Lehren aus Climategate: Es geht auf einmal doch um die Wissenschaft!

Jahrelang hörte man gebetsmühlenartig: Die wissenschaftliche Fragen, die sich um den Klimawandel ranken, sind geklärt ('The science is settled'), es ist alles in den IPCC Berichten dargelegt, die IPCC Berichte sind der absolute Goldstandard, wer sie in frage zu stellen wagt, hat den Boden seriöser Wissenschaft verlassen. Die wissenschaftlichen Sachverhalte auch nur im Detail zu hinterfragen wurde von vielen belächelt und nicht ernst genommen. Das kann sich dann nur um die bösen Lobbyisten oder um Leute handeln, die von der Sache keine Ahnung haben, Nicht-Fachleute halt und überhaupt.

Das war und ist natürlich reine Propaganda; so wird ein Dogma verteidigt, aber keine wissenschaftliche Hypothese, soviel war bereits vor Climategate klar. Wieso? Mehrere Gründe:
  • Wenn alle relevanten wissenschaftlichen Fragen geklärt sind, wieso brauchen wir dann überhaupt noch Klimaforschung? Klima und Umweltforschung werden weltweit Schätzungen zufolge jährlich mit mehreren Mrd. USD gefördert. Wenn alle wichtigen Fragen geklärt sind, kann man sich dieses Geld gleich sparen und die Klimaforscher in Rente schicken.
  • Wenn es keine relevanten, bedeutenden und ungeklärten Fragen mehr gibt, braucht man auch nicht alle fünf Jahre einen neuen IPCC Report. Auch das Geld kann man sich sparen.
  • In jeder Wissenschaft gibt es normalerweise ein Meinungsspektrum. Warum sollte das ausgerechnet in der Klimaforschung anders sein? Klimaforschung ist keine „harte“ Naturwissenschaft, wie zB Mathematik oder Physik, sondern weist eine Reihe von „Grauzonen“ auf, in denen erhebliche Interpretationsspielräume bestehen und in denen unterschiedliche Auffassungen zu vielen Detailfragen vertreten werden. Wieso wird ein Teil dieses Spektrums als „Wahrheit“ verkauft, der andere Teil aber als Unfug von Spinnern?
  • Von Beginn der Klimadebatte an, ca. seit der Veröffentlichung des ersten IPCC Berichtes 1990 ist bekannt, dass es in vielen Ländern der Erde im akademischen Bereich renommierte Fachleute gibt, die in vielen Detailfragen eine andere Auffassung vertreten, als im sog. IPCC Konsens und dies in der Regel auch Daten basiert gut begründen können.
  • Schließlich verkennt diese Auffassung, wie Wissenschaft und wissenschaftlicher Fortschritt funktionieren: nämlich so, dass bestehendes Wissen in Frage gestellt wird und durch neues ergänzt bzw. ersetzt wird.
Wahrscheinlich herrscht aber in manchen Kreisen die Auffassung vor, Fortschritt in der Klimawissenschaft kann nur so definiert werden, dass man nachzuweisen versucht, alles komme noch viel schlimmer als man bislang dachte. Was so in etwa wohl auch die Leitlinie für den 4. Zwischenbericht des IPCC gewesen zu sein scheint, mit dem bekannten Ergebnis, das in einigen Teilbereichen – gerade bei den alarmistisch eingefärbten – heftig übertrieben und daneben gegriffen wurde.

Wenn man aber Fortschritt so prä-definiert, dann ist das natürlich kein Fortschritt mehr sondern ein Spiel mit gezinkten Karten, ein Spiel mit vorher festgelegtem Ausgang.

Allerdings muss man hinzufügen, dass Klimaforschung – neben einer politisch-ideologisch definierten Stossrichtung – wegen einer Reihe von Sachzwängen so funktionieren muss und fast schon gezwungenermaßen einen alarmistischen Touch aufweisen muss.

Klimaforschung ist Big Business, hier werden irrsinnige Gelder verteilt, mit denen Karrieren gemacht oder nicht gemacht werden, es geht um die Verteilung von Stellen und Positionen im wissenschaftlichen Machtapparat. Dieser Kampf ist hammerhart und es geht mit Sicherheit nicht nur um „die armen unschuldigen Wissenschaftler, die still in ihrem Kämmerlein sitzen und nichts anderes als das Wohl der Menschheit im Sinn haben“.

