Dichtung und Wahrheit: Semantik in der Klimadebatte



6. Juli 2012

Verfolgt man die mediale Klimadebatte, dann fällt einem auf, dass die Grenzen zwischen verschiedenen Begriffsdefinitionen verschwimmen: Es wird nicht mehr unterschieden zwischen Beobachtungen, Messungen, Tatsachen, Hypothesen, Theorien, Computermodellierungen, Projektionen, Szenarien, Behauptungen, Spekulationen, Vermutungen und Meinungen. „Könnte“ und „nicht gänzlich auszuschließen“ wird in der medialen Klimadebatte flugs zu „es wird so kommen“. Wenn z. B. gesagt wird, die globalen Temperaturen könnten in den nächsten 100 Jahren um bis zu 6°C steigen, dann wird das „könnte“ mental oft gleich weggelassen und zu einem „die Temperaturen werden um 6°C steigen“ umgemodelt.

Vielleicht sollte man hier etwas mehr Klarheit mit diesen Begriffen walten lassen, so schwer es manchen auch fallen mag, obwohl die unterschiedliche Semantik dieser Begriffe auch Journalisten geläufig sein sollte.

Schauen wir uns deswegen zunächst einmal an, was man in der Klimadebatte als Beobachtung, Messung und Tatsache und mithin als weitgehend gesichertes Wissen bezeichnen kann:

    - Messungen der lokalen Temperaturen und anderer Klima-, Wetter- und anderer geophysikalischen Parameter, wie Niederschläge, Eisbedeckung, Meeresspiegel usw., bzw. deren Trends und nach Anwendung von arithmetischen Mittelungsverfahren Bestimmung eines regionalen oder globalen Trends soweit direkte Messungen vorhanden sind

    - Indirekte Temperatur- und Niederschlagsableitungen aufgrund sog. Proxydaten, allerdings erheblich unsicherer als direkte Thermometermessungen

    - Der Mensch ist für Treibhausgasemissionen und den Anstieg in der Atmosphäre verantwortlich

    - Messungen des Anstiegs der Treibhausgasemissionen und des atmosphärischen Konzentrationsanstiegs

    - Steigende Treibhausgas-Konzentrationen führen qualitativ zu einer Zunahme des Treibhauseffektes und zu einer Erwärmung der Erde (die tatsächliche zahlenmäßige Größe der Erwärmung ist hingegen abhängig von zahlreichen Theorien, Hypothesen und Computermodellierungen, s. unten)

    - Natürliche Einflussparameter können das Klima qualitativ sowohl kühlen als auch erwärmen. Geringe Sonnenaktivität kühlt das Klima, gesteigerte erwärmt es, Vulkanausbrüche kühlen es, El Nino Ereignisse erwärmen es, La Nina Ereignisse kühlen es (die tatsächliche zahlenmäßige Größe dieser Einflüsse auf das Klima ist abhängig von zahlreichen Theorien, Hypothesen und Computermodellierungen)



In den Bereich der Computermodellierungen, Hypothesen, Theorien, Projektionen und Szenarien fällt im Wesentlichen alles, was über die künftige Klimaentwicklung ausgesagt wird und kann mithin nicht als abgesichertes Wissen bezeichnet werden:


    - Vorhersagen, Projektionen, Szenarien über die künftigen Treibhausgasemissionen (hängt von einer Reihe sozio-ökonomischer Faktoren, wie der demographischen, der wirtschaftlichen, technologischen und politischen Entwicklung ab)

    - Vorhersagen, Projektionen, Szenarien über den künftigen Treibhausgasgehalt der Atmosphäre (hängt von einer Reihe von Modellannahmen, Hypothesen und Theorien über die geochemischen und atmosphärenchemischen Prozesse ab, denen die einmal in die Atmosphäre ausgestoßenen Treibhausgase unterliegen

    - Hypothesen, Theorien und Computermodellannahmen darüber, wie sich ein steigender Treibhausgasgehalt auf die Temperaturentwicklung quantitativ auswirkt, abgesehen davon, dass es bei einem Treinhausgasanstieg generell wärmer wird (hängt von einer Reihe von Hypothesen, Theorien und Modellannahmen in den Klimamodellen ab, wie z. B. Rückkoppelungseffekte zwischen Wasserdampf und den Treibhausgasen, den Wolken und Treibhausgasen und den Ozeanen und Treibhausgasen. Hier bestehen mit die größten Unsicherheiten)

