überhaupt nicht zugenommen haben.

Und das Wichtigste: Die Autoren implizieren, dass wir durch Einsparungen in Deutschland etwas am Weltklima ändern könnten.

Nein, wir können es nicht.

Selbst wenn wir von heute auf morgen die CO2 Emissionen um 100% senken könnten, lägen die Auswirkungen auf das Weltklima mindestens eine Zehnerpotenz unter der Nachweisbarkeitsgrenze.

Zudem: Die CO2 Emissionen der Industrieländer allgemein sind in den letzten 10 – 15 Jahren gesunken, während sie in den Entwicklungs- und Schwellenländern steigen. Dort liegen sie heute fast doppelt so hoch, wie in den Industrieländern. Tendenz weiter steigend. Das heißt, was wir hier reduzieren, haben die steigenden Emissionen anderswo auf der Welt in Kürze wettgemacht.

Die Autoren fahren dann fort:

“Die Kritiker hingegen lehnen politische Eingriffe weitestgehend ab und wollen klimaschädliche Emissionen zwischen den einzelnen Industrien handeln - die Märkte und nicht der Staat sollen für Klimaschutz sorgen. Meistens plädieren sie für einen weltweiten Emissionshandel. Allerdings zeigt die Erfahrung der letzten 15 Jahre, dass es lange braucht, um einem solchen Handel richtig Schwung zu geben, sodass er eine Lenkungswirkung entfaltet”

Und zeigen damit, dass sie weder begriffen haben, wie ein Emissionshandelssystem funktioniert noch was im Klimaschutzgesetz und im Brennstoffemissionshandelsgesetz festgelegt wurde. In der Schule würde man sagen: Sechs, setzen.

Denn erstens ist der politische Eingriff durch das Klimaschutz- und das Brennstoffemissionshandelsgesetz bereits erfolgt, das genau einen Emissionshandel als Instrument der Emissionsminderung festlegt.

Zweitens erfolgt die Emissionsminderung um die es jetzt geht, nicht durch den Handel zwischen den Industrien (das tut das bereits 2005 eingeführte EU – ETS) sondern durch die ordnungsrechtliche Vorgabe einer Emissionsobergrenze in den Bereichen, die vom Klimaschutzgesetz abgedeckt werden.

Nicht die Märkte sorgen für Klimaschutz, sondern der Staat durch die Festlegung einer Emissionsobergrenze. Der Markt und der Handel sorgen lediglich dafür, dass die vom Staat festgelegte Emissionsobergrenze zu möglichst geringen Kosten eingehalten werden kann.

Drittens zeigt die Erfahrung mit dem EU – ETS, auf die die Autoren im letzten Satz dieser Passage anspielen, nicht, dass es 15 Jahre braucht, bis der Handel “in Schwung” kommt, denn die Emissionen sind seit 2005 begrenzt und wurden 2008 für den Zeitraum 2013 – 2020 vorab festgelegt (ex ante).

2008 wusste man aber nicht, dass die tatsächliche Emissionsentwicklung hinter der erwarteten wegen der Weltfinanzkrise, der Eurokrise, der Griechenlandkrise usw. hinter der 2008 erwarteten zurückfallen würde, was zu einem Preisverfall der Emissionsrechte führte.

Trotz dieses Preisverfalls wurden die ordnungsrechtlich vorab festgelegten Emissionsobergrenzen in jedem einzelnen Jahr nicht überschritten.

Das EU – ETS hat also von Beginn an funktioniert und brauchte keineswegs 15 Jahre, um “in Schwung” zu kommen.

Die Autoren haben nicht begriffen, dass ein Emissionshandelssystem die Emissionsmengen ordnungsrechtlich genau festlegt, weswegen es eigentlich ein planwirtschaftliches Rationierungssystem ist, in dem der Preis für Emissionsrechte die variable Größe ist.

Und wenn der Preis niedrig ist, dann deswegen, weil sich im Laufe der Zeit herausgestellt hat, dass man (aus welchen Gründen auch immer) weniger Emisssionsrechte braucht, als bei der ex ante Festlegung erwartet.

Aber die vorab festgelegten Emissionsobergrenzen werden eingehalten, egal, ob der Preis für Emissionsrechte hoch oder niedrig ist.

