Hitzewelle in Russland – Überschwemmungen in Pakistan: Zeichen des Klimawandels?6. September 2010 Eigentlich war es absehbar, man wusste nur nicht genau, wann es losgehen würde: Dem üblichen Ritual folgend, melden sich natürlich sofort die Klima“experten“ in den Medien, wenn irgendwo auf der Welt Wetter- oder Witterungsextreme auftreten, und lassen verlauten, diese Extreme stünden „im Einklang mit Klimamodellvorhersagen“ (engl.:“are consistent with“) oder meinen gleich von vornherein, diese Extreme seien auf den menschengemachten Klimawandel an sich zurückzuführen oder seien nur ein Vorgeschmack dessen, was da auf uns zukommt Ein paar Fakten: Die erste Jahreshälfte 2010 war einigen Datenaufzeichnungen zufolge die wärmste erste Jahreshälfte seit Beginn der Temperaturmessungen mit Thermometern, wahrend andere Aufzeichnungen, wie die des amerikanischen Wetterdienstes NOAA oder auch die Satellitendaten der NASA diesen Schluss nicht zulassen: Satellitendaten der NASA (Abweichungen vom Mittelwert in Grad C)Jahr / Global/ Nordhem./ Sudhem./ Tropen 1998 +0.62 +0.73 +0.51 +0.90 2010 +0.55 +0.74 +0.36 +0.63 (Quelle: http://www.drroyspencer.com ) Monatliche Temperaturabweichungen Kontinente seit 1996 in Grad C![]() (Quelle: Climate Diagnostics Bulletin, July 2010, Temperaturabweichungen über den Kontinenten) Den Satellitendaten zufolge war die erste Jahreshälfte 1998 etwas wärmer. Rekordwärme verzeichneten allerdings die Landgebiete der Außertropen in der Nordhemisphäre im Juli 2010 (d.h. der heißeste Juli, andere Monate des Jahres waren früher auch schon wärmer), sowohl nach den Satellitendaten als auch nach den Thermometerdaten in Bodennähe (siehe obige Abbildung). Was ist die Ursache dieser Wärme? Zur Erinnerung: In den Jahren 2008 und 2009 lagen die globalen Mitteltemperaturen deutlich niedriger; sie sind seit etwa Mitte 2009 bis zum Spätwinter 2010 um etwa 0,8°C angestiegen. Die Ursache dieses kräftigen Anstieges ist das stärkste El Nino Ereignis seit 1998, und in einem El Nino Jahr sind die globalen Mitteltemperaturen generell etwa 0,6 – 1,0°C höher als in einem La Nina Jahr wie 2008. So gesehen war die globale Wärme in der ersten Jahreshälfte 2010 absehbar und hat keinen Klimatologen überrascht. Sie hat mit dem durch Treibhausgase verursachten globalen Klimawandel nicht das Geringste zu tun, der in längerfristigen Trends, aber nicht in kurzfristigen Schwankungen von Jahr zu Jahr in Erscheinung tritt. Und genauso sieht es natürlich mit den Witterungsextremen in Russland und Pakistan aus. Einzelne Wetter- oder Witterungsextreme können keinen Hinweis auf längerfristige Klimatrends liefern – egal wie oft das in den Medien verbreitet wird. Genauso wenig wie man aus den extremen heißen Sommern 1947, 1976 und 1983 oder den Dürrejahren 1954 – 1956 in den USA oder der Hitzewelle in Russland 1972 (auch damals gab es ausgedehnte Wald- und Moorbrände), den Schluss ziehen konnte, dies sei Zeichen einer Klimaänderung oder von jetzt an käme es immer öfter zu derartigen Ereignissen, kann man dies jetzt tun. Denn die Ursache derartiger Witterungsanomalien sind durchweg Zirkulationsanomalien in den Windströmungen, die auf unserer Erde in den mittleren Breiten von West nach Ost hinweg verlaufen. Diese Strömung mäandriert in der Regel etwas und sie erscheint im Mittel als ein Band, das in bestimmten Regionen Wellenberge und in anderen Regionen Wellentäler bildet. Manchmal ist diese Strömung gestört, und die Wellenberge steilen sich auf, oder die Wellentäler vertiefen sich. Manchmal verschieben sich die Wellenberge und verlagern sich dorthin, wo sonst die Wellentäler sind. Im Extremfall steilt sich so ein