    - Hypothesen, Theorien und Computermodellannahmen darüber, welche Wechselwirkungen mit anderen anthropogenen Emissionen auftreten, wie z. B. mit Aerosolen (Sulfate, Nitrate, Ruß, etc.), ist mit erheblich größeren Unsicherheiten behaftet als die Wirkung von THGs alleine

    - Hypothesen, Theorien und Computermodellannahmen darüber, wie sich ein wärmeres Klima auf die globale und regionale Niederschlagsverteilung auswirkt (ist erheblich unsicherer als Modellprojektionen der globalen und regionalen Temperaturentwicklung obwohl die Niederschläge im globalen Mittel zunehmen sollen, weil wärmere Luft mehr Wasserdampf aufnehmen kann; Projektionen der regionalen Niederschlagsentwicklung unterscheiden sich von Modell zu Modell in der Regel so stark voneinander, dass es auch heute noch nicht sinnvoll und möglich ist, für eine Region wie z. B. Deutschland belastbare Niederschlagsprojektionen zu machen

    - Hypothesen, Theorien und Computermodellannahmen darüber, wie sich ein wärmeres Klima auf andere Klimaparameter, wie z. B. Extremniederschläge, Dürren, Überschwemmungen und Stürme auswirkt (Extremniederschläge sollen theoretischen Überlegungen zufolge zunehmen, weil wärmere Luft mehr Wasserdampf aufnehmen kann und im Mittel dann extreme Niederschläge zunehmen sollen, wenn die statistische Verteilung um den Mittelwert sich nicht ändert; die Beobachtungen der vergangenen Jahrzehnte liefern trotz Erwärmung keine belastbaren Hinweise darauf, dass derartige Extreme generell weltweit bereits zugenommen haben)

    - Stürme in den mittleren Breiten und in den Tropen sollen sich wahrscheinlich wenig verändern, weil verstärkende und abschwächende Faktoren sich in etwa die Waage halten; die Beobachtungen der vergangenen Jahrzehnte liefern trotz Erwärmung keine belastbaren Hinweise darauf, dass derartige Extreme bereits zugenommen haben, besonders nicht die tropischen Wirbelstürme und Tornados

    - Überschwemmungen und Dürren könnten zunehmen, müssen aber nicht; die Beobachtungen der vergangenen Jahrzehnte liefern trotz Erwärmung keine belastbaren Hinweise darauf, dass derartige Extreme bereits zugenommen haben

    - Hypothesen, Theorien und Computermodellannahmen darüber, wie sich Veränderungen natürlicher Einflussparameter auf das Klima quantitativ auswirken (z. B. kühlt geringe Sonnenaktivität das Klima, gesteigerte erwärmt es, die exakten physikalischen Mechanismen und die genaue Größenordnung sind aktiver Forschungsgegenstand)



In den Bereich der Behauptungen, Vermutungen, Spekulationen und Meinungen fällt das Gros dessen, was gemeinhin in den Medien über die Auswirkungen der globalen Erwärmung und den Klimawandel kolportiert wird, allerdings auch ein Teil dessen, was einige Klimaforscher zum besten geben, denen man dann auch nicht den Vorwurf ersparen kann, nicht mehr zwischen Tatsachen, Modellen, Behauptungen und Meinungen zu unterscheiden oder auch bewusst nicht mehr zu unterscheiden, um in den Medien Druck auf die öffentliche Meinung und die Politik zu machen.

Diese Aussagen sind deswegen im Großen und Ganzen wenig wissenschaftlich, obwohl der unvoreingenommene Konsument der Massenmedien dies in der Regel nicht zu erkennen vermag. Er wird deswegen teilweise bewusst, teilweise unbewusst getäuscht.


In diese Kategorie fallen (hier eine stichprobenartige Auswahl der häufiger zu hörenden Aussagen):

    - Der Mensch ist bereits heute nicht nur für eine Zunahme von Wetterextremen sondern für Wetterextreme an sich verantwortlich, besonders in den Ländern der Dritten Welt (absoluter Schwachsinn)

    - In den Länder der Dritten Welt sind bereits 150000 Menschen dem vom Menschen verursachten Klimawandel zum Opfer gefallen (sie mögen Klima- und Wetterextremen zum Opfer gefallen sein, die aber auch ohne menschlichen Einfluss aufgetreten wären; absoluter Schwachsinn)