Das implizit enthaltene Argument “Klimaschutz muss teuer sein und der CO2 Preis möglichst hoch, sonst wirkt es nicht” ist bezogen auf einen Emissionshandel Unfug, denn die CO2 Minderung erfolgt durch die ordnungsrechtliche Festlegung einer Emissionsobergrenze und der Preis für Emissionsrechte bildet sich dadurch, dass der Markt entscheidet, wie sich die Kosten der Emissionsminderung minimieren lassen, d. h. wie teuer die Emissionsminderung wird.

Dieser Mechanismus wird allerdings in der gegenwärtigen Fassung des Klimaschutzgesetzes weitgehend umgangen (s. z. B. hier).

Das im Klimaschutzgesetz und im Brennstoffemissionshandelsgesetz eingeführte System, die Emissionsmengen streng zu kontigentieren und die Zuteilung der Emissionsrechte kostenpflichig zu machen, was auf eine CO2 Steuer hinausläuft, ist ein Zwittersystem, da es weder eine reine Steuer noch einen reinen Emissionshandel darstellt, denn die Preisfindung für die Emissionsrechte findet nicht am Markt statt, sondern wird vom Staat vorgegeben.

Zusammenfassend ist der Artikel offenkundig ein reines Propagandamachwerk, das dem Spiegel Mantra: Meinungstark und faktenschwach folgt. Denn die Autoren haben nicht die geringste Ahnung von dem, worüber sie schreiben.

Das hat allerdings heutzutage System, denn Sachkenntnis und Fakten sind irrelevant, was zählt sind die "richtige" Haltung und Gesinnung.

Die Spiegel Autoren stellen sich dann weiter schützend vor Claudia Kemfert.

Deren Kritiker, sind z. B.


“ Windkraftgegner und deren Dachverband Vernunftkraft bezeichnen Kemfert als "Chefideologen der Energiewende", ihr werden Verschwörungstheorien und "argumentativer Pfusch" unterstellt - allerdings wird das weder mit Zahlen noch Fakten belegt”

sowie “ rechtskonservative Blogger und Vertreter der alten industriellen Ordnung, die Kemfert öffentlich niedermachen”

Das seien allerdings

"unwissenschaftlichen Angriffe, die sich häufen - man merkt, dass es ernst wird mit dem Klimaschutz in Deutschland.

Claudia Kemfert wird als eines der Mitglieder des Expertenrats für Klimaschutz gehandelt, der laut Klimaschutzgesetz § 11 bis Ende 2020 eingesetzt werden soll.

Eine mögliche Benennung Kemferts passt gut in die von der Bundesregierung erwünschte Zielvorgabe, möglichst aggressiven “Klimaschutz” durchzusetzen und sich ihre Politik von einem Expertenrat bestätigen zu lassen.

Da sind Kritiker und abweichende Meinungen wie die im Artikel zitierten Wirtschaftswissenschaftler Haucap oder Weimann natürlich unerwünscht; so funktioniert Politik halt.

Eine Ernennung Kemferts würde den Erwartungen entsprechen, die wir hier bereits geäußert haben.

Kemfert hatte im November 2019 in einem Artikel in der Zeitschrift Capital die Kritik an der Energiewende als Mythen bezeichnet.

Ist diese Kritik, die u. a. im Handelsblatt vorgetragen wurde, tatsächlich unwissenschaftlich und sind es Mythen?

Nachfolgend greifen wir einige der Aussagen von Claudia Kemfert auf und versuchen sie zu bewerten, wie das auch bereits hier geschehen ist.

#1 Mythos: „300 Mrd. Euro hat die Energiewende gekostet – und nichts gebracht!“

Die Kosten der Energiewende werden von verschiedenen Institionen unterschiedlich hoch beziffert, je nachdem, wie man sie abgrenzt und welche Annahmen man macht.

Was die Kosten der Energiewende mindert, sind sicherlich die eingesparten Brennstoffkosten.

Da die Energiewende bislang im Strombereich im wesentlichen die durch die Außerbetriebnahme der Kernkraftwerke eingesparten (CO2 freien!) Brennstoffkosten ersetzt hat, wurden kaum fossile Energieträger eingespart – es sei denn, man macht eine Gegenrechnung auf und unterstellt, der von den stillgelegten Kernkraftwerken erzeugte Strom wäre statt durch erneuerbare Energien durch Kohle oder Gas erzeugt worden.

Zu den Kosten der Energiewende muss man andrerseits die Schadensersatzleistungen an die Betreiber der Kernkraftwerke hinzurechnen, die ihnen durch die vorzeitige Ausserbetriebsetzung entstanden sind (“stranded costs”).

