US Klimapolitik unter Präsident Joe Biden

28. Januar 2021

Der neue US Präsident Joe Biden hatte eine dramatische Kursänderung in der Klimapolitik bereits im Wahlkampf angekündigt.

Die Auffassungen Bidens und Trumps lagen in nahezu keinem Politikfeld weiter auseinander, als in der Klimapolitik. Während Trump einen sehr zurückhaltende Position vertrat, setzte sich Biden für den klimaextremistischen Kurs des linken Parteiflügels der Demokraten ein, der u. a. von Alexandria Ocasio - Cortez, kurz AOC vertreten wird.

Schon an seinem ersten Amtstag verfügte er in einer Reihe von Executive Orders, präsidialen Dekreten, die Rückabwicklung vieler Dekrete seines Amtsvorgängers Donald Trump.

Erste Amtshandlungen waren der Wiedereintritt der USA in das Pariser Klimaabkommen, aus dem Trump im Jahre 2017 ausgetreten war, ein Verbot des Frackings auf Ländereien des Bundes und einBaustopp für die Keystone XL Pipeline (mit der kanadisches Teersandöl zu texanischen Raffinerien transportiert werden sollte).

Die USA sollen nach Bidens Vorstellungen bis 2050 klimaneutral werden, ähnlich wie es Ursula von der Leyen für die EU, oder auch Deutschland, beabsichtigt.

Die Stromerzeugung in den USA soll sogar bereits 2035 klimaneutral werden.

Diese Ankündigungen lösten absehbar bei den Grünen hüben und drüben Begeisterungsstürme aus.

Die Frage wird allerdings nicht nur sein, ob dieses Programm an der ökologischen Front Begeisterungsstürme auslöst, sondern auch bei der großen Masse der Normalbürger, bei denen die Themen Klima und Umwelt ganz am Ende der Sorgenliste stehen. Nur ein Prozent der Befragten sehen Umfragen zufolge das Thema als wichtig an.

Ob die große Mehrheit der Bevölkerung in Begeisterungsstürme ausbricht, wenn ihr immense Lasten auferlegt werden sollen, wegen eines Themas, das sie als eher unwichtig ansieht, bleibt abzuwarten

Was Biden plant, wird zu einem Kostenschub bei den Energiepreisen und zu massiven Einschränkungen im täglichen Leben führen, wie sie die USA noch nie erlebt haben, von disruptiven Veränderungen in weiten Teilen der Energiewirtschaft mal ganz abgesehen.

Zunächst einmal: Trotz der wenig ambitiösen Klimapolitik von Donald Trump haben die USA den Anteil fossiler Energien in den vergangenen 10 Jahren etwa genauso reduziert, wie Deutschland, obwohl Deutschland die Erneuerbaren Energien mit etwa 25 - 30 Mrd. Euro pro Jahr fördert.

Hauptgrund ist der Fuel – Switch von Kohle auf Erdgas in der Stromerzeugung. Erdgas setzt nur etwa halb soviel CO2 frei wie Kohle.

Der Umstieg von Kohle auf Erdgasin der Stromerzeugung hat allerdings wirtschaftliche Gründe und keine umweltpolitischen. Durch die Entwicklung der Fracking Technologie kann Erdgas seit Ende der 2000er Jahre wesentlich günstiger gewonnen werden als Kohle, obwohl in den USA die Kohle vergleichen mit den Weltmarktpreisen bereits sehr preisgünstig gefördert werden kann.

Sollte Biden das Fracking nicht nur auf den Ländereien des Bundes untersagen, die ca. 25% der Fläche ausmachen, auf der mit Fracking Erdgas und Öl gewonnen wird, würde das umgehend zu einem dramatischen Anstieg der Erdgas- und Erdölpreise führen. Aber auch wenn das Verbot sich auf die Bundesländereien beschränkt, ist mit deutlichen Preisanstiegen zu rechnen.

Die “energy independence”, eine der größeren wirtschaftlichen Erfolge der USA in den vergangenen zehn Jahren, wäre jedenfalls mit einem Schlag beendet.

Die Ölversorgung der USA wäre wieder den unvorhersehbaren Preisschwankungen durch die Politik der OPEC ausgeliefert. Hauptprofiteure steigender Ölpreise wären Russland und die arabischen Ölförderländer, während der amerikanische Durchschnittsbürger zu Kasse gebeten würde. Ob Biden das will?

Jedenfalls will er die Erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung, hauptsächlich Wind und Sonne, so wie in Deutschland auch, drastisch ausbauen.

Leider ist die Stromerzeugung aus Erneuerbaren, wie in Deutschland auch, nicht wettbewerbsfähig mit der traditionellen Stromerzeugung aus Kohle, Gas und Uran. Das Schlüssel- und Zauberwort für den Ausbau Erneuerbarer lautet, wie in Deutschland auch:

SUBVENTIONEN!!!