Die Gelder, die verteilt werden, sind überwiegend öffentliche Mittel, Steuergelder also, egal ob es sich um BMFT, BMU, MPG, um EU Gelder, oder NSF Mittel handelt. Hier wird ein harter Verteilungskampf – um nicht zu sagen Überlebenskampf – für viele Wissenschaftler geführt. Wer in diesem Wettbewerb bestehen, überleben und prosperieren will, muss sicherstellen, dass er mit seinen Forschungsergebnissen „auf der richtigen Schiene liegt“. Der ganze Apparat der Forschungsförderung aus Steuermitteln ist so angelegt, dass Forschung nur dann oder überwiegend nur dann gefördert wird, wenn eine Relevanz für die Gesellschaft vorliegt. Der Forschungsnehmer muss seinem Financier nachweisen, dass seine Forschung relevant ist, und für seinen nächsten Forschungsantrag muss er natürlich das Problem noch mal deutlicher herausstreichen und darlegen dass weitergeforscht werden muss. Wenn nicht, fließen keine Forschungsgelder mehr, so dass im Ernstfall die wirtschaftliche Existenz des Wissenschaftlers gefährdet ist. Es besteht deswegen allein aus der wirtschaftlichen Notwendigkeit heraus ein Zwang, Forschungsergebnisse zu dramatisieren. Auf die Klima- (und die Umweltforschung im Allgemeinen) übertragen heißt das, es wäre Karriereschädlich, nicht in Richtung drohende Klimakatastrophe zu argumentieren. Ergebnisse der Klimaforschung laufen deswegen Gefahr, einen gewissen „Bias“ aufzuweisen, nämlich eine vorgegebene Richtung. Die Klimakatastrophe scheint allein schon wegen der Forschungsförderungsmechanismen eine zwingende Notwendigkeit zu sein.

Zudem hat sich in Teilen des Wissenschafts-Business’ die Auffassung verfestigt, das in einem derartig politisch sensibilisierten Klima wie dem Klima die Forschungsgelder besonders üppig fließen, wenn man irgendein beliebiges Forschungssujet mit dem Klima in Verbindung bringen und nachweisen kann, dass sich der Klimawandel darauf nachteilig auswirkt. Je mehr Alarmismus also, desto mehr Forschungsgelder und keiner will der letzte sein, der auf diesen Zug aufspringt.

Durch Climategate wurde eine Diskussion in die Öffentlichkeit getragen, die in wissenschaftlichen Zirkeln schon seit einer Reihe von Jahren stattfindet, aber von den Vertretern der „herrschenden Lehre“ mit Erfolg unterdrückt werden konnte. In (pielke link) sind mehrere Beispiele gezeigt, in denen das IPCC vor dem 4. Zwischenbericht von den „Expert Reviewern“ darauf aufmerksam gemacht wurde, dass einige Aussagen vor dem Hintergrund des veröffentlichten wissenschaftlichen Erkenntnisstandes nicht haltbar waren; diese Einwände wurden damals ohne weitere Begründung oder mit fadenscheiniger Begründung beiseite gewischt. Jetzt kommen diese Dinge ans Tageslicht und wir haben auf einmal wieder eine wissenschaftliche Debatte darüber, ob zB Unwetter tatsächlich zugenommen haben, oder ob die Schäden durch Unwetter zugenommen haben, oder ob Dürren in Afrika oder Lateinamerika zugenommen haben. Und wenn sie zugenommen hätten (sie haben nicht), ob die globale Erwärmung oder der Mensch dafür verantwortlich ist.

Aber noch einmal: Wieso gerade jetzt die seit langem totgesagte Debatte über wissenschaftliche Inhalte, die bis November 2009 quasi „verboten“ war, obwohl sie natürlich stattfand, jedoch von den Wortführern des IPCC geleugnet bzw. für irrelevant oder lächerlich erklärt wurde? Ausschlaggebend war, dass die Debatte in die M3 Main Stream Massen Medien gelangte, weil sowohl offenkundige Fehler im letzten IPCC Bericht aufgedeckt wurden als auch gewisse Manipulationen von maßgeblichen IPCC Vertretern, die das Klimaproblem schlimmer aussehen lassen wollten als es ist. Offenbar wurden damit auch für die Massenmedien, die sich bislang immer sehr bereitwillig für die Klimakatastrophenpropaganda einspannen ließen, die Grenzen des guten Geschmacks überschritten. Zumindest in Teilen und im angelsächsischen Sprachraum mehr als im deutschen, und in der konservativen Presse mehr als in der links-liberalen.

Hinzu kam wohl, dass es Ende 2009/Anfang 2010 in vielen Regionen der Nordhemisphäre wieder mal einen normalen Winter gab mit viel Schnee und Kälte, was viele daran erinnert haben mag, das es mit Palmen an der Nordsee doch nicht so schnell was wird.