Richtig ist, dass durch den Ausbau der Erneuerbaren Arbeitsplätze geschaffen wurden, andrerseits sind in der energieintensiven Industrie wegen der höheren Energiekosten Arbeitsplätze verloren gegangen.

Absurd ist die Behauptung Kemferts, man müsse die Klimaschäden durch vermiedene CO2 Kosten (welche CO2 Emissionen hat die Energiewende denn bislang vermieden?) mit berücksichtigen, die Kemfert auf 180 EUR/t CO2 beziffert.

Zunächst: Insoweit, wie die Energiewende in Deutschland bei der Stromerzeugung CO2 Emissionen eingespart hat, wurden im europäischen Gesamtkontext keine Emissionen eingespart, weil CO2 Emissionen, die bei uns eingespart werden, an anderer Stelle im europäischen Handelssystem EU – ETS zusätzlich emittiert werden können.

Die deutsche Energiewende setzt Emissionsrechte frei, die preissenkend im EU – ETS wirken, aber sie reduziert im europäischen Gesamtkontext keine zusätzlichen CO2 Emissionen.
Die Energiewende verfehlt deswegen ihr Ziel, CO2 Emissionen zu reduzieren.

Darum hat sie in der Tat nichts gebracht. Sie ist ein System, das parallel zum europäischen Emissionshandel läuft, zusätzliche Kosten verursacht, aber zu keinen zusätzlichen CO2 Minderungen führt, die über die europäischen Zielvorgaben hinausgehen.

Über die Höhe der vermuteten Klimaschäden pro t CO2 wird in der umweltökonomischen Literatur seit vielen Jahren eine intensive Diskussion geführt.
Die Werte schwanken über einen großen Bereich hinweg zwischen etwa 10 – 100 USD pro t CO2.
Die amerikanische Umweltbehörde EPA z. B. geht von einem Wert von ca. 39 USD pro t CO2 aus.

Ein Wert von 180 EUR pro t CO2 stellt einen absoluten Ausreisserwert dar, der mindestens drei Standardabweichungen über dem Mittelwert der restlichen Abschätzungen liegt.

Allein die Wahl eines derartigen Ausreisserwertes, der als harte Zahl bei den unterstellten vermiedenen Kosten durch die Energiewende in Kemferts Überlegungen eingeht, zeigt beispielhaft die Qualität – oder vielmehr deren Mangel – sowohl der klimawissenschaftlichen als auch der klimapolitischen Debatte in Deutschland.

Denn sowohl die klimatischen Auswirkungen eines steigenden Spurengasgehaltes in der Atmosphäre als auch die Monetarisierung dieser Auswirkungen auf Natur und menschliche Aktivitäten sind das Ergebnis einer Übereinanderschichtung verschiedenster Hypothesen und Szenarien, deren jeweilige Eintrittswahrscheinlichkeit nur sehr eingeschränkt quantifiziert werden kann.

Dies sollte zudem vor dem Hintergrund gesehen werden, dass Schäden durch Witterungsextreme im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung trotz Erwärmung in den letzten Jahrzehnten ab- aber nicht zugenommen haben.

Sich aus diesem Szenarienwust einen extremen Wert herauszugreifen und ihn zur schlussendlichen Wahrheit zu erklären, ist hochgradig unwissenschaftlich, wenn man nicht darlegen kann, wie dieser Wert zustande gekommen ist und wie groß die Unsicherheitsbandbreite ist.

Das ist keine Wissenschaft mehr, sondern Advokatismus und politische Propaganda.

Das genau tut Claudia Kemfert
und deswegen ist die Kritik an ihren Aussagen voll und ganz gerechtfertigt.
Der Hinweis im zitierten Spiegel Artikel, die Kritiker seien mit der fossilen Energiewirtschaft verbandelt ist extrem dünn (jemand hat vor vielen Jahren einmal einen Vortrag auf einer RWE Veranstaltung gehalten?) und wenig zielführend, denn es geht um die Werthaltigkeit der vorgetragenen Argumente auf beiden Seiten.

Kemfert kann man mit wesentlich mehr Berechtigung vorwerfen, sie sei eine Lobbyistin des öko – industriellen Komplexes.
Der Spiegel misst da mit zweierlei Maß.
So ist das halt in der rot – grünen Welt von heute. Aber man sollte es halt wissen und nicht verschweigen, wie es der Spiegel tut.