Also auch in den USA ohne Staatsknete keinen Ausbau Erneuerbarer.
In den USA heißen diese Subventionen Production Tax Credit und Investment Tax Credit. Diese Subventionen werden immer nur zeitlich begrenzt gewährt, wurden aber in der Vergangenheit seit mehreren Jahrzehnten immer wieder verlängert.

Die Windindustrie versichert der Politik bereits seit den 1980er Jahren, sie werde innnerhalb weniger Jahre wettbewerbsfähig sein und dann keine Subventionen mehr benötigen. Daraus wurde offenkundig nichts, genauso wenig wie in Deutschland.

Und daraus wird absehbar auch künftig nichts werden, sodass Bidens Absicht, bis 2035 die gesamte Stromerzeugung auf Erneuerbare umzustellen zu einem gigantischen Subventionsbedarf führen wird, für den die Bürger auf die eine oder andere Weise zur Kasse gebeten werden.

Anders als in Deutschland denkt man in den USA auch über einen Ausbau der Kernenergie als Massnahme zur De – Karbonisierung der Stromerzeugung nach.

Jedoch hat der Ausbau der Kernenergie in den USA das Elbphilharmonie oder BER Problem: Die Bauzeiten sind mindestens doppelt so lang und die Erstellungskosten sind mindestens doppelt so hoch wie geplant, siehe. z. B. hier.

Gegenwärtig würde niemand in den USA ein neues Kernkraftwerk bauen, einfach aus Kostengründen , weil Gaskraftwerke erheblich billiger sind.

Wenn Biden bis 2035 die Stromerzeugung komplett de-karbonisieren will, liefe das, ähnlich wie in Deutschland, auf die Quadratur des Kreises hinaus.

Denn auch in den USA muss es Back-up Kraftwerke geben, die die Stromerzeugung und Netzstabilität sichern, wenn Wind und Sonne keinen oder nur einen geringen Beitrag zur Stromerzeugung leisten. Das werden, wenn die Kernenergie nicht weiter ausgebaut wird, nur Kohle- oder Gaskraftwerke leisten. Es ist bereits jetzt nahezu sicher, dass es eine 100%ige kohlenstoff – freie Stromerzeugung in 2035 nicht geben wird, egal, was die Öko – Fraktion in Amerika fordert, wie z. B. Alexandria Ocasio-Cortez.

Auch Joe Biden wird erkennen müssen, dass man die Naturgesetze und die Gesetze der Ökonomie nicht mit politischen Beschlüssen ändern kann.

Gleiches gilt für den Plan, den Verkehrssektor und den Gebäudesektor bis 2035 zu de – karbonisieren.

Die De – Karbonisierung des Gebäudebestandes liefe in weiten Teilen der USA auf ein Verbot des Erdgaseinsatzes zur Gebäudeheizung hinaus. Was käme als Ersatz dafür in Frage? Wasserstoff aus grünem Strom? Zu Preisen, die ein Mehrfaches des Erdgaspreises betragen?
Zumal der grüne Strom gar nicht in ausreichender Menge verfügbar wäre? Oder direkt mit grünem Strom heizen und frieren, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint?

Bei der Kühlung/Klimatisierung könnte die Solarenergie immerhin einen signifikanten Beitrag leisten, der Kühlbedarf tritt während des Tages auf, wenn die Sonne scheint (Obwohl: Das Maximum des Kühlbedarfs tritt in den Nachmittags/späten Nachmittagsstunden auf, die maximale Sonneneinstrahlung mittags. Wenn man die Kühlung am meisten braucht, steht die Sonne schon wieder deutlich tiefer als mittags).

Die Dekarbonisierung des Verkehrssektors durch die Marktdurchdringung mit Elektrofahrzeugen würde ebenfalls eine deutliche Ausweitung der Stromerzeugung mit Erneuerbaren Energien erforderlich machen.

Insgesamt gesehen würden alle Komponenten dieses Plans bis 2035 eine drastische Erhöhung der Stromerzeugung gegenüber heute und eine vollständige Dekarbonisierung auch der zusätzlichen Stromerzeugung erforderlich machen.

Da es absehbar auch bis 2035 keine Stromspeicher im großindustriellen Maßstab geben wird, muss bis dahin auch eine Ausweitung der traditionellen Erzeugung erfolgen, um die Stromversorgung in den Zeiten zu sichern, in denen Erneuerbare nicht oder nicht ausreichend liefern. Der Aufbau einer dualen Erzeugungsstruktur wird sehr teuer werden, die Kosten hierfür wird der Bürger in der einen oder anderen Weise tragen müssen – genauso wie in Deutschland.

Ob die Begeisterung der Grünen in den USA für Bidens Klimaplan auch beim Durchschnittswähler ankommt, wenn der realisiert, mit welchen Beträgen er zur Kasse gebeten wird und wie sehr sein Lebensstandard sinken wird, ist eher fraglich.

Das Ziel einer Total – Dekarbonisierung bis 2050 haben wir auf diesen Seiten bereits häufiger hinterfragt bzw. kommentiert, weswegen wir es an dieser Stelle nicht eingehender tun.

