Wann wird's eigentlich Frühling dieses Jahr?




21. März 2013


Eine Frage, die in Süd- und Südwestdeutschland vielleicht Verwirrung hervorruft (denn dort herrschen bereits seit einer Weile frühlingshafte Temperaturen), in Norddeutschland (nördlich der Mittelgebirge) aber durchaus ihre Berechtigung zu haben scheint: Wann wird's denn nun Frühling?

Gute Frage, schlechte Antwort: So schnell wohl eher nicht.

Denn die längerfristigen Vorhersagen der Vorhersagemodelle des Europäischen Zentrums ECMWF und des amerikanischen GFS sagen bereits seit einigen Tagen und auch in der jüngsten Version von 12 GMT am 20. März 2013 voraus, dass die gegenwärtige Kälteperiode mindestens noch bis Mitte nächster Woche, dem ECMWF Modell zufolge sogar noch mindestens bis Ostersonnabend anhalten soll. Lediglich das GFS Modell sieht ab Gründonnerstag/Karfreitag eine Wetterwende zu mildem und regnerischen Wetter vorher. Wer von beiden recht behalten wird, weiß man natürlich heute noch nicht.

An vielen Orten in Norddeutschland wartete der Frühlingsanfang mit Schneefall oder sogar einer geschlossenen Schneedecke auf.

Das weckt die Neugier des Meteorologen und führt ihn zu der Frage, wann es in den vergangenen Jahrzehnten in Norddeutschland zu Frühlingsbeginn eine geschlossene Schneedecke gegeben hat. Die Antwort: Es ist schon vorgekommen, aber nicht allzu oft.

Man kann dies recht einfach hier unter Wetterwerte nachschauen.

Wir haben hierzu die Stationen Bremen, Hamburg, Hannover, Magdeburg und Potsdam (bzw. Berlin) ausgewählt, und haben das Vorhandensein einer Schneedecke in Norddeutschland dann als gegeben definiert, wenn am 20. März an mindestens zwei dieser Stationen eine Schneedecke von mindestens 1 cm beobachtet wurde. Hierdurch wird vermieden, dass man zufälligen lokalen Schnee an einem Ort als weit verbreitete Schneedecke ansieht, wenn an den anderen Stationen kein Schnee beobachtet wurde, der Schnee also nicht weit verbreitet war. Ferner wurden nur die Werte am 20. März betrachtet, obwohl in einigen Jahren der Frühling am 21. beginnt. Diese Ungenauigkeit möge man bei der Beispielhaftigkeit dieser kurzen Betrachtung verzeihen.

Im Ergebnis hat es dieser Definition zufolge seit dem 2. Weltkrieg 1955, 1958, 1969, 1978, 1979, 1987, 2001, 2006 und 2008 eine Schneedecke zu Frühlingsbeginn gegeben. Das Jahr 1970 stellt eine Besonderheit dar, weil man zwar in Berlin (Potsdam) eine recht hohe Schneedecke von 24 cm gemessen hat, aber an keiner der anderen Stationen in Norddeutschland mehr, obwohl bis wenige Tage zuvor eine Schneedecke an mehreren Stationen beobachtet wurde, und Ende März/Anfang April erneut.

In den einzelnen Jahren herrschte jeweils eine andere Wetterlage vor, teilweise war die Schneedecke bereits vorher vorhanden, teilweise dauerte sie längere Zeit an, teilweise nicht, teilweise war wenige Tage vor Frühlingsbeginn eine Schneedecke vorhanden, zu Frühlingsanfang aber nicht mehr, oder zu Frühlingsanfang nicht, dann aber gegen Ende März/Anfang April.

Was in diesem Jahr auffällt, ist die Persistenz der Wetterlage, die zu der spätwinterlichen Kältewelle Anlaß gegeben hat. Sie ist vergleichbar mit der Situation im März 1969. Damals wie heute dominierte ein sog. blockierendes Hochdruckgebiet, das sich von Nordostkanada über Grönland, das europäische Nordmeer und Skandinavien bis nach Nordrußland erstreckt. Dieses Hochdruckgebiet verdrängt die Westdrift, die normalerweise entlang des 50. Breitenkreises vom Atlantik nach Mitteleuropa gerichtet ist, und hier im März mildes und teils regnerisches Wetter verursacht, weit nach Süden bis in Regionen südlich des 40. Breitenkreises. Auch der Januar/Februar des sehr kalten Winters 1963 wurde durch diesen Wetterlagentyp charakterisiert.

Untersuchungen zufolge soll dieser Wetterlagentypus in der sog. "Kleinen Eiszeit" zwischen 1650 und 1850 für die kalte Witterung in Europa verantwortlich sein.
Statt milder Luft aus Westen gelangt dann vor allem das nördliche Mitteleuropa und Norddeutschland in den Bereich von Kaltluft aus Skandinavien und Rußland, die aus dem blockierenden Hoch über Skandinavien herausströmt. Diese Situation soll den Vorhersagen zufolge in den kommenden Tagen andauern, ja sich noch verschärfen, da der Luftdruckgradient zwischen diesem Hoch und Tiefdruckgebieten über Südwesteuropa erheblich zunimmt und ab Freitag für ca. 4 - 5 Tage ein eisiger Ostwind über Norddeutschland hinwegfegen soll, der immer kältere Luft mit sich führt. So sollen die Minima ab dem Wochenende im Osten und Norden Deutschlands u. U. bis auf -10°C absinken und die Werte am Tage nur wenig über Null Grad steigen.


Als Nachtrag noch folgende Betrachtung: In welchen Jahren der vergangenen Jahrzehnte hat es denn zu Frühlingsanfang (hier wieder nur der 20. März) frühlingshaftes Wetter gegeben? Wenn wir frühlingshaftes Wetter als Tage definieren, an denen die Höchsttemperatur mehr als 15,0°C betragen hat und wir die gleichen Stationen wie oben bei der Schneedecke betrachten und auch nur diejenigen Jahre berücksichtigen, an denen die Höchsttemperatur an mindestens zwei Stationen über 15° lag, ergibt sich folgendes Bild seit Kriegsende:

1946, 1950, 1953, 1957, 1959, 1972, 1974, 1989, 1990, 2004 und 2010. Offenbar trat frühlingshaftes Wetter zu Frühlingsanfang in den 1950er Jahren vergleichsweise häufig auf, seither aber eher nur sporadisch ein bis zwei mal pro Jahrzehnt; in den 1960er Jahren sogar überhaupt nicht. Eine Zunahme in den letzten 3 - 4 Jahrzehnten läßt sich nicht beobachten.

Aber auch an dieser Stelle wieder der Hinweis, dass es Jahre gegeben hat, in denen die Temperatur vor Frühlingsanfang über 15° gestiegen ist, aber zu Frühlingsbeginn nicht mehr; aber andere Jahre, in denen an den Tagen nach Frühligsanfang die Temperaturen auf über 15° gestiegen sind. Das schönste Beispiel ist hier 1968: Am 30. 3. 1968 wurde in Berlin ein sog. Sommertag beobachtet, d. h. eine Höchsttemperatur von 25° oder mehr; ein Rekord, der bis heute nicht gebrochen wurde.