    - Stürme und Überschwemmungen werden in einem wärmeren Klima zunehmen (allenfalls könnte man die Ansicht vertreten, „es ist nicht gänzlich auszuschließen“)

    - Tropische Krankheiten, wie Malaria werden in einem wärmeren Klima in die gemäßigten Breiten vordringen (ist seit Jahren von der epidemiologischen Forschung widerlegt)

    - Die ganze Debatte über die sog. Kipp-Punkte (Tipping points) im Klimasystem ist ein Sammelsurium von Spekulationen, Behauptungen, Meinungen und vagen Vermutungen, die einer konkreten, belastbaren und nachvollziehbaren wissenschaftlichen Grundlage entbehren. Ihr wesentliches Ziel scheint die Erzeugung von Ängsten in der Öffentlichkeit zu sein, um den Druck für politische Maßnahmen zu verstärken. In der gleichen Weise könnte man auch eine Debatte darüber führen, was passiert, wenn ein Asteroid auf der Erde einschlägt

    - Ähnliches gilt für die Auffassung, der Meeresspiegel wird in den nächsten 100 Jahren erheblich stärker steigen, als vom IPCC prognostiziert, nämlich statt ca. 20 – 40 cm um 1 – 3 m. Der Meeresspiegel steigt derzeit mit etwa 3mm pro Jahr, was in 100 Jahren einem Anstieg von ca. 30 cm entsprechen würde. Meinungen, der Meeresspiegel könne um mehrere Meter steigen, sind hochgradig spekulativ und halten einer ernsten Überprüfung unter Berücksichtigung aller wissenschaftlichen Gesichtspunkte nicht stand

    - Das gilt ebenso für den Meeresspiegelanstieg wenn Grönland oder der Westantarktische Eisschild abschmilzt. Würden sie tatsächlich abschmelzen, stiege der Meeresspiegel in der Tat um mehrere Meter an. Aber sie werden bis zu einer Erwärmung, die bis zum Ende des Jahrhunderts projiziert wird, nämlich bis zu etwa 3°C, nicht abschmelzen. In Grönland ist die Eisbilanz generell ausgeglichen, da Eisschmelze in den Randgebieten von zusätzlichem Eisaufbau im Inneren kompensiert wird. Grönland erstreckt sich bis in eine Höhe von fast 3000 m, in der die Temperaturen ganzjährig unter 0°C liegen, und erhöhte Niederschläge, die von den Modellen erwartet werden, fallen als Schnee, der die Eisauflage erhöht.

    - Auch die Meinung, durch die Erwärmung würde in der sibirischen Tundra im großen Umfang Methan (CH4) freigesetzt, ein 20 mal so starkes Treibhausgas wie CO2, und dass es deswegen zu einer katastrophalen Verstärkung des Treibhauseffektes und zu einer ungebremsten Erwärmung käme, hält einer Überprüfung nicht stand. Zum einen hat sich die Tundra in den letzten 100 Jahren bereits deutlich erwärmt, ohne dass eine erkennbare Konzentrationserhöhung des atmosphärischen CH4 Gehaltes gegeben hätte, der auf eine Erwärmung zurückzuführen wäre. Zum anderen haben Forschungsergebnisse der letzten Jahre gezeigt, das im Gegensatz zu früheren Modellierungen die Tundra nicht bis in größere Tiefen auftauen würde, sondern nur in den sehr Oberflächen nahen Schichten, wodurch erheblich weniger Methan freigesetzt würde. Zudem hat sich die Methankonzentration in der Atmosphäre seit Ende der 1990er Jahre nur sehr wenig verändert. Die Ursachen hierfür sind weitgehend unbekannt, was ein Hinweis darauf ist, dass der geochemische Methankreislauf nur unzureichend verstanden wird

    - Bei einer Erwärmung werden die landwirtschaftlichen Erträge fallen (eher wird das Gegenteil der Fall sein, da in einem wärmeren Klima das Pflanzenwachstum verstärkt und zudem noch von einem höheren CO2 Gehalt stimuliert wird, da CO2 der Grundnahrungsstoff von Pflanzen ist. Dem entgegen wirken könnten höchstens abnehmende Niederschläge; die sollen in einem wärmeren Klima aber generell zunehmen)

    - Das Himalaya Eis soll in den kommenden Jahrzehnten abschmelzen, was die Trinkwasserversorgung von Millionen von Menschen gefährdet (eine „Ente“, die durch Climategate entlarvt wurde)



Die Liste könnte fortgesetzt werden.