Wellenberg sehr stark auf und blockiert die westliche Windströmung wochenlang. Wenn man jetzt berücksichtigt, dass Wellenberge mit Hochdruckgebieten (die im Sommer warmes, sonniges und trockenes Wetter mit sich bringen) einhergehen und Wellentäler mit Tiefdruckgebieten (die im Sommer kühles, sonnenscheinarmes und feuchtes Wetter mit sich bringen), dann wird klar, was die Ursache für die extreme Hitzewelle in Russland war: Nämlich die gleiche, die für die Hitze und Dürre 1947, 1972 oder 1976 verantwortlich zeichnete. Eine Blockierung der westlichen Luftströmung und ein intensives, längere Zeit stationäres Hochdruckgebiet. ![]() (Quelle: Climate Diagnostics Bulletin, July 2010) Das ist in obiger Abbildung dargestellt, die die Strömungsanomalien in etwa 5 – 6 km Höhe zeigt, wo sie besonders gut zu sehen sind. Die roten Regionen stellen positive (wärmer, trockener), die blauen Regionen negative (kühler, feuchter) Abweichungen dar. Im Juli 2010 mäandrierte die Strömung sehr stark, man erkennt mehrere dunkelrote Bereiche, die von blauen unterbrochen sind. Neben der starken positiven Abweichung über Russland sieht man auch noch welche über dem Golf von Alaska und Ostsibirien, davon hat man wenig gehört, wohl deswegen, weil dort nicht allzu viele Menschen leben. Die blauen Regionen, wie über den Britischen Inseln, haben dort zu nassem und relativ kühlem Sommerwetter geführt. Etwas detaillierter werden diese Zusammenhänge vom amerikanischen Wetterdienst beschrieben, der auch nachdrücklich unterstreicht, dass es keinen Zusammenhang zwischen der russischen Hitzewelle und der treibhausgasbedingten Erwärmung gibt. Zum Nachlesen für Mojib Latif. Die Überschwemmungen in Pakistan sind völlig anderen Wettersystemen zuzuordnen, nämlich den monsunalen Regenfällen, die über Süd- und Ostasien während des Sommers auftreten. Dieser Monsun ist häufig während einer La Nina Phase verstärkt, die sich seit dem Frühsommer 2010 auf dem Pazifik entwickelt hat. Ob die Überschwemmungen in Pakistan ohne Präzedenz sind, kann ohne Kenntnis langjähriger Niederschlagsaufzeichnungen, die mindestens 100 Jahre in die Vergangenheit zurückreichen, noch nicht entschieden werden. Obwohl es in den Medien einige der üblichen Behauptungen gab, diese Witterungsextreme seien eine Folge des Klimawandels – besser: der vom Menschen verursachten globalen Erwärmung – gibt es auch Anzeichen einer gewissen Ermüdung. Die Leute haben einfach die Nase voll von der Klimakatastrophe, wie man in der Ausgabe des ARD Magazins Panorama vom 12. August 2010 zu zeigen versuchte Eine Redakteurin des Tagesspiegels, die hier interviewt wurde, meinte sogar, die Klimakatastrophe sei „ein Verliererthema“, auch deswegen, weil die Ergebnisse des Klimagipfels von Kopenhagen hinter den hochgesteckten Erwartungen zurückgefallen sind. Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und Klimaberater von Kanzlerin Angela Merkel, normalerweise kaum verlegen, wenn es darum geht, die Folgen der globalen Erwärmung in den düstersten Farben auszumalen, sinnierte darüber nach, weswegen jetzt kaum noch jemand daran Interesse zeige. Früher hätten die Telefone bei ähnlichen Witterungsextremen nicht zu läuten aufgehört. Der „Spiegel“ brachte in der Ausgabe vom 16.August 2010 dazu noch ein Interview mit Schellnhuber, in dem er sich – völlig ungewohnt – eher zurückhaltend zur Klimafrage äusserte und einige seiner früheren Einlassungen doch stark relativierte (hier in englischer Sprache nachzulesen). Vielleicht beginnt „Klimakanzlerin“ Angela Merkel ja auch noch einmal über ihre Klimapolitik nachzudenken. Wäre ja schön. |
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