Zu den folgenden angeblichen “Mythen”

#2 Mythos: „Es gibt Geisterstrom aus Windanlagen, der 364 Millionen Euro kostet!“

#3 Mythos: „Bei Dunkelflauten geht das Licht aus; denn es gibt keine Speicher für erneuerbare Energie!“

Claudia Kemferts nur in Kurzform folgendes:


Ihre Einlassungen zum Mythos Geisterstrom grenzen an das Bizarre und Absurde, wenn sie behauptet, wer eine Pizza bestellt, muss sie auch abnehmen, egal ob er sie isst oder nicht.

Es geht hier darum, dass niemand den Geisterstrom bestellt hat, er aber trotzdem abgenommen bzw. vergütet werden muss.

So als ob der Pizzabäcker soviele Pizzen backen kann, wie er will und ich muss ihm seine Pizzen abnehmen, egal ob ich sie will oder nicht.

Echt schlimme Argumentation!

Wie man das noch als wisseschaftlich verbrämen kann, verschliesst sich einem.


Kemfert zufolge gibt es auch keinen “Zappelstrom” und auch keine “Dunkelflauten”, weil es nämlich genügend Speicherkapazitäten für Strom gibt.

Wenn man so etwas liest, wundert es einen nicht, dass sich bei anderen Wirtschaftswissenschaftlern, wie Haucap, Weimann oder auch Sinn der Magen umdreht.

So kann man sich beispielsweise hier und hier durch den ehemeligen Chef des Münchener Ifo Institutes Hans – Werner Sinn darüber aufklären lassen, wie es denn wirklich mit den Speicherkapazitäten im erforderlichen großindustriellen Maßstab aussieht.

Nämlich sehr schlecht. Und wer Sinn nicht glaubt, kann eine vergleichbare Einschätzung z. B. auch hier nachlesen.

Auszugsweise:

Even securing just three days-worth of storage for a megacity of more than 10 million people that would be cut off from its intermittent renewable sources would be prohibitively expensive by using today’s commercial batteries.

Setting aside exaggerated media claims, a technological breakthrough meeting that requirement appears unlikely in the near future as pumped hydro storage (originally introduced during the 1890s) remains today the only way to store electricity at gigawatt scale. And even major advances toward large-scale electricity storage would not be enough to bring about rapid decarbonization of the global energy supply as electricity generation accounts for no more than 20% of total final energy consumption...

Und weiter:

Designing hypothetical roadmaps outlining complete elimination of fossil carbon from the global energy supply by 2050 (Jacobson et al. 2017) is nothing but an exercise in wishful thinking that ignores fundamental physical realities.

Auf den Punkt gebracht: Kemferts Behauptung, der “Zappelstrom” und Dunkelflauten seien kein Problem, weil es erwiesenermassen ausreichend Speicherkäpazitäten im großindustriellen Maßstab gäbe, ist völlig aus der Luft gegriffen.

Es gibt diese Speicherkapazitäten nicht und es sind auch keine absehbar in den kommenden Jahren.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Claudia Kemferts Capital Artikel zu den angeblichen “Mythen” der Energiewende eine reine propagandistische Aneinanderreihung von Behauptungen ist, die zur Wahrheit erklärt werden.

In einem halbwegs wissenschaftlich und fachlich fundiertem Beitrag würde man erwarten, dass zwischen Behauptungen und Fakten unterschieden wird, oder dass zumindest überzeugend dargelegt wird, weswegen eine Behauptung zutreffen könnte und eine andere nicht.

Was die Energiewende braucht, ist Propaganda. Der Spiegel und auch Kemfert liefern sie bereitwillig. So gesehen ist Claudia Kemfert ein perfekter Kandidat für einen Posten im Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung.

Denn wir brauchen niemanden, der fachlich und sachlich qualifiziert ist, sondern Leute, die die Position der Bundesregierung vertreten, dass die Energiewende eine tolle Sache ist und es überhaupt kein Problem ist, die Energieversorgung Deutschlands besser heute als morgen vollständig auf Erneuerbare umzustellen.

Wir leben halt in einer post – faktischen (rot – grünen) Welt, in der das wahr ist, was man glaubt und man doch bitteschön nicht mit abweichenden Fakten irritiert werden möchte.

Wie lange das wohl gut geht?