Was zeigt uns das? Die Klimadebatte ist relativ komplex und vielschichtig. Es gibt wenige harte Tatsachen, die in der Wissenschaft unumstritten sind.


Die meisten Dinge, die häufig in der Öffentlichkeit als abgesichertes Wissen dargestellt werden, sind dagegen Aussagen, die auf einem aufeinander geschichteten Hypothesengebäude ruhen, wie z. B. die Aussage, wir müssen weltweit die CO2 Emissionen um 80 % reduzieren, um das 2°C Ziel einzuhalten. Vieles von dem ist natürlich nicht abschließend geklärt („The science is not settled“), sondern aktiver Forschungsgegenstand.

Die dritte Kategorie sind Behauptungen, Spekulationen,Vermutungen und Meinungen, die kaum eine wissenschaftliche Grundlage haben, die aber trotzdem oft in der Öffentlichkeit als „wahrscheinlich“ „möglich“ oder „nicht auszuschließen“ bezeichnet werden, mit dem Ziel, Ängste zu erzeugen.

In diesem Zusammenhang noch ein Wort zu den sog. „Klimaskeptikern“, die zumeist von den „Klimaalarmisten“ als sachlich inkompetent und/oder als von der Industrie bezahlte nützliche Idioten bezeichnet werden.

Es gibt Skeptiker und es gibt Skeptiker. Es gibt Skeptiker, die auch die hier aufgeführten allgemein anerkannten Messungen, Beobachtungen und Tatsachen in Abrede stellen. Kritik ihnen gegenüber seitens der Alarmisten scheint nicht ungerechtfertigt.

Dann gibt es Skeptiker, die sich mit der zweiten Kategorie der Hypothesen, Theorien, Modelle etc. auseinandersetzen und an vielen Stellen die Auffassung vertreten, Modellergebnisse, Modellannahmen, Modellhypothesen etc. seien nicht korrekt oder würden zu unzutreffenden Ergebnissen führen.
Da nahezu alle Annahmen, die in die Klimavorhersagemodelle eingehen, eine sehr hohe Bandbreite aufweisen, und an dieser Stelle mit Sicherheit großer Diskussions- und Aufklärungsbedarf besteht, ist es keineswegs abwegig, hier auf eine offene Debatte zu drängen.
Denn die Modellergebnisse sind eben nicht abgesichertes, allgemein anerkanntes Wissen, wenn sie auf einem vielschichtigen Hypothesengebäude ruhen, das zu völlig anderen Ergebnissen führen kann, wenn nur eine dieser Hypothesen abgeändert wird.

Skepsis der dritten hier aufgeführten Kategorie der Behauptungen und Spekulationen gegenüber ist praktisch erste Bürgerpflicht, denn hier handelt es sich meist um bewusste oder unbewusste Irreführungen aber keineswegs um in irgendeiner Form abgesichertes Klimawissen.

Skepsis ist ein grundlegendes Wissenschaftsprinzip. Ohne Skepsis dem bestehenden Wissen gegenüber gibt es keinen wissenschaftlichen Fortschritt. Skepsis zu verdammen ist deswegen unwissenschaftlich und eher Ausdruck von Dogmatismus, der allerdings in der Klimadebatte weit verbreitet zu sein scheint.
Verdammt werden meist nicht die Klimadogmatiker und Alarmisten, sondern die Skeptiker, wobei diejenigen, die sie verdammen, meist offen lassen, welchen Skeptikertyp sie meinen. Meist meinen sie wohl nur den ersten und erklären dann die Debatte für beendet, und entlassen sich selbst aus der Pflicht, sich mit den sachlich fundierteren Argumenten der anderen Skeptiker auseinander zu setzten.
Denn es geht halt nicht um die grundlegenden Tatsachen, dass CO2 ein Treibhausgas ist, das Klima sich in den vergangenen 150 Jahren erwärmt hat und dass es wärmer werden wird, wenn der CO2 Gehalt in der Atmosphäre ansteigt, sondern es geht darum, um wie viel es wärmer wird und welche Auswirkungen diese Erwärmung hat. Und hier ist trotz aller Forschungsarbeit in den letzten Jahrzehnten sehr wenig geklärt.

Deswegen ist Skepsis gegenüber Katastrophen- und Weltuntergangsvorhersagen mehr als gerechtfertigt.