Nur noch einmal folgende Hinweise (Bezogen auf Studien, in denen behauptet wird, eine 100%ige Stromerzeugung durch Erneuerbare sei problemlos möglich):

In particular, we point out that this work used invalid modeling tools, contained modeling errors, and made implausible and inadequately supported assumptions.

Und in den Worten von Vaclav Smil:


"Designing hypothetical roadmaps outlining complete elimination of fossil carbon from the global energy supply by 2050 (Jacobson et al. 2017) is nothing but an exercise in wishful thinking that ignores fundamental physical realities. And it is no less unrealistic to propose legislation claiming that such a shift can be accomplished in the US by 2030 (Ocasio-Cortez 2019). Such claims are simply too extreme to be defended as aspirational. The complete decarbonization of the global energy supply will be an extremely challenging undertaking of an unprecedented scale and complexity that will not be accomplished –- even in the case of sustained, dedicated and extraordinarily costly commitment in a matter of few decades."

Abschliessend lässt sich Bidens Klima Plan in folgender Weise bewerten:

- Vollständige Kehrtwende von der Klimapolitik Trumps

- Rückgriff auf die Klimapolitik Obamas, aber mit drastischer Verschärfung der Zielvorgaben

- Orientierung am Klimaextremismus des linken und grünen Flügels der Demokratischen Partei

- Disruptive Veränderungen in der Energieversorgung der USA

- Drastische Energiepreiserhöhungen mit Versorgungsengpässen absehbar

- Infolge davon Reduzierung des Lebensstandards im größten Teil der Bevölkerung

- Verschärfung der sozialen Ungleichheiten (einkommenschwache Schichten sind sind von den absehbaren starken Energiepreisanstiegen wesentlich mehr betroffen als Besserverdienende)


Die absehbaren disruptiven Veränderungen in der Energieversorgung bieten allerdings auch Gewinnchancen auf den Aktienmärkten.

Bereits in den vergangenen 12 Monaten sind die Aktienkurse von Unternehmen der erneuerbaren Energien deutlich gestiegen – und sie werden absehbar weiter steigen, wenn Biden seinen Klimaplan umsetzt und massive Subventionen zu diesen Unternehmen fließen.

Beispiele sind der Erneuerbare Energien ETF ICLN, der Solarenergiefond TAN, oder die Solaraktie First Solar FSLR.

Auch Ölaktien (z. B. ExxonMobil XOM) werden paradoxerweise kurz und mittelfristig ebenfalls weiter steigen, weil die Ölpreise weiter steigen werden, und je stärker Biden die heimische Fracking Ölförderung durch Verbote reduzieren will, desto höher werden die Ölpreise steigen – natürlich nicht nur in den USA, sondern weltweit, weil die Ölpreise weltweit vernetzt sind.

Also auch in Deutschland wird dann Tanken oder Heizen mit Öl teurer werden. Biden sei Dank.

Bidens Klimapolitik wird mit Sicherheit nicht dazu führen, dass es zu einer Versöhnung zwischen dem konservativen und dem progressiveren Lager in den USA kommen wird (Biden hatte in seiner Antrittsrede versprochen, er sei der Präsident aller Amerikaner) sondern das Gegenteil wird der Fall sein.

In der Klima- und Energiepolitik ist er der Präsident des extrem linken Flügels der Demokratischen Partei, aber nicht der Präsident der Mehrheit der Wähler. In Umfragen sehen nur ein Prozent das Thema Klima und Umwelt als das wichtigste an.

Biden will die Politik des Linken Flügels der Demokratischen Partei umsetzen und unterwirft das ganze Land ohne Rücksicht auf Verluste der harten Klimaideologie dieses Flügels.

Seine Politik setzt eher auf Abstrafung der Republikanischen Wähler, aber nicht auf Ausgleich.

Die ideologischen Konflikte in der amerikanischen Gesellschaft sind mit der Abwahl von Trump nicht beendet, sondern sie fangen jetzt erst richtig an.

Das mag sich etwas überzogen anhören, denn es geht nach Auffassung einiger doch nur um ein bißchen Mehr an Umwelt- und Klimaschutz, und da kann doch keiner dagegen sein.

Nein, es geht um erheblich mehr. Es geht um dramatische gesellschaftspolitische Umwälzungen, die von vielen für erforderlich gehalten oder zumindest akzeptiert werden, um die Klimakatastrophe abzuwehren.

Eine Nullemissionspolitik bis 2050 wird zu dramatischen Einbußen im Wohlstand und der Lebensqualität weiter Teile der Bevölkerung führen, dramatischer, als wir sie in den vergangenen 100 Jahren erlebt haben.

Und zwar deswegen, weil die Nutzung bezahlbarer fossiler Energieträger die Grundlage unserer Wirtschaft und Gesellschaft bildet und es weil es noch kein Energiesystem gibt, das die Nutzung fossiler Energien ersetzen kann.

Vielleicht wird das irgendwann mal der Fall sein, aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in den nächsten 30 Jahren - weder bei uns noch in den USA.